Mittelalter Wiki
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Das Römerlager Haltern am See besteht aus mehreren Militäranlagen und einem Gräberfeld aus augusteischer Zeit (27 v. Chr.-14 n. Chr.) auf dem Gebiet der Stadt Haltern am See, nördlich der Lippe (Lupia) in Nordrhein-Westfalen. [1]

Beschreibung[]

Die Entdeckung des Römerlagers Haltern geht auf das Jahre 1816 zurück, als Oberpräsident Ludwig Freiherr von Vincke auf die Ausgrabung dreier Grabhügel samt römischen Funden nahe beim „St. Annaberge“ bei Haltern a. d. Lippe berichtete. [1]

1838 erkannte auch Major Friedrich Wilhelm Schmidt auf dem St. Annaberg, der südwestlich der Stadt Haltern am Nordufer der Lippe, Spuren eines römischen Lagers [2]. Auf Grund seiner Beobachtungen wurde die Erforschung im Jahre 1899 von der Altertumskommission für Westfalen (WP) in Angriff genommen und seitdem in Verbindung mit dem Kaiserlichen Archäologischen Institut [3] alljährlich fortgesetzt.

Anlagen[]

Alle Anlagen in Haltern waren reine Holz und Erdwerke. Erdmauern mit Holzversteifung umgaben die Lager, während die Bauten im Innern aus Lehmfachwerk bestanden. Die gesamte Anlage des Römerlagers Haltern am See besteht aus sechs militärischen Anlagen:

  • Das Lager auf dem St. Annaberg,
  • Der „Anlegeplatz“ Wiegel,
  • Die Uferkastelle Hofestatt,
  • Das Feldlager nordwestlich von Wiegel und Hofestatt,
  • Das Große Hauptlager,
  • Das Ostlager (1997 entdeckt)
  • und ein Gräberfeld (ab 1982 ausgegraben). [1]

Spuren germanischer Besiedelung aus vorrömischer Zeit beschränken sich auf ein paar möglicherweise so alte Scherben aus dem Gebiet des großen Lagers. In der Nähe wies Carl Schuchhardtauf dem südlichen Ufer der jetzigen Lippe bei Bossendorf einen karolingischen Königshof (curtis) nach: den Königshof Hamm-Bossendorf.

Kastell St. Annaberg[]

Haltern dintorni, Cristiano64 2007-10-03

Die römischen Lager in der Region Haltern.

Das Kastell auf dem St. Annaberge ist die älteste Anlage des Römerlagers Haltern. Es erscheint in einer auffallenden dreieckigen Gestalt, welche durch die Form des Gipfels bedingt ist. Außer der Linie des Wallgrabens und des wahrscheinlich mit Türmen versehenen Walles, der eine Fläche von 7 ha umschließt, wurden zwei Tore festgestellt.

„Anlegeplatz“ Wiegel[]

Der sogen. „Anlegeplatz“ ist die zweitälteste Anlage des Römerlagers Haltern. Er liegt etwa 1.800 m nordöstlich vom Annaberg an einem alten Lippelauf, der nördlicher als der gegenwärtige floss und, wie Untersuchungen zeigten, gerade in römischer Zeit offen war. Bei diesem Anlegeplatz, der durch in das Ufer eingeschnittene Rampen charakterisiert ist, fand sich ein umzäunter römischer Magazinplatz mit zahlreichen Koch-und Abfallgruben und einem Getreide-Speicher. Daneben lag ein größeres Wohnhaus.

Uferkastelle Hofestatt[]

Unmittelbar oberhalb des „Anlegeplatzes“ wurden an dem alten Lippelauf, der hier ein halbinselförmiges Landstück umfließt, Spuren von vier zeitlich aufeinander folgenden kleinen, aber starken Befestigungen von unregelmäßiger Form gefunden, die wohl zum Schutze des Anlegeplatzes dienten, zugleich aber vielleicht auch die Stelle eines Fluß-überganges bezeichnen. Tore sämtlicher Anlagen, einfache Durchlässe durch Wall und Graben, wurden gefunden. Die Innenbauten waren bei der wiederholten Benutzung des gleichen Terrains für alle Anlagen nur noch sehr schwer festzustellen. Regelmäßige Grundrisse langgestreckter Bauten fanden sich in dem westlichen Teil der jüngsten Anlage.

Bei den Uferkastellen konnte infolge der starken Überschneidungen der vier Anlagen und der verhältnismäßigen Spärlichkeit der Funde das zeitliche Verhältnis zu den anderen Anlagen nicht genau festgestellt werden und man muss sich damit begnügen, das jüngste Uferkastell dem großen Lager zeitlich etwa gleichzusetzen. In spätsächsischer bis frühkarolingischer Zeit war die Stätte des Uferkastells besiedelt (Wohngräben und Scherben), die noch jetzt den Namen Hofestadt führt.

