Des Sonnenzirkels bzw. Sonnenzyklus (Cyclus solaris) und der dazugehörigen Sonntagsbuchstaben bediente man sich im Mittelalter im Rahmen der Osterrechnung zur Bestimmung des Wochentages eines gegebenen Datums.
Beschreibung[]
Der Sonnenzirkel funktionierte nach folgendem Prinzip:
- Ein Gemeinjahr enthält 52 Wochen + 1 Tag, ein Schaltjahr 52 Wochen + 2 Tage;
- der Anfangstag eines Jahres rückt daher nach einem Gemeinjahr um 1 Wochentag, nach einem Schaltjahr um 2 Wochentage, gegen den des vorhergehenden Jahres vor;
- erst nach 7x4 = 28 Jahren fällt jedes Datum wieder auf denselben Wochentag.
Einen solchen Zeitraum von 28 Jahren nennt man Sonnenzirkel oder Sonnenzyklus. Ein solcher Sonnenzirkel läuft nun in ununterbrochener Folge durch die ganze Zeitrechnung; man bezeichnet seine Jahre durch fortlaufende Nummern von 1-28, ohne die Zyklen selbst zu zählen. Als Anfangsjahr für den ersten Zyklus nahm man im Abendland das Jahr 9 v. Ch. Um den Sonnenzirkel eines Jahres zu finden, addiert man daher 9 zu der Jahreszahl und dividiert durch 28. Der Rest gibt den Sonnenzirkel; bleibt kein Rest, so ist der Sonnenzirkel 28.
Tagesbuchstaben[]
Man teilt nun weiter die Tage des Jahres vom 1. Januar ab in Perioden von je 7 Tagen und bezeichnet jeden dieser 7 Tage der Reihe nach mit den Buchstaben A, B, C, D, E, F, G, so dass der 1. Januar den Buchstaben A, der 7. den Buchstaben G, der 8. wieder den Buchstaben A erhält.
Diese Buchstaben heißen Tagesbuchstaben (im Mittelalter Litterae calendarum). Derjenige Tagesbuchstabe, welcher in einem gegebenen Jahr auf einen Sonntag fällt, heisst Sonntagsbuchstabe (Littera dominicalis) dieses Jahres, weil alle mit diesem Buchstaben bezeichneten Tage dieses Jahres Sonntage sind. Kennt man den Sonntagsbuchstaben, so kann man daraus mit Leichtigkeit den Wochentag jedes Datums berechnen.
Schalttag[]
Der Schalttag (24. Februar), vgl. Zeitmessung, erhielt denselben Tagesbuchstaben wie der darauffolgende Tag, nämlich F. Es behielten mithin nach römischer Zählweise auch im Schaltjahr alle Tage den ihnen zukommenden Buchstaben. Der Sonntagsbuchstabe musste sich dagegen im Schaltjahr nach dem Schalttag notwendigerweise nach hinten verschieben; jedes Schaltjahr hatte daher zwei Sonntagsbuchstaben, von denen der im Alphabet spätere vom 1. Januar bis zum 24. Februar, der frühere vom 25. Februar bis zum 31. Dezember galt.
Tabelle für Sonntagsbuchstaben[]
Die Sonntagsbuchstaben entsprachen genau den Jahren des Sonnenzirkels, und zwar nach folgender Tabelle:
Sonnen- zirkel |
Sonntags- buchstabe |
Sonnen- zirkel |
Sonntags- buchstabe |
---|---|---|---|
*1 | G F | 15 | C |
2 | E | 16 | B |
3 | D | *17 | A G |
4 | C | 18 | F |
*5 | B A | 19 | E |
6 | G | 20 | D |
7 | F | *21 | C B |
8 | E | 22 | A |
*9 | D C | 23 | G |
10 | B | 24 | F |
11 | A | *25 | E D |
12 | G | 26 | C |
*13 | F E | 27 | B |
14 | D | 28 | A |
Das Zeichen * bezeichnet die Schaltjahre.
Das Prinzip der Tages- und Sonntagsbuchstaben ist sehr alt; bereits die römischen Steinkalender aus der Zeit des Augustus (27 v. Chr.–14 n. Chr.) [1] enthalten die Tagesbuchstaben, deren Zahl natürlich, da sie auf das Nundinum (einen neuntägigen Zeitraum) berechnet sind, (mit einer Ausnahme) nicht 7, sondern 8 beträgt. Es muss daher auch etwas den Sonntagsbuchstaben Analoges gegeben haben. Um so auffallender ist es, dass diese von dem berühmten Geschichtsschreiber Beda Venerabilis (672-735) z. B. nicht erwähnt werden.
Verwandte Themen[]
Jahreskreis Navigation |
---|
Jahreskreis (Hauptartikel) • Abend • Aberglaube: Zeiten und Pflege • Datierung • Festzeiten • Germanische Zeitrechnung • Gregorianischer Kalender • Heilige Zyklen • Immerwährender Kalender • Jahreskreis der Kelten • Jahreszählung • Jahreszeiten • Julianischer Kalender • Kalender • Monate • Mondkalender der Kelten • Ostertafel • Runenkalender • Sonnenfeste • Sonnenzirkel • Sonntagsbuchstaben • Tag • Tageszeiten • Uhr • Woche • Wochentage • Zwölfte • Zeitmessung |
Hauptkategorie:Jahreskreis • Kategorie:Lebensweise im Mittelalter • Kategorie:Volksglaube |
Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 203 f.
Einzelnachweise[]
- ↑ Corpus inscriptionum Latinarum I 2 p. 210 ff.