Mittelalter Wiki
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„Riesen acht ich die Urgebornen...“

Ältere Edda, Völuspâ: 1

Die Riesen, (skand. Jötunn) sind den Göttern und den Menschen feindlich gesinnt (als Thursen), ihre Heimat heißt Jötunheim bzw. Utgard. Sie stehen für das Übermaß in jeder Beziehung; in der Mythologie werden sie in Verbindung mit übergroßer Kälte oder Hitze gebracht. Als Personifikation ist ein „Übermaß an Hitze“ = ein Hitzeriese. [1]

Beschreibung[]

Die Riesen sind „einfach“ oder im eigentlichen Wortsinn „einfältig“ zu nennen, ihre Dimensionen können allerdings äußerst unterschiedlich sein. Der Kälteriese kann eine bedrohliche, alles vereinnahmende Größe haben, er besitzt allerdings immer nur die eine Qualität: Kälte. Aus diesem Grund der „Einfältigkeit“ - gegenüber der „Vielfältigkeit“ der Götter wurden die Riesen zumeist dumm genannt.

In vor-christlicher Zeit wurde der Begriff "einfältig" jedoch nicht gleichzeitig mit Dummheit assoziiert: Da die Riesen bereits zum Beginn der Welt existierten, gewannen sie durch ihr einzigartiges Alter auch ein einzigartiges Wissen. Schließlich gilt das Wissen als eines der bedeutensten Dinge der germanischen Mythologie: „Am seligsten lebt ein Mensch, der vieles gut weiß.“ [2]

Mythologische Riesenwesen lassen sich in fast allen Kulturen finden. Sogar im Odenwald. In Worms soll es Kaiser Maximilian (1459-1519) , genannt "der letzte Ritter", persönlich gewesen sein, der den letzten verbliebenen Vertreter der überlangen Kerls bei einem Turnier ans Leben ging.[3] Auch Ferdinand Magellan (1480-1521) soll der Legende nach auf seinen Reisen zwei Riesen gefangen haben, um sie nach Europa zu bringen. Allerdings starben die beiden auf der Überfahrt.[4]

Arten[]

Mythologischer Hintergrund[]

Riesen sind übernatürliche Fabelwesen, zu denen mitunter - neben sehr großen Menschen und Knochenfunden - auch die Umwelt und außergewöhnliche Erscheinungen in der Natur angeregt haben mögen. Sie begegnen hauptsächlich in Mythus, Sage und Märchen. Besonders reich an Riesensagen ist die nordische und mittelhochddeutsche Dichtung. Überall zeigt sich ihre außergewöhnliche Größe, ihre übermäßige, ungefüge Leibeskraft und was damit zusammenhängt (eine mächtige Stimme, ein alles durchbohrender Blick, außerordentliche Schnelligkeit im Wandern, unmäßige Esslust).

In oft drastischer Weise wird dieses in den mittelhochddeutschen Epen der Heldensage, vorallem den Dietrichsepen, geschildert [5]. Öfter haben sie mehr Glieder als der Mensch. So hat Asprian vier Hände; dreihäuptige Thursen kennt die deutsche und die nordische Dichtung (Skirnismal 31).

Hier tauchen sie häufig in übermäßiger Tiergestalt auf, wie die Midgardschlange oder der Fenriswolf oder der Windriese Hraesvelgr als mächtiger Adler. Eigentümlich ist auch der nordischen Dichtung, daß sie wie die elfischen Wesen zuweilen die Proteusnatur haben. So verfolgt Suttung in Adlersgestalt Odin, als dieser ihm den Met entführt hat, und in derselben Hülle raubt Thjazi die Idunn.

Charakter[]

Im Allgemeinen sind die Riesen den Menschen und Göttern feindliche Mächte. Als solche leben sie als Menschenfresser bis zur Gegenwart im Märchen fort. Götter und Helden ziehen zum Kampf gegen sie. In den nordischen Mythen ist es Thor, der fast in ununterbrochenem Kampfe mit den Riesen liegt und sie durch seine Kraft und seinen Hammer überwindet; in den Harbarghsliodh rühmt er sich Hárbard gegenüber zahlreicher Unternehmen gegen sie. Wo Odin mit Riesen zusammenkommt, wie mit Suttung oder Vafthrudnir, versteht er durch List und Schlauheit sie zu besiegen.

Durch ihn erfolgte der erste Kampf zwischen Riesen und Göttern, der schließlich zum großen Entscheidungskampf zwischen diesen Mächten und zum Untergang der Götter geführt hat (s. Ragnarök). In der angelsächsischen Dichtung ist Beowulf der Riesenbezwinger, in der mittelhochdeutschen vor allem Dietrich von Bern mit seinen Mannen. Trotz dieses gespannten Verhältnisses kennt die nordische Mythologie auch Verbindungen der Götter mit Riesentöchtern, von denen dann in der Regel ihre Schönheit hervorgehoben wird.

