Mittelalter Wiki
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Die Siedlungsformen sind eng mit der Besiedlungsfläche verknüpft. Größe und Form der einzelnen Ansiedlungen und die Art, in der sie sich über die Siedlungsfläche verteilen, hängen von einer Reihe von Faktoren ab, die im Kulturzustand der Siedler ebenso wie in den geographischen Eigenschaften des Landes begründet sind.

Übersicht[]

Die Siedlungsformen des Mittelalters werden in eigenen Artikeln besprochen (siehe: "Bauwerke und Gebäude" - Einzelhof, Weiler, Dorf, Haufendorf, Reihendorf, Runddorf, Straßendorf, Stadt, Stadtanlage). Die Entwicklung dieser Siedlungformen ist in folgende Einzelartikel gegliedert:

  1. Siedlungsformen des Altertums (Siedlungswesen (Altertum))
  2. Siedlungsformen bis 500 (Völkerwanderungszeit).
  3. Siedlungsformen bis 900 (Frühmittelalter).
    1. Anfänge städtischer Siedlung.
    2. Ländliche Siedlungen.
    3. Entwicklung des Haufendorfs.
  4. Siedlungsformen bis 1300 (Hochmittelalter).
    1. Die Dörfer.
    2. Die Städte.

Beschreibung[]

Allgemein entstehen Siedlungsformen einerseits durch Anpassung an die Umgebungs- und Umweltbedingungen; andererseits aber sind die entstandenen Formen festgeprägte Typen, die weiter übertragen werden, manchmal auch dorthin, wo sie nicht mehr völlig dem Zweck entsprechen.

Boden, Klima, Ausdehnung und Lage eines Gebietes bedingen die Wirtschaftsweise; anderseits entscheidet diese aber erst darüber, wie die Naturbedingungen ausgenutzt werden: ob schwerer Boden gesucht oder gemieden wird, ob die Mineralschätze unbeachtet liegen bleiben oder zu einem wirksamen Faktor dichter Besiedlung werden.

Das Gelände zeigt die Stellen an, die sich zur Ansiedlung eignen, und durch Zahl und Verteilung solcher Stellen bestimmt es bis zu einem gewissen Grad die Art des Zusammenlebens, die Größe und Gestalt der Wohnplätze. Aber auch umgekehrt wird die Auswahl unter den möglichen Wohnstellen durch gewohnheitsmäßige Formen des Zusammenlebens beeinflußt. Größe und Entfernung der Orte sind also auch von sozialen Momenten abhängig.

Historische Quellen[]

Es lässt sich kaum überblicken, wie das Ineinandergreifen der einzelnen Faktoren im Laufe der deutschen Wirtschaftsgeschichte die Siedlungsformen geschaffen hat. Für die ältere historische Zeit sind die Quellen außerordentlich spärlich. Die unmittelbaren geschichtlichen Nachrichten bieten hier noch weniger Anhaltspunkte als bei der Entwicklung der Besiedlungsfläche, und die Ausgrabungen sind noch längst nicht abgeschlossen, um ein vollständiges Licht auf die Siedlungsformen des Altertums zu werden.

Ortsnamenforschung[]

Öfters wurde versucht, hierfür die Ortsnamen zu verwerten; doch mit geringem Erfolg. Viele Forscher wollten in den Ortsnamen auf -ingen und in denen auf -leben Anzeichen alter Sippensiedelungen erblicken. Der Personenname, mit dem die Namen auf -leben immer, die Namen auf -ingen durchaus üblicherweise verbunden sind, sollte dabei das Sippenhaupt bezeichnen.

Dies ist zwar nicht unmöglich, aber wenig beweisfähig. Der Personenname braucht nicht unbedingt den Besitzer zu nennen, er kann auch irgendeine andere Persönlichkeit bezeichnen; und die Vorstellung einer Zugehörigkeit, die in der Namensendung -ingen liegt, kann rein aus Gewohnheit angewendet worden sein und jeder realen Bedeutung entbehren.

Bei den Namensendungen auf -leben hat die Vorstellung als Worterbe allerdings eine gewisse Stütze. Dass die Singularform, in der manche Ortsnamen auftreten (z. B. -heim; auch -hausen, Lokativ, in den ältesten Urkunden oft auch -hus) nicht auf Einzelhöfe bezogen werden muss, geht schon aus der Analogie mit der Endung -burg hervor. In solchen Fällen wird eben nur ein hervorragendes Gebäude zur Bezeichnung des ganzen Ortes verwendet, etwa das Herrenhaus. Als Quelle für die Erkenntnis der Siedlungsformen können die Ortsnamen jedenfalls so gut wie gar nicht in Frage kommen. [1] [2]

Flurkarten[]

Eine Quelle neben dem Spatern aber bleibt: Ältere Flurkarten (wie sie seit dem 18. Jhd. angefertigt worden sind) verzeichneten den Bestand an Ortsformen in Verbindung mit den Flursystemen. Bei der Langlebigkeit der agrartechnischen Zustände lassen sich hiernach mit Hilfe der wirtschaftsgeschichtlichen Urkunden und Ausgrabunden die Verhältnisse des Mittelalters im Großen und Ganzen erkennen.

