Als Plattenpanzer oder Plattenharnisch wird eine aus körpergerecht geformten Metallplatten bestehende Rüstung bezeichnet. Plattenpanzer, die einen Großteil des Körpers schützten, kamen gegen Ende des 14. Jhs. in Westeuropa auf und fanden bis in das 17. Jh. hinein Verwendung. [1]
Beschreibung[]
Plattenrüstungen aus starkem Eisenblech, zuweilen mit Gold und Silber ausgelegt oder ganz vergoldet wurden von Rittern des Mittelalters bei Turnieren und im Kriege getragen (siehe auch Ritterrüstung).
Eine Plattenrüstung war besonders für den Kampf zu Pferde berechnet und bedeckte den ganzen Körper, ausgenommen das Gesäß, die Hinterschenkel und die Waden, die inneren Teile des Oberarms und der Handfläche. Der Hauptteil der Rüstung war der Kürass (Panzer, Harnisch), welcher den ganzen Oberkörper schützte; er bestand aus dem Bruststück (Krebs), welches die Brust und den oberen Bauch deckte, und dem Rückenstück, welches den Rücken sicherte, abgesondert davon war die Halsberge, welche Hals und einen Teil der Brust bedeckte.
Die Armschienen waren im Ellenbogenstück durch lockere Nieten beweglich verbunden waren; ähnlich waren die Beinschienen aufgebaut, welche die Panzerhosen bildeten und wo das Knie mittels des Kniestücks beweglich war. Das Schienbein war durch eine Eisenplatte bedeckt, der Fuß durch ineinander schiebbare Schienen. Auch der eiserne Panzerhandschuh bestand aus solchen. Die Hüftstücke (Tassetten) schützten den Bauch. Die Einzelstücke der Plattenrüstung wurden mit Riemen und Schnallen befestigt. Unter der Rüstung trug der Ritter meist lederne Kleidung, darüber zuweilen einen kurzen Waffenrock.
Entwicklung[]
Die frühesten Formen von Plattenharnischen kamen bereits im 4. Jh. auf, als man die Brünnen an jenen Körperstellen, die dem feindlichen Angriff besonders ausgesetzt waren, mit weiteren Schutzen in Form von aufgenieteten Platten versah, den sog. Buckeln.
Hochmittelalter[]
Da der im Hochmittelalter weit verbreitete Kettenpanzer zwar gegen Pfeile, Bolzen, Schwerthiebe und meist auch gegen Lanzenstöße hinlänglich Schutz, nicht aber gegen die Schlagwaffen und ein vom Helm nach unten abprallender Schlag leicht die Schulter brechen konnte, brachte man dort die sog. Schulterflügel an, eiserne Platten, welche das Eisen des Helms gewissermassen verlängerten und zeltartig nach aussen abschrägten. Diese Ailettes sind in der Geschichte der Bewaffnung von grosser Wichtigkeit, weil sie die ersten Eisenplatten sind, welche auf Kettenpanzern erscheinen.
12. Jahrhundert[]
Auch Hals, Arme, Schenkel und besonders die Knie wurden bald besser geschützt, indem man Platten und Schienen durch Aufnieten oder Nageln auf den betreffenden Stellen des Ringpanzers befestigte. Anfänglich verwendete man hierfür Leder, das durch Sieden eigens zubereitet und durch metallene Buckel und Bänder verstärkt wurde. Diese Veränderungen beginnen bereits gegen Ende des 12. Jhs. und nehmen in der Folgezeit immer zu. Die Verstärkung der Rüstung durch Platten wird auf deutschem Boden schnell angenommen.
