Als Schreibmaterial für Runen dienten bei den Germanen vorrangig Holztafeln oder glatte Holzstäbe, die sog. Runenstäbe, aber auch Metall. Das so entstehende „Buch“ bildet begrifflich die Parallele zum lateinischen „Kodex“.
Beschreibung[]
Die Germanen ritzten ihre Runenschrift ursprünglich meist in Metall oder in Holz. Vielleicht war diese epigraphische Verwendung in kurzen Inschriften auf Waffen und Schmucksachen zur Bezeichnung des Herstellers oder Eigentümers die früheste; aber auch der Gebrauch von Holzstäben und Holztafeln für Mitteilungen und Aufzeichnungen ist sehr alt, denn die Holztechnik spielte bei der Ausbildung der Form der Runenzeichen eine maßgebende Rolle (s. Herleitung der Runen).
Wenn die Zeichen, die nach Tacitus (Germ. 10) beim Loswerfen in die kleinen Stäbchen eingeritzt wurden, die man aus den Zweigen von Fruchtbäumen herstellte, Runen waren (was aber fraglich ist), so würde das Schreiben auf Holzstäben bis ins 1. Jhd. n. Chr. zurückreichen. [1] Die Verwendung von Holztafeln zu Aufzeichnungen beruht wohl auf antikem Vorbild, allerdings dürfte ihre Einführung nicht viel jünger sein als die der Runenschrift selbst.
Erst aus dem 6. Jhd. n. Chr. haben wir dann das sichere Zeugnis des Dichters und Hagiographen Venantius Fortunatus für die Benutzung von Holztafeln und -Stäben zu Aufzeichnungen in Runen. So bemerkte dieser in einem Brief [2], dass die „barbarischen Runen“ auf Holztafeln oder auf glatte Holzstäbe eingeritzt wurden, die als Briefe dienten.
Dies stimmt auffallend zu einem Zeugnis aus Nordeuropa von Saxo Grammaticus (1140-1220)[3] überein, der von Buchstaben spricht, „die auf einem tragbaren Holz eingeschrieben sind, was früher die übliche Art von Papier war“. Zudem ist bekannt, dass „Runenstäbe“ (kefli, rúnakefli) in Nordeuropa bis in sehr späte Zeit hinab benutzt wurden. Dass sich nur wenige solcher Holztafeln erhalten haben, erklärt sich aus der Vergänglichkeit des Materials.
Buche und Buchstaben[]
Außer Eschenholz wurde vornehmlich Buchenholz für die Holztäfelchen verwendet, weshalb die Tafel auch schlechthin 'Buche' genannt wurde; so z.B. asächs. bók f. n. - 'Schreibtafel'. Ähnlich bezeichneten das anord. askr, lind, yr, sowie das ags. æsc, lind, íw u.a. einerseits die Bäume 'Esche, Linde, Eibe', anderseits aber auch die aus diesem Holz angefertigten Geräte 'Speer, Schild, Bogen' [4].
Der bei den verschiedenen germanischen Völkern gemeinsame Name für „Buch“ (ahd. buoh; alts. bóc; altengl. bóc, plur. bec; altnord. bók, plur. bækr; got. bóka sgl. - 'Buchstabe', bókós plur. - 'Buch, Brief') ist daher sehr wahrscheinlich von Anfang an dasselbe Wort wie „Buche“, das sich in den meisten Sprachen erst spät, in einzelnen gar nicht in zwei Worte spaltete. Die ursprüngliche Bedeutung von „Buch“ war somit vermutlich „Tafeln aus Buchenholz“, auf welche die Runen, die Stäbe (ahd. buohstab, rúnstab; alts. bócstaf; altengl. bocstæf, runstæf; anord. stafr, bókstafr, rúnastafr) geschrieben bzw. geritzt wurden (ahd. rizan, alts. und altengl. writan; anord. rita - vgl. got. writs - 'Strich', wie ahd. riz - 'Strich, Buchstabe').
Dass sich dieselben Benennungen für „Buch", „Buchstabe" und „schreiben" bei den verschiedenen germanischen Völkern so verbreitet finden, ist auch ein Moment, das für ihre Kenntnis der Buchstabenschrift von Bedeutung ist... → Siehe auch: Herleitung der Runen.
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Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 338 f. (Artikel: Buch)
- Wimmer, Adalbert. Die Runenschrift (Internet Archive). Berlin : Weidmann, 1887. S. 70 ff ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung Die Germania des Tacitus. Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
- ↑ Venantius Fortunatus. Carminum lib. VII, 18, V. 19 f.
- ↑ Saxo Grammaticus. Gesta Danorum, lib. III, S. 145 ed. P. E. Müller = S. 92 ed. A. Holder
- ↑ Friedrich Kluge in Zeitschrift für deutsches Altertum. Berlin 1841 ff. Band 34 (1892); S. 210. Digitalisat Mediaevum