Für die Siedlungsformen des Hochmittelalters (ca. 900 bis 1300) ist die Zeit der großen Rodungen und der ostdeutschen Kolonisation bei der Entwicklung der Ortsformen sehr wichtig (s.a. Siedlungswesen: Hochmittelalter).
Beschreibung[]
Während des Hochmittelalters prägt sich die planmäßige, von Grundherren verschiedensten Ranges geleitete Ansiedelung in den Siedlungsformen weit deutlicher aus als vorher. Die Ansetzung der Siedler geschah meist sofort in Dörfern, und diese Dörfer tragen den Stempel einer bewußten Gründung an der Stirn.
Die Dörfer[]
Echte Kolonisationsanlagen sind vor allem die Reihendörfer, und unter ihnen zeigen wieder die Marschhufendörfer ihren Ursprung am klarsten an. In den Niederlanden gebildet, stellt diese Form das voll ausgebildete System der Marsch- und Sumpfbesiedelung dar. Die Geradlinigkeit der Deiche und Kanäle, die Streifenform der Grundstücke, ergibt sich aus den Bedingungen des Wasserbaus.
Die Waldhufendörfer erscheinen wie eine Übertragung jener Form auf die Waldbesiedelung. Denn sie sind ihrer Art nach auf die Täler beschränkt und versagen in den höheren Teilen des Gebirges den Dienst. So treten denn auch z.B. im böhmischen Massiv zwischen Moldau und Donau in den höheren Lagen Höfe und Weiler auf, während die Täler zur die Moldau hin aus Waldhufendörfern bestanden. [1] In die Alpen fanden die Reihendörfer dagegen keinen Eingang.
Gebirgslandschaften[]
Gebirge hatten allein aufgrund ihrer landschaftlichen Gegebenheiten allgemein immer eine Tendenz zu aufgelöster Besiedlung, da es an großen offenen Landflächen fehlt. So werden auch im Hochmittelalter vielfach Einzelhöfe oder Weiler (mitunter sehr planmäßig) von Grundherren angelegt.
Wo Dorfbesiedelung herrscht, ist der Zusammenhang der Wohnungen doch oft gelockert. So finden sich auf der deutschen Seite des Riesengebirges (auf der böhmischen dominieren die Höfe), in größeren Höhen Dörfer, bei denen die Häuser weit auseinander, aber in planmäßig angelegten parallelen Reihen stehen (sog. Baudendörfer).
Andererseits zeigt gerade die Besiedlung der Gebirge den Einfluss der alten Stammestraditionen. In den Ostalpen z.B. behielten die Bayern überall das Hofsystem bei und suchten vorzugsweise die Berghänge dafür auf, während die Franken die Talsohlen mit Dörfern bebauten [2]. Ebenso tritt in Südtirol die deutsche Hofbesiedelung den geschlossenen Dörfern der Italiener gegenüber [3].
Ostdeutsche Kolonisation: Dörfer[]
Im Gebiet der ostdeutschen Kolonisation wurden die Gebirge in der Form von Waldhufendörfern (selten von Höfen), die Sümpfe in der von Marschhufendörfern besiedelt. Bei den ebeneren Teilen des trocknen Landes fanden Runddorf und Straßendorf fast ausschließlich Verwendung. Für beide Formen ist es nicht restlos geklärt, ob sie in letzter Linie slawischen oder deutschen Ursprungs sind.
Die spätere Kolonisation fand sie jedenfalls in den westlichen Strichen des Slawenlandes schon vor; sie nahm sie auf und trug das Straßendorf weit nach Osten. In ihrer ausgeprägtesten Gestalt sind beides offenbar typische Kolonisationsformen. Die echtesten, kreis- und hufeisenförmigen Rundlinge in Sachsen und Mecklenburg sind meist auch durch ihre Namen als Gründungen deutscher Kolonisten gekennzeichnet.
Der echte Rundling und das Straßendorf scheinen ihre streng geschlossene Form dem Bedürfnis des Schutzes in gefährdetem Land zu verdanken. Das Straßendorf macht den Eindruck eines zusammengedrängten Reihendorfes, und die häufig - auch bei den Rundlingen - zu beobachtende fächerförmige Ausstrahlung der Grundstücke von der zentralen Dorfstelle aus weist in dieselbe Richtung.
Die Städte[]
Im Hochmittelalter machen sich auch die sonstigen wirtschaftlich-sozialen Veränderungen in den Siedlungsformen deutlich bemerkbar. Insbesondere bildet sich jetzt erst die Stadt als besonderer Typus vollkommen aus. Die getrennten Keime der Stadtentwickelung vereinigen sich. An den Verwaltungszentren steigern sich Gewerbe und Handel. Die religiösen Mittelpunkte (vor allem die Bischofssitze) werden in erhöhtem Maße Verkehrsplätze oder sie werden an solchen Stellen neugegründet.
Die Befestigungen werden in das System dauernder Besiedlung einbezogen, teils indem die alten Volksburgen jetzt von dem Burgherren oder der Mannschaft des Gaus (Reform Heinrichs I.) ständig bewohnt werden, teils indem sich die Verkehrsplätze selbst mit Mauern umgeben. Alles schließt sich zusammen und bildet die Stadt. Während die älteren Städte auf solche Weise allmählich entstehen, finden seit dem 11. Jhd. in wachsender Zahl Neugründungen ganzer Städte in fertiger Form statt.
