Das Spätmittelalter in Europa erstreckte sich von ca. 1250 bis ca. 1500. Diese Epoche des Mittelalters war der "Herbst des Mittelalters", nach dem Scheitern der klassischen Kaiseridee. Es war die Zeit des aufsteigenden Bürgertums der Städte und der Geldwirtschaft. Es mündet in der Renaissance, der Übergangsepoche zur frühen Neuzeit.
Allgemeines[]
Um 1300 breiteten sich Hungersnöte und Seuchen aus, so z.B. die große Hungersnot 1315 bis 1317 und der Schwarze Tod 1347 bis 1353. Sie reduzierten die Bevölkerung auf etwa die Hälfte. Soziale Erhebungen und Bürgerkriege führten in Frankreich und England zu schweren Volksaufständen, und zwischen diesen beiden Staaten brach der Hundertjährige Krieg aus.
Am Ende der Kreuzzüge (1095 bis 1291) war das Byzantinische Reich zu einer unbedeutenden Regionalmacht herabgesunken, der Islam herrschte nach seiner Expansion über das Gebiet von Spanien bis Zentralasien. Der 200 Jahre dauernde Konflikt hatte die Kriegsführung und auch die Gesellschaft verändert.
Die Verlierer jener Ära waren vor allem die Lehnsherren und das Rittertum. Doch auch Papsttum und Kaisertum mussten Autorität einbüßen. Die Gesamtheit dieser Ereignisse wird oft auch Krise des Spätmittelalters genannt, wenngleich dieses Modell inzwischen umstritten ist. [1]
Gesellschaft[]
Die Pest bewirkte nicht nur Bevölkerungsverlust, sondern auch Preisverfall des Getreides und der Böden. Das schwächte den niederen Adel und Großgrundherrschaften entstanden. Auch Judenprogrome nahmen zu. Die Aufstände führten zudem zu einem Wandel der Sozialstrukturen, die das Rittertum zugunsten des Bürgertums schwächten und in der katholischen Kirche einige Reformbewegungen auslösten. Am Ende des Mittelalters war der Adel die führende Schicht in Staat, Gesellschaft und Kirche. Er besteht aus dem Hochadel (ca. 50 regierende Dynastien), dem niederen Adel (Reichsritter, einem Landesherren und unterworfener Adel) oder dem durch Verdienst oder aus dem Bürgertum aufgestiegenen Amts- und Briefadel.
Geisteswissenschaften[]
Das 14. Jh. war auch eine Zeit des künstlerischen und wissenschaftlichen Fortschritts. Die Wiederentdeckung der Texte des alten Griechenlands und Roms führten zur Renaissance, der „Wiedergeburt“ des antiken Geisteslebens und seiner Rezeption. Diese Entwicklung hatte schon mit dem Kontakt zu den Arabern während der Kreuzzüge begonnen und sie beschleunigte sich mit der Eroberung Konstantinopels durch das Osmanische Reich, vor der viele byzantinische Gelehrte in den Westen, insbesondere nach Italien, flohen.
Auch die Erfindung des Buchdrucks hatte enormen Einfluss auf die europäische Gesellschaft. Sie erleichterte die Verbreitung des Geschriebenen und demokratisierte das Lernen, eine wichtige Voraussetzung für die spätere protestantische Kirchenreformation.
Kirche[]
Die Einheit der christlichen Kirche wurde durch das große Abendländische Schisma erschüttert: Die Wahl eines eigenen Papstes durch den französischen König führte zur Spaltung der Kirchführung (Exil von Avignon), die erst auf dem Konzil von Konstanz 1414-1418 beigelegt werden kann. Auf diesem Konzil wird der böhmische Reformator Jan Hus trotz Zusage des freien Geleits verbrannt, was wiederum die die Hussitenkriege in Böhmen auslöst.
Kunst[]
Die Kunst des Spätmittelalters war geprägt von der kulturellen Epoche der Gotik, die seit dem 12. Jh. die Romanik (ca. 950-1250) in Kunst (Malerei) und der Architektur abgelöst hatte. Der gotische Stil dauerte bis zum Ende des Spätmittelalters um 1500 an und war in der Baukunst geprägt von Spitzbögen und Kreuzgewölben.
Mit Errichtung der großen Sakralbauten entstanden zudem Bauhütten, die Planung, Handwerk und Kunst vereinten.
