Mittelalter Wiki
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Schutzgeister sind im Volksglauben aller germanischen Stämme bekannte seelische Wesen, die einzelne Menschen oder ganze Geschlechter begleiten und bei drohendem Unheil ihre warnende Stimme erheben.

Beschreibung[]

Besonders weit verbreitet ist der Glaube an Schutzgeister im germanischen Norden, wo sie als vættir oder dísir (s. Disen), hamingjur, fylgjur (s. Fylgja), vardøger (norw.), vård oder vålnad (schwed.) begegnen. Es sind die Seelen Verstorbener, die Mitgliedern ihres Geschlechtes schirmend zur Seite stehen.

Äußere Veranlassung zu diesen mythischen Gebilden mag der Schatten des Menschen gegeben haben, der als seelisches Wesen aufgefasst wird. Weit verbreitet ist der Glaube, dass diese Schutzgeister in Bäumen ihren Sitz haben, wodurch gewisse Bäume zu Lebens- und Schicksalsbäumen wurden (vgl. Baumkult).

Als Hausgeist[]

Auch in gefällten Bäumen lebte dann der Schutzgeist noch fort: er zog mit dem Hausbalken in das Haus ein, wo er als Kobold (Hausgeist) begegnet, oder mit dem Mastbaum auf das Schiff, wo ihn die Seebewohner Norddeutschlands als Klabautermann kennen. Zuweilen hat der Schutzgeist die Gestalt von Tieren; besonders gilt die Schlange öfter als Schutzgeist der mit dem Menschen zur Welt kommt und an den sein Leben geknüpft ist (s.a. Schlangenverehrung). Um sich den Schutzgeist zu erhalten, bringt man ihm Gaben, was besonders bei den schützenden Tieren der Fall ist, die man im Hause pflegt.

Als Landgeister (landvættir)[]

Wie Personen und Geschlechter stehen aber auch ganze Bezirke, ganze Länder unter dem Schutz dieser seelischen Wesen. Solche sind die nordischen landvættir, die nach dem Volksglauben ihren Sitz in Hügeln und Wasserfällen haben. Wie alle seelischen Wesen erscheinen auch sie in Tiergestalt, als Bock und Geiße, als Schlangen und Kröten [1] u. dgl. In solchen Gestalten verteidigen sie das Land.

Als gemäß der Heimskringla König Harald Blauzahn z.B. einem Zauberer gebot, in Walfischgestalt Island auszukundschaften, und dieser in die verschiedenen Fjords der Insel kam, da stieß er überall, wo Menschen wohnten, auf den Widerstand der Landgeister: am Vapnafjord wehrte ihm ein großer Drache mit seinen Kröten und Schlangen den Zutritt, am Eyjafjord ein mächtiger Vogel mit seiner Schar, am Breidafjord ein Stier mit seinem Gefolge, bei Reykjanes ein Bergriese mit seinen Begleitern.

Auch einzelne Personen stehen unter dem Schutze dieser Landgeister (landvættir), die ihren Herden Gedeihen, bei Fischfang und Jagd Glück bringen. Deshalb musste man sich hüten, diese Schutzgeister zu verletzen. Das älteste isländische Gesetz, die Ulfljótslǫg, verbot, mit gähnendem Drachenschnabel an Islands Gestade zu landen, weil dadurch die Landgeister verscheucht würden. Dieses Drachenhaupt hatte die gleiche Wirkung wie die Hohnstange mit dem Pferdehaupt, die man Gegnern zu errichten pflegte, um Unheil über sie zu bringen.

Als Rachegeister (meinvættir)[]

Als z.B. gemäß der Egils saga der geächtete Egill Skallagrímsson Norwegen verließ, pflanzte er ein solches Pferdehaupt mit klaffendem Rachen am Gestade auf und begleitete seine Handlung mit dem Fluch, dass die Landgeister nicht früher Ruhe finden sollten, als König Eirik Blutaxt und seine Gemahlin aus dem Lande vertrieben seien. So wurden die Schutzgeister des Landes zu bösen Geistern, zu meinvættir, und man mied das Gebiet, wo man sie wähnte [2]. Zu solchen Rachegeistern wurden sie auch, wenn Freveltaten, die während des irdischen Lebens dieser Wesen begangen wurden, noch nicht gesühnt waren, denn auch die landvættir waren die Geister der Vorfahren.

Im Christentum[]

Nach Einführung des Christentums verließen nach dem Volksglauben diese Schutzgeister das Land. So träumte z.B. ein angesehener Isländer kurz vor Einführung des Christentums auf Island, wie er viele Hügel sich öffnen sieht und wie alle Geister, große und kleine, ihr Bündel packen und sich zur Ausfahrt bereit machen [3]. Das ist das früheste Zeugnis von der auch in Deutschland verbreiteten Sage vom Auszug der Wichtelmännchen.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Heimskringla, I 316
  2. Fornaldarsögur: Vatzdœla saga, 6; Hervarar saga I 432 f.
  3. Fornaldarsögur. II 197
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