13. Jahrhundert[]
Im 13. Jhd. begann bereits die Deckung von Armen und Beinen durch Geschiebe aus Eisenplatten. Zu Beginn dieses Jahrhunderts erschien außer der Brünne noch eine weitere Schutzrüstung, welche die Ritter über der Brünne trugen und die „Harnischplatte“ oder kurz „Platte“ genannt wurde. [2]
Die ältesten Platten waren ohne Gräte, d. h. ohne Kante in der Mitte des Vorderteils und aus schmaleren Schienen mit kleineren Nägelköpfen hergestellt, so dass sie mehr den Brigantinen des 15. Jhds. ähnelten. Später wurden die Schienen breiter, die Nagelköpfe dicker und weniger zahlreich. Viele solcher Platten waren auch äußerlich unter den Nietnägeln oft mit Samt, ja selbst Goldbrokat überzogen. Es ist anzunehmen, dass sich die Stahlschienen auch kreuzten oder sich auch dachziegelartig deckten und dass die Platten auf dem Rücken zugeschnürt (nie gehakt) wurden (wie Siegfrieds Panzer aus Hornschuppen, wo der schutzlose Schnürplatz dem Hagen mitteils Anklebens eines Lindenblattes bezeichnet war).
Üblicherweise wurde die Platte deshalb in Inventarien als Paar angeführt, und wurde manchmal auch als „Leibchen“ mit und ohne Schöße bezeichnet. Solche Platten wurden in Sammlungen häufiger mit der „Brigantine“ aus dem 15. Jhd. verwechselt; ebenso ein Panzer in anschließender Leibchenform, wo sich deckende Schuppen und nicht Schienen den Schutz bilden.
Spätmittelalter[]
Die eigentliche Plattenrüstung entwickelte sich aus dem Lendner - einer Lederrüstung, bei der einzelne Teile des Körpers durch geschlagene und aufgenietete Eisernschienen oder -Platten verstärkt wurden. Daher wurde der Lendner auch schlichtweg 'Platte' genannt.
14. Jahrhundert[]
Im 14. Jhd. fügte man dem Lendner Brust- und Rückenstücke aus Eisenplatten hinzu und gab den Helmen entsprechendere Formen. Daraus bildete sich dann die Plattenrüstung, bis um 1360-70 der vollständige Eisenpanzer des geharnischten Ritters entstanden war. Mit dem Plattenpanzer bildete sich ebenso der wichtigste Teil desselben, die Harnischbrust, aus einzelnen Verstärkungsplatten, die über den Lentner geschnallt oder an diesen genietet wurden. Sie bildete zusammen mit dem Harnischrücken den gesamten Brustharnisch.
Am Ende des 14. Jhds. bürgert sich die deutsche Rüstung, die mehr oder weniger vollständig aus Stahlplatten gebildet war und Schienenrüstung (fr. armure à plates, span. armadura de punta en blanco, d. h. 'aus leichtem Eisen'; engl. plate armour) genannt wurde, allgemein ein.
15. Jahrhundert[]
Um 1420 entstand dann der eigentliche „Plattenharnisch", und im Laufe der Zeit verband sich damit der Begriff von Ritterlichkeit überhaupt. Diese Rüstung schützte gegen Spieß und Schwert, allenfalls noch gegen Armbrustbolzen und Faustrohrkugel, doch damit wurde die Reiterei weder beweglicher noch brauchbarer.
Während der größeren Hälfte des 15. Jhds. war die Platten- bzw. Schienenrüstung noch in allen ihren Teilen gotisch. Gegen Ende des 15. Jhds. und zu Anfang des 16. erschien die Form des Brustpanzers oft gewölbt, die Ränder (fr. passegardes) waren übermäßig groß, und die gegliederten Schenkelschienen zeigten eine größere Ausdehnung.
Renaissance[]
Mit Ausnahme des Harnisches, der zum Widerstand gegen die Feuerwaffen immer schwerer aus Eisen geschmiedet wurde, fertigte man im Laufe des 16. Jh. alle Teile der Rüstung aus beweglichen Schienen (Geschübe). Eine besondere Widerstandskraft sollten die geriffelten Rüstungen besitzen; sie wurden meist Mailänder oder Maximiliansharnisch genannt. Ende des 16. Jhs. trat an die Stelle des ritterlichen der Landsknechtharnisch, gekennzeichnet besonders durch den Harnischkragen mit daran sitzenden geschobenen Achseln (Spangröls) oder der Reiter- oder Trabharnisch.