So wirbt Freyr um das Riesenmädchen Gerð, Njörd ist mit Skadi vermählt, Odin weiß die Liebe der Gunnlöd. zu erwerben, der Ase Vidar ist der Sohn der Riesin Grið, von der Thor bei seiner Einkehr auf dem Wege nach Geirröd unterstützt wird. Den freundschaftlichen Verkehr zwischen Göttern und Riesen bezeugt auch das gemeinsame Gelage bei dem Meerriesen Aegir.

Etymologie[]

Die verschiedenen Kollektivnamen deuten ihre Eigenschaften an: ahd. risi, as. wrisil gehört zu skr. vrsan- 'stark, gewaltig', ahd. duris, ags. ðyrs, anord. þurs, zu turás - 'kräftig, stark', auf ihre Größe weist das ags. ent, mhd. hiune, auf ihre Gefräßigkeit ags. eoton, anord. jǫtunn (zu etan - 'fressen').

Lebensraum[]

Die Heimat der Riesen sind vor allem die Berge; andere wohnen im Meere, in Seen oder Sümpfen. Daher sind die Riesensagen besonders in Gebirgs- und Meeresgegenden angesiedelt. Grendel, der Gegner Beowulfs, haust im Sumpf; die Midgardschlange im Meer, genau wie Aegir und seine Frau Rán mit ihren neun Töchtern. In den Bergen Tirols kämpfen Dietrich von Bern und seine Mannen gegen die Riesen, in Norwegen hat das unwirtliche Gebirge Jötunheim nach ihnen den Namen. Daher heißen sie bergbúar, bergdanir - 'Bergbewohner' (Bergriesen).

Die nordische Dichtung kennt auch ein besonderes Riesenheim (Jötunheimar) im äußersten Nordosten. Hier herrschen Fürsten über sie wie Thrymr (s. Thrymskvidha) oder Utgardaloki. Den Ostweg (austrvegr) ging auch Thor, wenn er sich zum Kampf gegen die Riesen begibt. Im Nordosten wohnten auch die durch Zauberkunst und ungewöhnliche Kenntnisse bekannten Finnen; ihre Eigenschaften werden mehrfach auf die Riesen übertragen, und so begegnen auch diese als Zauberer und sind zuweilen im Besitz ungewöhnlicher Weisheit, wie Vafthrudnir, der mit Odin über mythologische Dinge streitet (Vafthrudhnismal). Daher haben sie das Epitheton fróðr oder hundvíss ('klug, sehr weise').

Lebensweise[]

Das Leben der Riesen ist nicht selten dem der Menschen angepasst. So ist Hymir im Besitz großer Herden, hat im Meer seine Angelplätze (Hymiskvidha), Thrymr sitzt auf seinem Hügel und glättete den Rossen die Mähnen und versah seine Hunde mit goldenen Bändern (Thrymskvidha), als Errichter mächtiger Bauten zeigte sich der Baumeister von Asgard, zu frohem Gelage sind die Asen bei Aegir (Lokasenna).

Herkunft[]

Nur selten läßt sich ein bestimmtes Element aus dem Namen oder dem Mythus als Wurzel einer Riesengestalt erweisen. Dies ist der Fall bei Aegir, der Rán und ihren Töchtern, die dem Namen und Mythus nach sofort als Meereselement zu erkennen sind. Ebenso gehört Hraesvelgr, von dessen Schwingen die Winde ausgehen, zum Windelement; Dofri ist das personifizierte Gebirge, das nach ihm den Namen trägt. Gelehrtes Machwerk sind wohl nur die Natur- und Wettererscheinungen, die als Fornjóts Geschlecht begegnen (Fornaldar sögur II 3.): Logi, das Feuerelement, Kári 'der Windstoß', Jökull 'der Gletscher', Snaer 'der Schnee', Fönn 'der Schneehaufen', Drifa 'der Schneewirbel', Mjöll 'der Schneestaub', Frosti 'die Kälte' u. a.

Nicht entscheiden läßt sich, was für die Gegner Thors, wie z.B. Thrym, Geirröd und Hrungnir, Veranlassung gab, wenn auch die Etymologie der Namen dafür spricht, daß in ihnen alte Gewitterelemente erhalten sein mögen. Auf noch unsichererem Boden steht man bei den rein mythischen Riesen, bei Ymir, Mimir, Fenrir, selbst bei Thjazi, Hymir, Suttung oder den Riesenjungfrauen Fenja und Menja, die auf der Mühle Grotti dem Könige Mysing Gold mahlen.

Sagen[]

Über Ehe eines friesischen Königs mit einer Riesin aus England und deren Halbriesenkinder berichtet die niederländische Sage von "König Eselsohr" aus dem 16. Jh. Auch die friesische Stadt Campen (heute Kamperland, Zeeland) soll von zwei gewaltigen Riesen gestiftet worden sein, die in alten Zeiten dort ihre Wohnung hatten, wie überhaupt viele Riesen in dieser Gegend waren. So versichern Fischer von der Insel Ens, daß rund herum große Steine, gleich denen der Hünengräber, auf einander getürmt, tief unten im Wasser liegen. [6]

König Eselsohr[]

  • Aus "Die Chronycke van Hollant u. Delft", 1585. cap. 37. fol. 29. b.

