Mittelalter Wiki
Mittelalter Wiki

Eines der wesentlichen Merkmale für das Siedlungswesen im Hochmittelalter (ca. 900 bis 1300) war die Kolonisation der Ostdeutschen Slawengebiete.

Einleitung[]

Im 11. bis 13. Jh. entstand die deutsche Ostsiedlung: Aufgrund von wirtschaftlichen Interessen siedelten Deutsche in slawisch und baltisch bewohnten Gebieten östlich der Elbe und Saale, sowie in der Steiermark und Kärnten. Dadurch wurden Sprache und Kultur nach Osten ausgedehnt.

Zwischen 1039 und 1056 wurden Böhmen und Ungarn unter Kaiser Heinrich III. (HRR) zu Reichslehen. Gegen die Pruzzen rief Polen (Herzog Konrad I. von Masowien) im Jahr 1225 den Deutschen Orden zu Hilfe. Dieser gründete dort einen eigenen Staat, dem Kurland, Livland und Estland angegliedert wurden. [1]

Beschreibung[]

Der regen Kulturarbeit im Siedlungswesen des Hochmittelalters auf dem Boden des ehemaligen Ostfrankenreiches stand die gewaltige Ausbreitung der deutschen Kultur nach Osten hin zur Seite. Die Eroberung des Slawenlandes ging in ihren Anfängen auf Karl den Großen (747-814) zurück. Im Allgemeinen sich damit begnügend, die Slawen in Schach zu halten, ging er in Oberfranken und in Österreich zur tätigen Kolonisation über.

In Österreich saßen die Slawen in geringer Zahl nur am Rande der Alpen und des böhmischen Massivs; nicht nur die Gebirge selbst, sondern auch die fruchtbaren Ebenen hatten sie freigelassen. Nach Besiegung ihrer Herren, der Awaren, durch Karl wurden nun die Ebenen mit bayerischen Kolonisten besiedelt. Doch vernichteten die Ungarnstürme bald darauf das Werk.

Ottonenzeit[]

Erfolgreicher war diese Kolonisation unter den Sachsenkaisern der Ottonenzeit (919-1024). Sie gewann mehrere Landschaften dauerhaft. In Österreich, Steiermark und Kärnten, knüpfte die, abermals bayerische Besiedlung an die Reste der karolingischen Zeit an. Später kamen mit den Babenbergern auch fränkische Elemente ins Land, deren Ausbreitung wiederum an den Ortsnamen auf -dorf im Gegensatz zu dem bayrischen -ing zu erkennen ist.

Im Gebiet zwischen Saale und Elbe hatten sich die Slawen in größerer Zahl angesiedelt. Die waldfreien Flächen waren von ihnen in Besitz genommen, während die Wälder ungerodet, aber vielleicht nicht ganz unbesiedelt blieben. Hier drangen die Deutschen schon seit dem Beginn des 9. Jhd. unter dem Wettiner Otto dem Erlauchten erobernd vor.

Unter Otto I. (HRR) wurden auch die Gebiete von Brandenburg und der Altmark hinzugefügt. Doch kam die deutsche Besiedlung noch wenig zur Kulturarbeit. Eine erneute rege Kolonisationstätigkeit, die sich im Wesentlichen auf die gleichen Gegenden erstreckte, brachte die Zeit der salischen Kaiser, vor allem Heinrichs III.

Städtebildung[]

Doch waren dies alles erst Vorstufen der großen ostdeutschen Kolonisation, die im Hochmittelalter, Mitte des 12. Jhds., einsetzt. Diese bedeutungsvolle Bewegung, die den Umfang des deutschen Wohngebiets auf das Doppelte erweiterte, brachte zugleich in kurzer Zeit die gesamten Errungenschaften der Siedelungstechnik in das Neuland hinein.

Mit der Eroberung des offenen, von den Slawen bewohnten Landes setzte sofort auch der Ausbau von Wald und Sumpf mit aller Kraft ein. Die seit dem 10. Jhd. neu entstandene Siedlungsform der Städte wurde in mehrhundertfacher Vervielfältigung in das Land hineingebracht. Bald erschloß auch ein reger Bergbau neue Quellen wirtschaftlichen Gedeihens.

Die Bewegung erfaßte das gesamte deutsche Volk; alle Stämme nahmen an ihr teil, jeder Stand wirkte auf seine Weise mit. Eine starke Bevölkerungszunahme, die trotz der gesteigerten Binnenkolonisation nicht genügenden Raum fand, trieb viele Menschen gen Osten; Unternehmungsgeist an den leitenden Stellen schaffte lockende Aussichten.

Slawische Initiativen und deutsche Unternehmer[]

Auch die Fürsten der Slawen selbst beteiligten sich an dem Werk, indem sie zum eigenen Vorteil deutsche Kolonisten ins Land riefen, da sie im eigenen Volk keine geeigneten Kräfte fanden. Deutsche Bauern, Bergmänner und Kaufleute gelangten auf diese Art weit über die Grenzen des geschlossenen Volksgebiets nach Polen, Siebenbürgen und Bosnien hinein.

Die Ansiedelung erfolgte dabei großenteils durch Vermittelung von sog. locatores, d. h. Unternehmern, die sich von einem Territorialherren Land anweisen liessen und die nötigen Kolonisten auf eigene Rechnung herbeiholten. Dieses Unternehmertum trat schon beim Ausbau der Binnenkolonisation seit dem 12. Jhd. hervor.

Bei der Besiedelung der Bremer Marschen im Jahr 1106, der sog. Hollerkolonisation, waren die 6 Holländer, die den Vertrag mit dem Erzbischof Friedrich I. von Bremen schlossen, ebenfalls solche Unternehmer. Auch bei der Gründung der Stadt Freiburg im Breisgau durch Konrad von Zähringen (1120) spielten Unternehmer (lat. mercatores personati) eine Rolle. [2] In Ostdeutschland wird ihre Mitwirkung sowohl bei Dorfanlagen wie bei Städtegründungen zur Regel.