Bei ihnen kehrt ein bestimmtes Schema der Anlage mit viereckigem Markt und geraden Straßen, die sich unter rechten Winkeln schneiden, häufig in Altdeutschland und hundertfach im Osten wieder. Da die Übernahme der Formen des römischen Lagers durch die ältere fränkische Kolonisation erwiesen ist, gilt die mittelbare Abstammung dieser schematischen Stadtgrundrisse, die in auffallendem Gegensatz zur sonstigen Regellosigkeit der deutschen Stadtpläne stehen, von der römischen Siedlungsweise als gesichert (s. Stadtanlage).
Entstehung und Gründung[]
Die Entstehung und Gründung der Städte schreitet im Allgemeinen mit der gesamten mittelalterlichen Besiedlung von Westen nach Osten fort. Die Gegenden, auf die sich in karolingischer Zeit die stadtähnlichen Siedlungen hauptsächlich beschränkten - das Donau- und Rheingebiet und besonders die Niederlande - bleiben auch bis ins 13. Jhd. hinein Landschaften, in denen eine besondere Vermehrung der Städte erfolgt.
Es sind zu allen Zeiten die Hauptstraßen des Verkehrs. Im Jahrhundert der Sachsenkaiser (Ottonen) belebt sich dann besonders der große Straßenzug der vom Niederrhein zur Elbe dem Rand der Mittelgebirge folgt. Hier erwächst eine Reihe von Städten: unter anderen Essen, Dortmund, Marsberg (unter der alten Eresburg), Paderborn; dann Hildesheim, Braunschweig, Halberstadt, Quedlinburg und vor allem Magdeburg.
Im eroberten Slawenland entstehen Meißen, Zeitz und einige andere. In Süddeutschland ist die Zahl der jetzt aufkommenden Städte geringer. Doch wird die Donaureihe nach Osten durch die österreichischen Plätze wie Tulln und Krems verlängert, und damit zusammenhängend belebt sich die Brennerstraße, an der nun der Bischofsitz Brixen erblüht. Sonst ist es namentlich der Winkel zwischen Rhein und Donau, der am Main (Würzburg, Bamberg, Rothenburg), weniger am Neckar neue Städte erwachsen sieht.
Ländliche Veränderungen[]
Das 11. Jh. fügt außer einer Vermehrung in den früheren Stadtgebieten Städte in den bisher rein ländlichen Gegenden Hessens, Württembergs und der Ostalpen hinzu. Ferner tritt in den Niederlanden jetzt Flandern stärker hervor (Gent, Antwerpen, Brüssel u.a.). Im 12. und 13. Jh. ist die Gründung von Städten überall stark gesteigert; zu den etwa 150, die vorher bestanden, kommen in diesen beiden Jh. gegen 100O hinzu.
Auch hier erfolgt, wie bei der ländlichen Kolonisation, die Stadtanlage meist mit Hilfe des Unternehmertums sogenannter Lokatoren. In Altdeutschland wird das Netz überall verdichtet, so dass auch die vorher städtearmen Landschaften, wie das Neckargebiet, jetzt reich besetzt werden. Doch sind am Schluß des 13. Jhs. immer noch einige Mittelgebirgslandschaften, wie das rechtsrheinische Schiefergebirge und die Umgebung des Fichtelgebirges, sehr arm an städtischen Siedlungen, und gleiches gilt von den Heidebezirken Nordwestdeutschlands.
Am städtereichsten bleiben die alten Gebiete um die Rheinmündung, die Oberrheinebene und das Alpenvorland. Während des 13. Jhs. lässt hier überall die Städtegründung bereits nach, ohne aber mit dem Schluß des Jhs. schon aufzuhören.
Ostdeutsche Kolonisation: Städte[]
Auch im Gebiet der ostdeutschen Kolonisation setzt mit der allgemeinen Besiedlung eine starke Städtegründung ein. Einzelne Landschaften, wie Brandenburg und Mecklenburg haben schon am Ende des 13. Jh. den größten Teil der Städte, die hier überhaupt erwachsen sind. Auch Posen und Schlesien sind schon reich besetzt.
Dagegen stehen Hinterpommern und Preußen noch weit zurück. Außer Danzig und den ältesten Ordensstützpunkten an der Weichsel - Thorn, Kulm, Marienwerder - bestehen hier noch kaum ein paar verstreute Städte. Erst die folgenden Jahrhunderte vervollständigen das Netz.
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Die Franken, ihr Eroberungs- und Siedelungsystem (Internet Archive). Karl Rübel. Bielefeld, Velhagen (1904).
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 437 ff. (Art. Siedlungswesen, § 144 ff.)
- Bodo Knüll, Historische Geographie Deutschlands im Mittelalter (in Deutsche Digitale Bibliothek). (Breslau, 1903). Reprint Nabu Press (9. März 2010). ISBN 1147155690. ISBN 978-1147155693. S. 143-163.
Einzelnachweise[]
- ↑ Alfred Hackel, Die Besiedelungsverhältnisse des oberösterreichischen Mühlviertels (Amazon). 1902. Neuauflage Nabu Press (9. März 2010). ISBN 1147157464. ISBN 978-1147157468.
- ↑ Alfred Grund, Die Veränderungen der Topographie im Wiener Walde und Wiener Becken (Amazon), Leipzig: Teubner, (1901). ASIN: B003KRLOGE. S. 73 ff.
- ↑ Hermann Reishauer in Zeitschrift des Deutsch-österreichischen Alpenvereins (Wikisource), Ausgabe 35, 1904 (ALO), S. 77 ff.