Vor langer, langer Zeit regierte in Westfriesland ein König mit Namen Richard Arundel, der von seinen ungemein langen Ohren den Namen "König Eselsohr" führte. Er war von sehr hoher Gestalt und hatte eine Riesin zur Frau, die Tochter eines von den Riesen, die aus Albion (England) herübergekommen waren. Mit dieser gewann er einen Sohn, mit Namen Herr Valk, und eine Tochter, welche später Königin von Friesland wurde. Dieser König, der all seine Genossen an Macht und Reichtum weit übertraf, beschloß einen Palast zu bauen, dem gleich kleiner mehr zu finden wäre, und gründete somit das Schloß Voorburg in Holland, ein wahrhaftes Wunder der Baukunst, so hoch und so geräumig, daß es nicht zu sagen ist, denn es nahm mehr denn zehn Hufen Landes ein, und war dabei von allen Seiten mit Mauern und Vorsprüngen verstärkt. Er nannte dasselbe nach sich Arundelberg. Ein zweites Schloß baute er zu Noordwyk. Sein Sohn, Herr Valk, der von seinen schönen Augen den Namen hatte, gründete das Schloß Valkenburg bei Leyden. Er starb jedoch noch vor seinem Vater. Später haben die Normannen Arundelberg und Noordwyk zerstört. [7]

Wie die Riesen nach Holland kamen[]

  • "Wie die Giganten und Riesen von Brittus aus Brittanien vertrieben, zuerst nach Holland kamen." Aus Oude Divisie-Cronycke van Hollant etc. Delft 1585. Cap. 31, Fol. 10 c.

Als die Trojaner Brittus und Corineus auf das Eiland Albion kamen, fanden sie dort viele große Giganten und Riesen, welche, wie sämmtliche Chroniken melden, aus Assyrien dahin gekommen waren und die Insel nach den weißen blinkenden Bergen Albiona genannt hatten. Brittus aber nannte sie von der Zeit an nach seinem Namen Brittanien. Die Riesen und Giganten sahen bald ein, daß sie gegen Brittus und seine Gesellen, die Trojaner, nichts ausrichten konnten, und alle von Corineus überwunden und besiegt würden, darum verließen sie das Eiland, um neue Plätze zu einer Niederlassung zu suchen. Als sie zu Schiffe gegangen waren, kamen sie in das Land der Angelsachsen gesegelt, welches nun Ostfriesland ist, und meinten, dieß wilde Land, welches damals noch nicht sehr bebaut und bewohnt war, einzunehmen und zu bewohnen.

Als sie aber weiter hineindrangen, um sich bequeme Wohnstellen zu suchen, vernahmen dies die wilden Niedersachsen und sammelten sich in großen Haufen, um diese Giganten und Riesen zu befechten, und schlugen eine Menge von ihnen tot. Die anderen, die dies sahen, zogen wieder seewärts und segelten nach Westen, um einen Fluß oder Hafen, wo sie bleiben könnten, zu suchen. Also kamen sie endlich an die Mündung der Maaß, stiegen dort ans Land und nahmen den Ort ein und blieben lange dort wohnen in Zelten und Hütten, welche sie sich von Reisern machten. Dann bauten sie dort eine Festung, um vor feindlichen Überfällen sicher zu sein, weil es nahe an der See war; und diese Festung war sehr groß und stark und wurde von ihnen Slavenburg geheißen, da sie selbst sich Slawen nannten. Sie stand in der Gegend von Vlaerdingen; nun ist sie aber längst von der Maaß weggespült und dadurch versunken. Sie lehnte an der Ostseite an einen großen und langen Wald, der sich von Dornik bis hin zum Rheine erstreckte und später von Kaiser Claudius »Wald sonder Gnade« genannt wurde. Und dieß geschah 900 Jahre vor Christi Geburt, zur Zeit als der Prophet Samuel Richter war über die Kinder Israel. [8]

Arten[]

  • Bergriesen: Dofri, Thjazi
  • Feuerriesen: Logi
  • Frostriesen (Kälteriesen / Reifriesen / Hrimthursen): Jökull (Gletscher), Snaer (Schnee), Fönn (Schneehaufen), Drifa (Schneewirbel), Mjöll (Schneestaub), Frosti (Kälte)
  • Windriesen: Hraesvelgr, Kári

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Das Weltbild und die Philosophie der Germanen
  2. Kaufmann: Balder, S. 180
  3. Monstern auf der Spur (Google Books): Wie die Sagen über Drachen, Riesen und Einhörner entstanden. Ernst Probst. GRIN Verlag, 21.08.2012.
  4. Verbotene Geschichte: Die großen Geheimnisse der Menschheit und was die Wissenschaft uns verschwiegen hat (Google Books). Lars A. Fischinger. Ansata, 07.03.2011 - 320 Seiten
  5. vgl. W. Grimm DHS. 3 397 f.
  6. J. W. Wolf, aaO, S. 14-15.
  7. J. W. Wolf, aaO, S. 8-9.
  8. J. W. Wolf, aaO, S. 36-37.
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