Den Gebrauch von Runen zum Runenzauber kennen wir nur aus nordgermanischen Quellen. Hier aber begegnet uns das Wort "Rune" stets, wenn nur vom Zauber die Rede ist, nie aber bei der Weissagung.
Beschreibung[]
Der Runenzauber spielte neben dem Spruchzauber im nordischen Altertum eine wichtige Rolle. Ob man sich vor Einführung der Runen schon bestimmter Zeichen zum Zaubern bediente, wie sie in den späteren Hausmarken vorliegen, lässt sich allerdings nicht sagen. Wahrscheinlich aber kam der Brauch erst mit dem Runenfuthark auf, da er auffallend mit dem antiken Buchstabenzauber übereinstimmt [1].
Auch scheint das Wort rúnú, das dem deutschen 'Geraune' entspricht, ursprünglich den Zauberspruch bezeichnet zu haben und wurde erst später auf das Zauberzeichen übertragen, als man sich dieses neben dem Spruch bediente. Gemäß seiner Ableitung stand rúnó mit dem 'Gehörten' in Verbindung und so trägt es auch im Finnischen, das es in vorgeschichtlicher Zeit in seinen Wortschatz aufnahm, die Bedeutung 'Zauberspruch, Lied'.
Praxis[]
Über die konkrete Anwendung der Runen zum Zauber geben die Quellen kein klares Bild. Es lässt sich nur indirekt aus anderen Zauberhandlungen und durch den Vergleich mit dem Buchstabenzauber anderer Völker erschließen. So hatte jede Rune ihren Namen, durch den sie einen bestimmten konkreten Gegenstand vertrat. Das Runenbild war somit der Gegenstand selbst. Durch diesen konnte man aber entweder Gutes oder Böses bewirken. Wer nun den Runenzauber anwandte, musste die Zauberkraft der einzelnen Runenbilder kennen. Gegen solche Runenzauber eiferten noch im 14. Jhd. bischöfliche Satzungen [2] , doch erhielt er sich im Volk noch lange, auch in der christlichen Zeit.
Runenzauberkundige[]
Die Kenntnisse des Runenzaubers besaßen nur wenige. Doch lehrte z.B. gemäß der Rigsthula die Ríg sie dem jungen Jarl, von dem sie dann wiederum auf den Konungr übergingen [3]. Ebenso vermittelte im Sigrdrifumal die erwachte Sigrdrifa dieses Wissen dem jungen Sigurd [4]. Daher man erfährt, dass:
- die Rune ᛏ (Tyr) als siegbringende Rune galt,
- die Rune ᚾ (naudh) gegen vergiftetes Getränk schirmte,
- während þ (Thurs) nach Skirnismal (v. 36) Wahnsinn erzeugte.
Meist wurden auch mehrere Runen zum Zauber gebraucht, wie die mit Runenzeichen versehenen Brakteaten, vor allem die mit der alu-Inschrift, bezeugen. Daher begegnet das Wort rúnar fast nur im Plural, wo vom Ritzen der Zauberrunen die Rede ist. Sie ritzte gemäß der Gudhrunarkvidha die Grimhild ins Horn, als sie Sigurd den Vergessenheitstrank reichte [5]. Auch das zauberkundige Weib aus der Grettis saga ritzte Zauberrunen in den Wurzelstock, der Grettir dem Starken den Tod bringen sollte [6], und Zaubermeister im Havamal ritzte sie, wenn er mit den Toten sprechen wollte [7]. Um ihnen besondere Kraft zu geben, wurden die Zeichen stets mit Blut gefärbt.
Egill Skallagrímsson[]
Als Meister des Runenzaubers zeigt sich der Skalde Egill Skallagrímsson aus der Egils saga. Als die Königin Gunnhild ihm z.B. das mit einem giftigem Trank gefüllte Horn reichte, ritzte er Runen hinein, so dass es sprang [8]. In die Neidstange, die er bei seinem Weggang aus Norwegen dem norwegischen Königspaar errichtete, ritzte er Runen, damit der Fluch über Eirik und Gunnhild in Erfüllung gehe [9]. Auch die Runen, die in die Fischkiemen unter dem Lager eines kranken Mädchens geritzt waren, erkannte Egill als Ursache des Leidens. Er schabte sie ab und grub Heilrunen ein [10].
Odins Runenzauber[]
Als Vater des Runenzaubers gilt in der nordischen Mythologie Allvater Odin. Die Havamal erzählen, wie er in Besitz der Runen kam. Einst war seine Kraft dahin. Da opferte er sich selbst im Weltenbaum Yggdrasil, und hier wurde er wieder geboren. Aber man reichte ihm weder Speise noch Trank. Da spähte er nieder, sah die Runen, nahm sie herauf und alsbald wurde er Meister des Worts und der Tat [11]. Von dieser Zeit an gebrauchte er die Runen zum Zauber [12]. Seitdem beherrschte er die Runenweisheit wie das Zauberlied [13], dessen Meister er schon vorher gewesen war.
Weissagung[]
Nur indirekt bediente man sich der Runen auch zur Weissagung. Man weckte durch die Runen die Toten, um von ihnen die Zukunft zu erfahren. So tat es z.B. der Zauberer in den Havamal (v. 157), und genauso ließ Harthgrepa ein mit Runen (carmina) versehenes Holzstäbchen einem Toten unter die Zunge legen, damit er die Zukunft künde [14].
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Über Weissagung und Zauber im nordischen Altertum. Hugo Gering. Lipsius & Tischer, 1902.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 51; S. 581 (Art. Zauber, § 13.)
Einzelnachweise[]
- ↑ s. M. Olsen, Om Troldruner. Fordomtima II, 191 7
- ↑ Novum Glossarium etc. Frankfurt a.M. Diefenbach. 1867. Band III, S. 286, 300.
- ↑ Rigsthula 36. 46
- ↑ Sigrdrifumal. m. 5 ff.
- ↑ Gudhrunarkvidha, 22
- ↑ Grettis saga. K. 79
- ↑ Havamal, V. 157
- ↑ Egils saga. K. 44
- ↑ Egils saga. K. 57
- ↑ Egils saga. K. 72, 76
- ↑ Havamal, V. 138/40
- ↑ Havamal, V. 145
- ↑ Heimskringla I, 19
- ↑ Saxo Grammaticus. Gesta Danorum. Band I, S. 38