Mittelalter Wiki
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Sonnenuhren waren im Mittelalter ein weitverbreiteter Typus der Uhr. Häufig fand man sie z. B. an Kirchen zur Anzeige der Gottensdienstzeiten. Ihr Nachteil ist, dass sie nur für den Lichttag verwendet werden können.

Beschreibung[]

Die Sonnenuhren des Mittelalters waren meist recht einfach eingerichtet und daher in der Regel sehr ungenau. Die üblichste Form der Sonnenuhr ist jedoch folgende: Auf einer Scheibe, die parallel zum Äquator, also parallel zur Erdachse, aufgestellt ist, wird im Mittelpunkt ein vertikaler Stab (Gnomon) errichtet. Von diesem Stab aus wird eine gerade Linie, dem Meridian des Ortes entsprechend, an welchem die Sonnenuhr aufgestellt ist, zum Mittagspunkt hin gezogen.

Von hier aus wird die Peripherie der Scheibe in 24 gleiche Teile, den einzelnen Stunden entsprechend, geteilt. Dann werden vom Gnomon aus gerade Linien hin zu diesen Teilpunkten gezogen. Diese Linien schneiden sich alle in einem Winkel von 15 Grad. Das Zusammenfallen des vom Gnomon geworfenen Schattens mit einer dieser Linien bestimmt die Stunde. Natürlich können durch weitere Einteilung der Peripherie auch die Teile der Stunde bestimmt werden.

Uhren für ungleiche Stunden[]

Diese einfachen Sonnenuhren konnten natürlich lediglich die gleichlangen Stunden (horae aequales) angeben, so wie wir sie auch heute kennen, nicht jedoch die ungleichen Stunden (horae inaequales), von welchen nach römischer Sitte je 12 auf den Lichttag und die Nacht entfielen, und ebensowenig die Stunden, welche in ihrem Beginn vom Aufgang oder Untergang der Sonne abhängig waren, wie z. B. die sogenannte italienische oder böhmische Uhr.

Es gab allerdings auch Sonnenuhren, welche die ungleichen Stunden angeben konnten. Die einfachste Form war folgende: Im Mittelpunkt einer nach oben offenen hohlen Halbkugel mit horizontaler Schnittfläche wurde eine schattenwerfende kleine Spitze angebracht. Der Schatten dieser Spitze beschrieb täglich auf der inneren Seite der Hohlkugel einen Kreisbogen. Teilte man diesen Kreisbogen in 12 Teile, so gab der auf diese Teilpunkte fallende Schatten die ungleichen Stunden des Tages an.

Diese Konstruktion wurde nun im Innern der Sonnenuhr für die beiden Äquinoktien und die beiden Solstitien ausgeführt, wodurch man, da die beiden Äquinoktialkreise zusammenfallen, drei zwölfgeteilte Kreisbögen erhielt, deren Teile untereinander ungleich waren. Verband man nun diese Teilpunkte ihrerseits wieder durch Kreisbögen, so wurden die ungleichen Stunden an jedem Tag dadurch bezeichnet, dass der Schatten der Spitze auf eine dieser Verbindungslinien fiel. Das Wesentlichste an dieser Art von Sonnenuhren war, dass der schattenwerfende Körper kein Stab, sondern eine kleine Spitze war.

Tragbare Sonnenuhren[]

In der Antike wie im Mittelalter gab es auch kleine, tragbare Sonnenuhren, von denen einzelne auch erhalten sind. Der horae aequales und der Sonnenuhren bedienten sich im Mittelalter wie bei den Römern jedoch fast nur die Astronomen. In vielen Kalendarien wurde für jeden Monat (natürlich in sehr einfacher Weise) die Länge des Tages und der Nacht nach horae aequales angegeben, woraus sich die jedesmalige Länge der horae inaequales in horae aequales berechnen ließ.

Geschichtliches[]

Sonnenuhren waren bereits bei den Sumerern, Babyloniern und auch im chinesischen Altertum bekannt. Die Griechen wurden laut Herodot und Diogenes Laertios [1] durch Anaximander (um 610-547 v. Chr.) mit diesen Geräten bekannt, obwohl nach Plinius [2] erst sein Schüler Anaximenes (ca. 585-524 v. Chr.) die erste Sonnenuhr in Griechenland konstruiert haben soll. Über die spätere Entwicklung der Sonnenuhr im Altertum belehrt ein Bericht des Vitruv [3] [4].

Frühmittelalter[]

Im Frühmittelalter werden Sonnenuhren und Schriften darüber im Abendland wenig erwähnt, häufiger waren sie bei den Arabern. Die ältesten Sonnenuhren in Mittel- und Nordeuropa finden sich in England und Irland; die älteste ist die auf einem Kreuz von Bewcastle in Cumberland, die etwa aus dem Jahre 670 stammt. [5]

In Deutschland errichtete Gerbert von Aurillac (als Papst Sylvester II.), der auch ein Buch De Horologio per Umbram describendo schrieb, für seinen Zögling Otto III. im Jahre 996 in Magdeburg eine Sonnenuhr [6].

Hochmittelalter[]

Im 11. Jhd. schrieb dann auch Hermann von Reichenau (1013-1054) über Sonnenuhren. Von einer Sonnenuhr aus dem 12. Jhd. sollen sich Reste an der Peterskirche zu Erfurt finden.

Spätmittelalter[]

Im späteren Mittelalter brachte man vielfach an Burgen und besonders an Kirchen Sonnenuhren an. In diesem Fall stand die Scheibe, auf welcher die Stundeneinteilung aufgezeichnet ist, vertikal und der Gnomon in einem Winkel von 45 Grad zu ihr. Von solchen Sonnenuhren sind ziemlich viele erhalten, jedoch in Deutschland keine vor dem 15. Jhd.

Seit dem 15. Jhd. aber fanden die Sonnenuhren eine weite Verbreitung und es erwuchs eine reiche Literatur über diese. Die älteste Abhandlung über Sonnenuhren stammt von dem berühmten Johannes Regiomontanus (1436-1476) aus Königsberg in Franken; sie erschien 1476 in Venedig und wurde in seinem erschienenen Kalendarium veröffentlicht.

Galerie[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Herodot II 109; Diogenes Laertios, Lib. II 1, 3
  2. Plinius, Die Natugeschichte des Cajus Plinius Secundus (Internet Archive). Plinius der Ältere (um 77 n.Chr.). Ins Deutsche übersetzt und mit Anmerkungen versehen: Wittstein, Georg Christian; Tippmann Collection. Leipzig : Gressner & Schramm, 1881. Lib. II, 78
  3. Vitruv IX 9 (8) I
  4. Drecker, Josef: Über Gnomone und Sonnenuhren (Aachen 1909). S. 1
  5. Cook, Anders A. S.: The Date of the Ruthwell and Bewcastle Crosses; New Haven, Conn. 1912. S. 89 f. Er verlegt das Kreuz und die Sonnenuhr ins 12. Jhd.
  6. Thietmar von Merseburg VI 61 in den Mon. Germ. V p. 835, 21