Reihengräber finden sich bereits bei den Megalithgräbern, wo die Anlage vieler Hünenbetten in einer Reihe hinter oder nebeneinander erfolgte (z.B. bei den Hünenbetten von Grundoldendorf und in Dänemark)
Beschreibung[]
Gerade bei den megalithischen Hünenbetten konnte man in den einmal vorhandenen Bezirk für die Totenbestattung von 50 oder 100 m Länge, wenn die erste Kammer gefüllt war, beliebig viele weitere einbauen. Tat man das nicht, sondern fügte einer abseits gebauten neuen Kammer, jedesmal wieder denselben langen Hügel hinzu, so geschah es offenbar, weil in der neuen Generation nicht bloß ein neues Mausoleum (für die Gutsherrschaft?), sondern auch wieder weiterer Raum für einfachere Bestattungen nötig war.
Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter[]
Von der Völkerwanderung (375-568) bis zur Karolingerzeit (751-911) waren Reihengräber auf mehr oder minder regelrecht angelegten Friedhöfen die typische Bestattungsweise in den ehemals römischen Gebieten Mittel- und Westeuropas, zum Teil auch des inneren Deutschlands. Die Leichen ruhten in 1-2 m Tiefe, mit dem Gesicht nach Osten, ausgestreckt auf dem bloßen Erdboden, seltener auf einer Holzunterlage (Totenbrett) oder in einem Sarg; zuweilen waren sie mit Brettchen zugedeckt, eine Sitte, die sich in Oberbayern noch bis ins 20. Jh. erhielt.
Neben Einzelgräbern kommen Familien- und Massengräber vor. Die Toten wurden bekleidet und geschmückt in die Grube gesenkt, mit Waffen, Toilettengeräten und anderen notwendigen Utensilien, mit Trinkbechern und Speisegeschirr ausgestattet. Die Waffenausrüstung des Mannes setzte sich zusammen aus Lang- und Kurzschwert (Spatha und Scramasax), Wurfaxt (francisca), Wurfspeer (Ango) und Schild, zuweilen auch noch der Stoßlanze, dem Helm und der Brünne.
Gürtel- und Wehrgehenk waren mit kunstvoll gearbeiteten Beschlägen und Schnallen geschmückt, die Gewänder mit ähnlich verzierten Fibeln und Agraffen zusammengehalten. Den Frauenschmuck bildeten Perlschnüre, Armbänder und Ohrringe. Eine Ledertasche enthielt Kamm, Ohrlöffelchen, Haarzange, Messer, Schere, Feuerzeug, Schlüssel, Spinnwirtel und Münzen.
Unterschiede[]
Trotz des sehr einheitlichen Charakters der Reihengräber lassen sich doch Unterschiede sowohl zeitlicher als auch kultureller Art in der Ausstattung feststellen. Die ältesten Reihengräber stehen ersichtlich noch unter provinzial-römischem Einfluss, die jüngsten weisen vielfach schon christliche Symbole auf. Als guter chronologischer Gradmesser bewährt sich auch hier die Keramik, während die Eigenart der Volksstämme mehr in gewissen Einzelheiten der Tracht zutage tritt.
Kultureller Austausch =[]
Für die Kenntnis der germanischen Lebensweise bilden die Reihengräber der Völkerwanderungszeit eine der Hauptquellen. Von den Germanen wurde die Bestattungsweise auf die benachbarten Slawen übertragen. Ihre Reihengräber sind meist ärmlich ausgestattet und entbehren insbesondere der Waffen. Charakteristisch sind die als Kopfschmuck angebrachten „Schläfenringe". Nach Ausweis der auch hier öfters gefundenen Münzen reichen die slavischen Reihengräber vom 10. bis ins 13. Jh.
Beispiele[]
- Reihengräberfeld von Schwarzrheindorf bei Bonn aus dem 5.-7. Jh.
- Allemannischer Reihengräberfriedhof bei Schretzheim, bei Dillingen (Bayern)
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Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. III, S. 488.
- Lindenschmit, Ludwig. Handbuch der deutschen Altertumskunde (Internet Archive). Braunschweig : Fr. Vieweg & Sohn, 1880-89.
Literatur[]
- M. v. Chlingensperg-Berg, Gräberfeld von Reichenhall, 1890.
- F. Wieser, Das langobardische Fürstengrab und Reihengräberfeld von Civezzano, 1887.
- E. Wagner, Veröffentlichung des Karlsruher Altertumsvereins, 1899.
- G. Meyer v. Knonau, Alamannische Denkmäler in der Schweiz, 1873.
- E. v. Fellenberg, Gräberfeld von Elisried, 1886.
- J. W. Gröbbels, Reihengräberfund von Gammertingen, 1905.
- J. H. Müller, Reihengräber zu Rosdorf bei Göttingen, 1878.