Zu Beginn des Spätmittelalters, am Ende des 13. Jhds., bildeten Minnedarstellungen vorherrschend einen Lieblingsgegenstand in der Kunst. [2]
Staatswesen[]
Kaiser Karl IV. von Luxemburg (1346-1378) aus dem Adelsgeschlecht der Luxemburger machte Böhmen zum Kernland des Heiligen Römischen Reiches. Es folgte eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit; in Prag entstand die erste Universität des Reiches. Mit der Regelung zur Königswahl unterband er den "Verkauf" des Kaisertitels, wie bei Cornwall und Kastillien zu sehen war.
Die "Goldene Bulle" verhinderte die Doppelwahlen und blieb bis 1806 gültig. Das stärkte das Reich, aber auch die Stellung der sieben Kurfürsten Das waren die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen. Bei jeder Wahl mussten die Kandidaten den Kurfürsten neue Zugeständnisse machen.
Hoher Adel, Klerus und Reichsstädte beraten den König an "Hoftagen", daraus entwickelte sich ab dem 12. Jh. der "Reichstag", der ab 1489 ein verstärktes Mitspracherecht in der Reichspolitik gewann. Er bestand aus 3 Kollegien, die nur in Übereinstimmng ein Gesetz beschließen durften: Das Kurfürstenkollegion, der Reichsfürstentrat (übrige Fürsten, reichsunmittelbare Grafen und Prälaten) und das Reichsstädtekollegium, zusammenfassend: die Reichsstände.
Bedeutendster Kurfürst ist der Erzbischof zu Mainz, er leitet die Kaiserwahl, das Direktorium des Reichstages und ist der Leiter der Reichskanzlei. In den Territorien bilden der niedere Landadel und Klerus sowie Städte die Landstände. Beide, Reichstag und Landtag bestimmen die Steuern für Staat und Heer, im Gegenzug verlangen sie vom Herrscher die Festigung ihrer Rechte und Unabhängigkeit.
Städte[]
Im 14. Jhd. erstarkten die Städte, begünstigt durch das Aufblühen des Fernhandels und des örtlichen Gewerbes. Viele bedeutende Städte in Norddeutschland schlossen sich der Hanse an. Bestimmendes Element war in allen Städten das großbürgerliche Patriziat. Fast überall drängten auch die Handwerkerschichten auf Mitbeteiligung an der politischen Macht, was teilweise zu schweren sozialen Spannungen führte. [3]
Kriegswesen[]
Reisläufer nach Schweizer Vorbild, später auch Pikeniere genannt, d.h. Soldaten zu Fuß als Träger langer Spieße (Piken) und Hellebarden veränderten die Kriegstaktik, durch die Panzerreiter nach Art der Ritter zum Auslaufmodell wurden. Denn mittels der langen Spieße konnten Ritter leicht vom Pferd geworfen werden. Immer öfter konnte so nichtadeliges Fußvolk statt Rittern Schlachten entscheiden. Am Ende des Spätmittelalters lebte der Ritter alten Typs nur noch in Turnieren fort, die Kaiser Maximilian I. förderte und damit sich den Ruf eintrug, der letzte Ritter zu sein.
Wirtschaft[]
Im 15. Jh. läutet das Bankwesen und Kreditwesen den Frühkapitalismus ein. Das führt zur Ballung großer Vermögen und zur Entstehung von Handelsgesellschaften. Darin sind u.a. die Familie Fugger und Welser führend.
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Geschichtsbaum Deutschland. National Geographic Deutschland. Britta Orgovanyi-Hanstein. Candor-Verlag, 2006. ISBN 3200005572, ISBN 9783200005570.
Dieses Dokument basiert in seiner ersten oder einer späteren Version auf dem Artikel „Spätmittelalter“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 8. Jun. 2012 und steht unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |
Einzelnachweise[]
- ↑ Vgl. dazu die Beiträge von Walter Buckl (Hrsg.), Das 14. Jahrhundert. Krisenzeit. Regensburg 1995.
- ↑ Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich von. Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Internet Archive). Band 1-10 : nach gleichzeitigen Originalen. Frankfurt am Main : H. Keller, 1879. Bd. III, S. 3, Tafel 145 A.
- ↑ Dieter Brosius, Niedersachsen – Geschichte im Überblick (Land Niedersachsen). Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung Hannover. Unveränderter Nachdruck der 6., erweiterten Auflage, Hannover 1993. S. 18