Das führt jedoch nur etwa bis in die spätere Karolingerzeit (751-911). Darüber hinaus müssen durch vergleichende Betrachtung gewonnene Schlüsse weiterhelfen. Und doch fällt gerade in die Zeit vor 800 ein höchst wichtiger Teil der Gesamtentwickelung, sodass der Mangel an Quellenmaterial für den Beginn des Frühmittelalters hier eine besonders empfindliche Lücke bedeutet. Für die Städte liegen im Vergleich dazu viel reichhaltigere Quellenstoffe vor.

Entwicklung[]

Zur Zeit der Römer kennen die Germanen, gemäß den Berichten der römischen Historiker, noch keine Städte. So schreibt Tacitus (um 58-120) in seiner Germania (16):

Dass von den Völkern der Germanen keine Städte bewohnt werden, ist bekannt genug, ja, daß sie auch von keinen unter sich verbundenen Sitzen wissen wollen. Sie wohnen gesondert und auseinander, wie Quelle, wie Feld, wie Wald gefiel. Die Dörfer legen sie nicht nach unserer Weise an, durch verbundene und fest zusammenhängende Gebäude: mit einem freien Raum umgibt jeder sein Haus, entweder als Mittel gegen Feuerunglück oder aus Ungeschicktheit im Bauen. [3]

Völkerwanderungszeit[]

Auch zum Ende der römischen Eisenzeit (um 200 n.Chr.) hin, gehen die germanischen Stämme nur zögernd zum Wohnen in Städten über. Die Zeit bis 500 n.Chr. (Völkerwanderungszeit) ist noch rein landwirtschaftlich geprägt. Die herrschende Pflugkultur ist noch sehr extensiv, die Bevölkerung nicht sehr zahlreich. Die Wohnplätze liegen als geschlossene Dörfer weit auseinander, oder, wenn sie näher benachbart sind, so sind sie eher klein, d.h. sie bestehen aus Einzelhöfen.

Beide Siedlungsarten, Dörfer wie Höfe, werden bereits von Tacitus genannt, und die Ausgrabungen bestätigten ein noch viel höheres Alter dieser Siedlungsformen. Wie sie sich in das Land geteilt haben, ist jedoch noch nicht restlos zu erkennen. Dabei spielten auch Unterschiede im Gelände eine Rolle. Weite Ebenen, vor allem wenn sie wenig Wasserstellen aufwiesen (z.B. in den größeren Lößgebieten), waren auch damals schon mehr dörflich bewohnt. Kurzwelliges Hügelland, z. B. die Moränenlandschaften am Alpenrand, bedingten eher Kleinsiedelungen.

Einzelhöfe herrschten an den Nordseeküsten, wo die Bewohner für jede Wohnstätte den Baugrund erst durch Aufschütten von Wurten (Warften) schaffen mussten; Einzelhöfe herrschten auch im gesamten nordwestlichen Tiefland vor; z.T. jedenfalls, weil der hohe Grundwasserstand nur kleine Stellen trocknen Bodens übrig ließ... Weiterlesen. [4]

Frühmittelalter[]

Dorf Siedlungsformen RdGA Bd1, Taf.031

Taf. 31: Verbreitung der ländlichen Siedlungsformen im Frühmittelalter (s.a. Dorf)

Die Zustände, die mit dem Frankenreich aufkamen und sich verbreiteten, brachten manche Veränderungen im Siedlungswesen (s.a. Siedlungswesen: Frühmittelalter). Die Bevölkerungselemente, die sich aus der reinen Landwirtschaft herauslösten, wurden zahlreicher, und die Keime städtischer Entwickelung traten deutlicher hervor.

Anfänge städtischer Siedlung[]

Die Mittelpunkte der Verwaltung, die Königspfalzen und Reichshöfe, die Sitze der Grafen und die der Bischöfe wurden Plätze, an denen sich das Gewerbe entwickelte und Mittelpunkte des Handelsverkehrs, wie er in der „Fronhofswirtschaft" zwischen dem Herrenhof und den Stellen der grundhörigen Bauern entstand. Die Höfe schlossen sich vielfach an die alten Wallburgen an, und so wurde die Vereinigung des friedlichen Verkehrs mit dem militärischen Schutz eingeleitet, die für die Städte charakteristisch ist, während die Bischofssitze Kultstätten und Verkehrspunkte vereinigten.