Deutsche Initiativen[]

War auch die Kolonisation des Ostens eine gesamtdeutsche Kulturtat, so wurden doch naturgemäß die östlichen Grenzmarken des alten Reiches Vorzugsweise die Basis der Unternehmung. Vor allem saßen hier die Fürsten, die sie anregten und leiteten: die Babenberger, Albrecht der Bär, Heinrich der Löwe, Adolf II. von Holstein u.a. Das Niederrheingebiet und die Niederlande, die seit dem Aufkommen der Frankenmacht mehr oder weniger das kulturelle Aktionszentrum geblieben waren, behielten aber auch jetzt eine besondere Bedeutung.

Von hierher kam die größte Menge der Ansiedler; von hierher kamen vor allem die in der Sumpfbesiedelung erfahrenen Holländer und Fläminger, um im Weichseldelta und in zahlreichen binnenländischen Sümpfen ihre Wirksamkeit zu entfalten. Hier hatte die Organisation des Zisterzienserordens, der gerade im Osten besonders tätig war, ihren Ausgangs- und Mittelpunkt.

Räumlicher Verlauf[]

Der räumliche Verlauf der ostdeutschen Kolonisation und ihr Erfolg für die Besiedlung stehen in engem Zusammenhang mit der Bodengestalt, die an einigen Stellen das Vorschreiten der Bewegung begünstigte, an anderen es hemmte. Im Süden leitete die Donau die Wanderung deutscher Siedler bis weit nach Südosteuropa hinein. Ein zweiter Weg kräftigen Vordringens lag am Nordrand der Mittelgebirge, wo schon vorher die Kolonisation das Land bis zur Elbe gewonnen hatte.

In Schlesien waren es slawische Fürsten deutscher Erziehung, die mit Eifer das Werk betrieben und zahlreiche deutsche Bauern - wohl meist durch Vermittlung des thüringischen Klosters Pforta - herbeiriefen. Den Deutschen fiel auf dieser ganzen Linie vorzugsweise die Rodung der Gebirgswälder zu. Hier entstanden zahlreiche deutsch benannte Rodedörfer, während die slawischen Ortsnamen im Allgemeinen die ursprünglich offenen Strecken anzeigen.

Im Norden erfolgte von den altsächsischen Gebieten aus die Besiedelung von Brandenburg und den westlichen Ostseeländern bis nach Hinterpommern hinein. Pommerellen blieb jedoch als Slawenland bestehen und erst in Preußen setzte wieder mit den Ordensrittern eine, nun ganz besonders tatkräftige und planvolle Besiedelung ein. Den Deutschrittern, die von Süden her ins Land kamen und in Thorn zuerst Fuß faßten, gesellten sich Ansiedler bei, die zur See nach Preußen gelangten. An den Küsten trug dann die Hanse durch Städtegründungen die deutsche Kultur weit nach Osten.

Germanisierung[]

Zwischen diesen Wegen der stärksten Ausbreitung der deutschen Siedler dominierte allerdings keine Germanisierung. In Böhmen erhielten die Slawen ihre Selbständigkeit. Die Ansiedlungstätigkeit der Deutschen, die auch hier in großer Zahl durch die einheimischen Fürsten herbeigerufen wurden, beschränkte sich auf die Rodung in den großen Waldungen, die den böhmischen Kessel von allen Seiten einrahmten, auf Ausbeutung der Mineralschätze und Stadtgründungen.

Die Rodungen nahmen im Westen ihren Anfang, wobei vor allem die Zisterzienserabtei Waldsassen eine sehr lebhafte Tätigkeit entfaltete. In den Sudeten folgten sie später und mit geringerer Intensität. Im Tiefland blieb zwischen der Ausbreitungsrichtung, die dem Nordrand der Mittelgebirge folgte und der sich an die Küste anschließenden im Osten das Land Posen liegen. Auch hier fehlte nicht der Einfluss deutscher Besiedlung, aber Fürsten und Volk blieben slawisch.

Verwandte Themen[]

Navigation Siedlungswesen
Siedlungswesen (Hauptartikel)  •  Altertum (Geographie, Waldflächen)  •  Eisenzeitliche Veränderungen (Römische Eisenzeit)  •  Überblick bis zur Völkerwanderungszeit (Geographie)  •  Frühmittelalter (Geographie)  •  Hochmittelalter (Geographie)  •  Flussnamen  •  Küstenveränderungen  •  Ortsnamen
Siedlungsformen (Hauptartikel)  •  Dorf  •  Einzelhof  •  Haufendorf  •  Hauswesen  •  Hofstelle  •  Reihendorf  •  Runddorf  •  Stadt  •  Straßendorf  •  Weiler
Englisches Siedlungswesen  •  Angelsächsische Eroberungen  •  Benutzung römischer Plätze  •  Entstehung der englischen Nation  •  Geschichtliche Quellen  •  Größe und Form der Siedelungen  •  Sippenverbände  •  Verteilung der Bevölkerung
Kategorien: Siedlungswesen (Hauptkategorie)  •  Bauwesen  •  Bauwerk  •  Hauswesen  •  Siedlungsform

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Geschichtsbaum Deutschland. National Geographic Deutschland. Britta Orgovanyi-Hanstein. Candor-Verlag, 2006. ISBN 3200005572, ISBN 9783200005570.
  2. Die Entstehung des deutschen Städtewesens (Internet Archive). Karl Hegel. Leipzig : Hirzel, 1898. Reprint: Nabu Press (8. Oktober 2011). ISBN 1247986004. ISBN 978-1247986005