16. Jahrhundert[]
Der gerippte Maximiliansharnisch, auch mailändischer Riefelharnisch, war die vollkommenste Entwicklungsform der Plattenrüstungen. Sie bezeichnete den Zeitraum des „letzten Ritters”, während der Panzer aus der Regierungszeit Heinrichs II. von Frankreich (1547-59) bereits das enganliegende Wams nachahmt. Auffallender aber noch ist die Veränderung an den Brustpanzern aus der Zeit der Mignons während der Regentschaft Heinrichs III. (1574-1589), wo der Vorderkürass („Erbsenschote“ genannt), den Buckel des Polichinells ähnelt.
Im 16. Jhd. kam die Plattenrüstung dann allmählich außer Gebrauch.
Arten[]
- Feldharnisch
- Gotischer Harnisch
- Halbharnisch
- Landsknechtsharnisch
- Maximiliansharnisch (Riefelharnisch, Mailänder Harnisch)
- Prunkharnisch
- Reiterharnisch (Küriss), Trabharnisch
- Turnierharnisch (Rennzeug, Stechzeug)
- Spangenharnisch (Plattenrock)
Teile[]
Anfang des 16. Jhs. hatte die vollständige Plattenrüstung ihre höchste Entwicklung erreicht und bestand aus folgenden Teilen:
- Halsberge - mit dem Helm verbunden, zum Schutz des Halses, der ursprünglich nur durch das weit hinausreichende Panzerhemd gedeckt war.
- Harnischkragen - ab 16. Jh. als Nachfolger der Halsberge, ein aus mehreren übereinander greifenden Querschienen gebildetes Kehlstück bzw. Gurgelplatte.
- Schulterzeug / Achselzeug - Vielfach mit Stauchen oder Brechrändern versehen und mit dem Harnischkragen verbunden. Daran schließen sich vorn und hinten die Vorder- und Hinterflüge an. Die rechte Achselhöhle schützt man durch die Schwebscheibe.
- Armzeug / Armschienen - Das Armzeug besteht aus dem Ober- und Unterarmzeug (Armröhren) und den sie verbindenden, beweglichen Arm- oder Ellbogenkacheln bzw. Mäuseln.
- Panzerhandschuh - Der eiserne Fingerhandschuh wird u.a. franz. Gantelet genannt, der ungefingerte Fausthandschuh Henze.
- Brustharnisch / Kürass - Brust- und Rückenstück des Harnisches, an denen sich auch der Rüsthaken zum Auflegen der Lanzen befindet, sind durch Riemen miteinander verbunden und bestehen zumeist aus einem beweglich Geschübe, das man Krebs nennt.
- Panzerschurz (Bauchreifen), Tassetten (Beintaschen) - Die Beintaschen fallen vom Harnisch zu beiden Seiten über die Lenden und werden mit Riemen am Bauchreifen befestigt. Die Geschlechtsteile schützt eine Schamkapsel.
- Beinzeug - Das Beinzeug besteht aus drei Hauptteilen: Den Diechlingen (Schenkelstücke) für die Oberschenkel, den Kniebuckeln und den Beinröhren (Beinschienen) für die Unterschenkel.
- Eisenschuhe - Die Eisenschuhe waren an den Beinröhren befestigt.
Konstruktionsweisen[]
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Boeheim, Wendelin. Handbuch der Waffenkunde: Das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung (Internet Archive). Leipzig, E.A. Seemann : 1890. Fourier Verlag, Wiesbaden 1985, ISBN 978-3-201-00257-8. S. 86 ff.
- Demmin, Augustec. Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwickelungen von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Internet Archive). Leipzig : P. Friesehahn, 1893. Classic Reprint: Forgotten Books (31. Oktober 2018). ISBN 0365623105. S. 66-70, 73.
- Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer (Zeno.Org). Leipzig 1885., S. 363-369 (Harnisch).
- Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905–1909. Bd. 17, S. 334-337 (Rüstung).
- Pierer's Universal-Lexikon, Band 14 (Volltext auf Zeno.Org). Altenburg, 1862. S. 627. (Rüstung)
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: Plattenpanzer
- ↑ Demmin, Kriegswaffen. aaO. S. 55-66.