Als Schiffsgrab bezeichnet man eine eisen-, vendel- oder wikingerzeitliche Bestattung in einem größeren Wasserfahrzeug oft innerhalb eines Hügelgrabes, wie sie aus dem Baltikum, Deutschland (Haithabu), Finnland, Frankreich, Großbritannien und Skandinavien bekannt sind. [1]
Beschreibung[]
Schiffsgräber gehören der jungeren Nordischen Eisenzeit (ab ca. 500 n. Chr.) an. Sie sind in Norwegen und Schweden sehr allgemein, fehlen aber in Dänemark vollständig (wo man nur Schiffsetzungen fand).
Auf Gotland hat man bisher nur sehr wenige Schiffgräber konstatiert, ebenso auf Island; dagegen kennt man einige Schiffgräber im westlichen Finnland, die natürlich schwedischen Einfluß bezeichnen. Außerhalb dieses Gebietes gibt es nur in Schottland und der Bretagne (Île de Groix) Schiffgräber; sie können aber auch in anderen Ländern, wo schwedische und norwegische Wikinger hingekommen sind, gefunden werden.
Vor allen Dingen sind sie in Russland zu erwarten, wo die schwedischen „Rus" ein mächtiges Reich gegründet hatten; man kennt eine sehr interessante Schilderung von einem „russischen“, dh. schwedischen, Schiffsbegräbnis bei Bolgar im Jahre 921 n. Chr. Der Verfasser, Ibn Fadhlan (Foszlan), wurde von dem Kalifen El-Muktedir (907-932) zum slawischen König gesandt und erzählte von dieser Reise, wie ein „russischer" Kaufmann in seinem Schiff mit großen Zeremonien verbrannt und ein Hügel über dem Scheiterhaufen aufgeworfen wurde. [2]
Zeitliche Einordnung[]
Das älteste bekannte Schiffgrab befindet sich in dem östlichen der drei großen „Königshügel" bei Alt-Upsala (Schweden) aus dem 6. Jhd. n. Chr. Hier sind die Überreste des Scheiterhaufens in einer Graburne gesammelt und im Zentrum des Hügels von einem Steinhaufen bedeckt; zahlreiche Schiffsnägel wurden in der Urne gefunden.
Die Brand-Schiffsgräber mit Hügeln über dem Scheiterhaufen oder in dessen Nähe und in dem letzten Falle sehr oft mit Knochengefäßen setzen sich während der ganzen nordischen Eisenzeit fort, also bis in das 11. Jhd. n. Chr. und sind in der Wikingerzeit Norwegens und Schwedens ganz besonders verbreitet. Sie sind durch die Eisen-Nietnägel des verbrauchten Schiffes sehr leicht zu erkennen. Das berühmteste Grab dieser Art befindet sich bei Möklebust, Nordre Borgenhus Amt in Norwegen.
Unverbrannte Funde[]
Hügelgräber mit verbrannten Knochen in einem unverbrannten Schiffe sind in Norwegen in einigen Fällen konstatiert worden. Zu dieser Gruppe gehört z.B. das reich ausgestattete Grab aus Laekalänge (Schonau) in Schweden aus der Zeit um ca. 600 n. Chr. Gänzlich unverbrannte Schiffsgräber sind recht häufig, wenn auch nicht so zahlreich wie die Brand-Schiffsgräber. Sie sind meistens Hügelgräber; in Norwegen sind sie das immer.
Schiffsgräberfelder[]

Schiffsgrab von Snape (Model)
Bei Wendel und Tuna, nördlich von Upsala in Schweden, fand man Schiffsgräberfelder unter flachem Boden Bei Wendel fand man 14 Gräber mit Schiffen. In der Mitte des Bootes saß der helmverzierte Häuptling mit dem Schild auf dem Schoß und dem Schwert an der Seite. Vor und hinter dem Gestorbenen lag das reiche Grabgut.
Neben Haustieren fand man Schmuckgegenstände, Geräte und Waffen aus Bronze und Eisen, Gläser usw. Die Wendelgräber gehören zu den reichsten der ganzen germanischen Welt und sind allesamt Männergräber aus der Zeit von 600-900 n. Chr. Besonders die aus dem 7. Jh. bezeichnen zusammen mit den etwas älteren Gräber von Alt-Upsala und die gleichzeitigen von Ultuna ein plötzliches Aufblühen der Swear unter den siegreichen Königen der Ynglingasaga. Die 10 Gräber von Tuna, worunter es auch Frauengräber gab, gehören der Wikingerzeit, frühestens 800 n. Chr. an.
Leichenbestattung[]
Die Hügelschiffsgräber mit Leichenbestattung in unverbrannten Schiffen sind in Schweden selten; am bekanntesten sind die Gräber von Ultuna, nahe Upsala, die aus dem 7. Jh. stammen; sie sind reich ausgestattet wie die Gräber von Wendel.
In Norwegen ist die Zahl größer. Die meisten befinden sich in den Bezirken Nordland, Trondheim und Romsdal, also in der Mitte Norwegens; hier schrumpfen jedoch die gefundenen Schiffe allmählich zu kleinen Booten. Wirkliche Schiffe kommen aber im Christiania-Gebiet vor, wo in einigen Fällen die Lehmpackung der großen Hügel die Schiffe erhalten hat. Auch die Wikingerschiffe von Tune, Gokstad und Oseberg befinden sich im Vikingskipshuset [3], dem Wikingerschiff-Museum auf Bygdøy in Oslo.
Das Gokstadschiff z.B. hatte eine Länge von 24 m und hatte eine Besatzung von mindestens 64 Mann. Von dem Grabgut bemerkt man besonders die Schilde der Besatzung, mehrere Bettstellen aus Holz usw. Mit Schnitzarbeiten reich verziert ist das 1905 ausgegrabene Oseberg-Schiff aus der ersten Hälfte des 9. Jhs., in dem eine Frau in einer kleinen Holzkammer in der Mitte des Schiffes mit ihrer Sklavin bestattet ist (ähnliche Holzkammern fand man auch bei Tune und Gokstad.)
Funde[]
- Gokstadschiff
- Ladbyschiff
- Osebergschiff
- Schiffsgrab von Snape
- Tune-Schiff
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Quellen[]
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 116 f.
- O. Montelius, Om Rögsättning i skepp under vikingatiden, in Svenska fornminnesföreningens tidskr. 6.
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: Schiffsgrab (Version vom 16.01.2017)
- ↑ Frähn, Ibn Foszlans und anderer Araber Berichte über die Russen älterer Zeit. S. 11 ff.
- ↑ Offizielle Webseite des Vikingskipshuset in Oslo (norwegisch, englisch)