Ländliche Siedlungen[]

Die rein ländlichen Siedlungen lassen - mit Ausnahme der Klöster - die Einwirkungen der fränkischen Grundherrschaft auf die Siedlungsform nicht mit Bestimmtheit erkennen. Die Besiedlung des gerodeten Waldbodens in Mittel- und Süddeutschland erfolgte in Höfen oder Weilern, die dann vielfach nachträglich zu Dörfern heranwuchsen. Die Orte, die jener Zeit zugewiesen werden können, zeigen nirgends die scharfgeprägten Formen der späteren Kolonisationsperiode. Dagegen ist zu vermuten, dass der alte Typus des Haufendorfs mit seiner Gewannflur erst in fränkischer Zeit die volle Ausbildung seiner wesentlichen Züge gefunden hat... Weiterlesen

Hochmittelalter[]

Während des Hochmittelalters (ca. 10. Jhd. bis 1250) ist die Zeit der großen Rodungen und der ostdeutschen Kolonisation ist für die Entwicklung der Ortsformen sehr wichtig. Die planmäßige, von Grundherren verschiedensten Ranges geleitete Ansiedelung prägt sich in den Siedlungsformen weit deutlicher aus als vorher. Die Ansetzung der Siedler geschah meist sofort in Dörfern, und diese Dörfer tragen den Stempel einer bewußten Gründung an der Stirn.

Die Dörfer[]

Echte Kolonisationsanlagen sind vor allem die Reihendörfer, und unter ihnen zeigen wieder die Marschhufendörfer ihren Ursprung am klarsten an. In den Niederlanden gebildet, stellt diese Form das voll ausgebildete System der Marsch- und Sumpfbesiedelung dar. Die Geradlinigkeit der Deiche und Kanäle, die Streifenform der Grundstücke, ergibt sich aus den Bedingungen des Wasserbaus.

Die Waldhufendörfer erscheinen wie eine Übertragung jener Form auf die Waldbesiedelung. Denn sie sind ihrer Art nach auf die Täler beschränkt und versagen in den höheren Teilen des Gebirges den Dienst. So treten denn auch z.B. im böhmischen Massiv zwischen Moldau und Donau in den höheren Lagen Höfe und Weiler auf, während die Täler zur die Moldau hin aus Waldhufendörfern bestanden. [5] In die Alpen haben die Reihendörfer keinen Eingang gefunden.

Die Städte[]

Im Hochmittelalter (von ca. 900 bis 1300) machen sich auch die sonstigen wirtschaftlich-sozialen Veränderungen in den Siedlungsformen deutlich bemerkbar. Insbesondere bildet sich jetzt erst die Stadt als besonderer Typus vollkommen aus. Die getrennten Keime der Stadtentwickelung vereinigen sich. An den Verwaltungszentren steigern sich Gewerbe und Handel. Die religiösen Mittelpunkte (vor allem die Bischofssitze) werden in erhöhtem Maße Verkehrsplätze oder sie werden an solchen Stellen neugegründet.

Die Befestigungen werden in das System dauernder Besiedlung einbezogen, teils indem die alten Volksburgen jetzt von dem Burgherren oder der Mannschaft des Gaus (Reform Heinrichs I.) ständig bewohnt werden, teils indem sich die Verkehrsplätze selbst mit Mauern umgeben. Alles schließt sich zusammen und bildet die Stadt. Während die älteren Städte auf solche Weise allmählich entstehen, finden seit dem 11. Jhd. in wachsender Zahl Neugründungen ganzer Städte in fertiger Form statt... Weiterlesen.

Renaissance[]

Mit dem Aufschwung in Handel und Landwirtschaft zu Beginn des 16. Jhds. wurden neue Kleinbauernstellen geschaffen, darunter z.B. Kötner, Beibauern, Brinksitzer und Heuerlinge. Doch anders als im Hochmittelalter entstanden während dieser ersten frühneuzeitlichen Phase des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums weder neue Dörfer noch große Rodungsfluren. [6]

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Schibe, Adolf: Die fränkischen und alemannischen Siedlungen in Gallien (Internet Archive). Straßburg : Trübner, 1894.
  2. H. Witte in Deutsche Geschichtsblätter - Monatsschrift zur Förderung der landesgeschichtlichen Forschung (Wikisource). (Hrsg. Armin Tille), 1900–1919/1923. Ausgabe 3, 1902 (Internet Archive), 153 ff.
  3. Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung "Die Germania des Tacitus". Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
  4. Deutsche Wirtschaftsgeschichte (Internet Archive). Karl Theodor Ferdinand Michael von Inama-Sternegg, Johann Paul von Inama-Sternegg. Duncker & Humblot, 1909. S. 46 ff.
  5. Alfred Hackel, Die Besiedelungsverhältnisse des oberösterreichischen Mühlviertels (Amazon). 1902. Neuauflage Nabu Press (9. März 2010). ISBN 1147157464. ISBN 978-1147157468.
  6. Hauptmeyer, Carl-Hans: Niedersachsen - Landesgeschichte und historische Regionalentwicklung im Überblick (Land Niedersachsen). Isensee Verlag Oldenburg. Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Hannover, 2004. ISBN 3-89995-064-X. S. 65 f.