Das Feldlager[]

Das Feldlager fand sich nördlich des jüngsten Uferkastells Hofestatt, auf dem „Hanover“, der beherrschenden Erhebung der Gegend. Dieses Lager umfasste 35 ha, war mit einem Graben und einem Heideplaggenwall umzogen und von unregelmäßig viereckiger Form. Festgestellt wurden Ost, Nord- und Südtor und die Richtung der Via principalis. Angelegt wurde das Feldlager noch nach den Uferkastelle, und möglicherweise gehört hierhin auch eine gefundene Münze aus dem Jahre 2 v. Chr.

Das Große Hauptlager[]

Haltern Römermuseum Model, Arnoldius 2014-10-25 01

Ansicht aus nördlicher Richtung, mittig das Praetorium, der Sitz des Lagerkommandanten

Auf dem gleichen Terrain und fast ganz vom Feldlager eingeschlossen wurde ein noch jüngeres Lager festgestellt, dessen Doppelgraben ein annäherndes Rechteck von etwa 18 ha umfasst. In einer zweiten Periode wurde die Ostseite dieses Lagers um etwa 50 m vorgerückt.

Als Prätorialseite ist die zum dem Fluss gerichtete Südseite zu betrachten. Die vier Tore, von denen das Nordtor zur Nordwest-Ecke hin verschoben wurde, sind von nach innen einspringenden Türmen flankiert. Im Innern wurden mehrere Lagerstraßen festgestellt.

Nördlich der Via principalis liegt in der Achse des Südtores das Praetorium, ein hallenumgebener Hof mit mehreren Gemächern an der Nordseite. Von hier führt ein Durchgang zu einem Gebäude, das als Wohnsitz des Legaten betrachtet werden kann. Im östlichen Teil des Lagers sind auch Spuren von Kasernen des aus dem Legionslager von Neuß u. a. bekannten Typus, westlich vom Praetorium ein Armamentarium oder Horreum nachgewiesen.

Das Große Hauptlager wurde, wie die besonders sorgfältige Bauweise und die besonders zahlreichen Funde zeigen, längere Zeit und offenbar unter friedlichen Verhältnissen benutzt, fiel dann aber einer großen Brandkatastrophe zum Opfer, nach der der Platz einige Zeit verlassen war. Der Zeit unmittelbar nach den Römerzügen gehören Reste von Brandgräbern an, die sich im Prätorium des großen Lagers fanden.

Datierung[]

Die massenhaften Funde an Münzen, Bronze- und Eisengerät und vor allem Keramik weisen die Anlagen bei Haltern mit Sicherheit in die Zeit der Okkupation Nordwestdeutschlands durch die Römer, d. h. in die Jahre 11 v. Chr. bis 16 n. Chr. So fand sich z. B. am „Anlegeplatz“ eine Amphoreninschrift, die wahrscheinlich ins II. Konsulat des Tiberius um 7 v. Chr. datiert. Es liegt nahe, die Brandkatastrophe im Großen Hauptlager in Zusammenhang mit den Folgen der Varusschlacht (9 n. Chr.) zu bringen.

In der letzten Phase der römischen Kriegszüge, vor allem also der Zeit des Germanicus, scheint der Platz nur noch vorübergehend besetzt gewesen zu sein. Das Jahr 9 n. Chr. gibt somit einen Endpunkt für die meisten Halterner Funde. Ob die älteste Anlage schon ins Jahr 11 v. Chr. zu setzen ist oder erst einige Jahre später, wie ein Vergleich der ältesten Halterner Funde mit den in Einzelheiten älteren aus dem Römerlager Oberaden nahelegt, muss einstweilen noch offengelassen werden.

Aliso-Frage[]

Die Frage, ob die Anlagen bei Haltern oder eine von ihnen mit dem vielumstrittenen Aliso identisch seien, wurde sehr lebhaft diskutiert und ebenso energisch bejaht wie verneint [4]. Wer es für möglich hält, Aliso an die untere Lippe zu setzen, wird der Identifizierung, für die besonders lebhaft von Anfang an Carl Schuchhardt [5] eingetreten ist, zuneigen. Ein bindender Beweis wurde durch die Ausgrabungen aber weder für noch gegen die Identität erbracht. Namensanklänge an Aliso fehlen in der Gegend; Versuche, sie nachzuweisen, sind abzulehnen.

Quellen[]

Weblinks[]

Einzelnachweise[]

  1. 1,0 1,1 1,2 Wikipedia: Römerlager Haltern (Version vom 08.11.2019)
  2. Zeitschrift für die Alterthumswissenschaft (Wikisource). Hrsg. Ludwig Christian Zimmermann. Gießen : Heyer Verlag. Band 5, 1838 (Internet Archive), S. 1202 ff.
  3. heute Deutsches Archäologisches Institut (WP)
  4. Eine Übersicht über die zahlreiche Literatur gibt Gerhard Kropatschek in: Deutsche Geschichtsblätter. Bd. XII, S. 1 ff.
  5. Schuchhardt, C.: Alisoführer durch die römischen Ausgrabungen bei Haltern (WWU Münster). 3. Auflage. Haltern : Alterthumsverein zu Haltern, 1902.

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