Mittelalter Wiki
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Die Betrachung der Ortsnamen zur Vorgeschichte ist eine wichtige Quelle für die Siedlungsentwicklung im Altertum. Ihr liegt die Voraussetzung zugrunde, dass das Alter der Ortsnamen mit dem Alter der Wohnplätze selbst übereinstimme. Jedoch muss geprüft werden, wieweit diese Voraussetzung zutrifft.

Beschreibung[]

Die Betrachtung der germanischen Ortsnamen von der mitteleuropäischen Eisenzeit (800 v. Chr. bis 200 n. Chr.) bis zur Völkerwanderungszeit (375-568 n. Chr.) führt immer zu dem Ergebnis, dass in jeder Landschaft Mitteleuropas schon während dieser alten Zeit eine Erweiterung und Vervollständigung des Siedelungsnetzes erfolgte, die man sich nur als Ergebnis eines weitgehenden Ausbaus vorher unbewohnter Marken vorstellen kann.

Jedoch muss im einzelnen überprüft werden, ob das relative Alter der verschiedenen Siedlungsschichten auch nach dem Namenmaterial beurteilt werden kann. In einem gewissen Umfang hat ein solcher Ausbaus vorher unbewohnter Marken jedenfalls auch wirklich stattgefunden, häufig von Rückschlägen unterbrochen. Will man aber den Ortsnamen glauben, so müßte er vielfach sehr bedeutend gewesen sein.

In altbesiedelten Landschaften wie in Thüringen, Hessen und den nördlich angrenzenden Gegenden weist die Ortsnamenforschung nur äußerst wenig Namen auf, die der ältesten germanischen Besiedelung angehören. Die weitaus größte Masse der dem historischen Altertum zuzurechnenden Namen scheinen nachträglich, oft durch Wanderungen, in verschiedenen Schichten hinzugekommen.

Übereinstimmungen und Unterschiede[]

Die Verteilung der Ortsnamen paßt zu dem, was die geschichtlichen Quellen über die Art der Landbesetzung durch germanische Stämme berichten; wie z. B. Ariovist ein geschlossenes Drittel des Sequanerlandes für seine Sueben in Anspruch nimmt. [1]

Aber dieses Bild paßt nicht zu dem, was sich aus den Ausgrabungen und geographischen Überlegungen ergibt. Diese zeigen, dass die Besiedelungsfläche im ganzen sich vor der Zeit der großen Rodungen nur unbedeutend verändert haben kann, und dass im einzelnen die Wohnplätze sich mit merkwürdiger Zähigkeit nicht selten seit der Jungsteinzeit (ab 5500 v.Chr.) als Siedlungen erhalten haben. Die „Kontinuität der Besiedelung" tritt immer deutlicher hervor, je weiter die vorgeschichtliche Wissenschaft fortschreitet. Die beiden Wege führen also zu stark verschiedenen Ergebnissen.

Namensgebung und Ortsgründung[]

Namensgebung und Ortsgründung brauchen eben nicht dasselbe zu sein und sind es sehr oft nicht gewesen. Oft hat sich ein Ort, dessen Name ihn späteren Jahrhunderten zuweist, bei den Ausgrabungen als Stätte uralter Besiedelung erwiesen. Das kann seinen Grund darin haben, dass die Besiedelung erst nach einer Unterbrechung an die alte Stelle wieder anknüpfte; es kann aber auch der Name bei Kontinuität der Besiedelung aus irgend einem Anlaß gewechselt haben (wie in der Neuzeit so oft im slawisch-deutschen Grenzland).

In einzelnen Fällen ist solches zuweilen urkundlich nachzuweisen; aber die Ortsnamenforschung scheut mit Recht davor zurück, solche Umtaufen in dem Maße anzunehmen, wie es für die Lösung des Problems nötig wäre. Bevor nicht bestimmte Anhaltspunkte gefunden sind, kann sie mit Namensänderungen in großer Zahl innerhalb des deutschen Sprachgebiets nicht rechnen.

Hier werden nur genaue Vergleiche der auf so verschiedenen Wegen gefundenen Ergebnisse weiter helfen; erst die Schließung der zwischen Prähistorie und Ortsnamenforschung klaffenden Lücke wird der Besiedelungsgeschichte des germanischen Altertums einen festeren Boden schaffen. Dabei wird dem Spaten die Entscheidung zukommen, doch der Name kann die Stelle weisen, wo die Ausgrabung Erfolg verspricht.

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Deutsche Wirtschaftsgeschichte (Google Books). Karl Theodor Ferdinand Michael von Inama-Sternegg, Johann Paul von Inama-Sternegg. Duncker & Humblot, 1909. S. 28 ff