Mittelalter Wiki
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Unter Spuk versteht man sowohl die Gespenstererscheinungen, das unheimliche Treiben übernatürlicher Wesen, besonders Toter, als auch diese Wesen selbst.

Allgemeines[]

Sagen und Geschichten über Spuk finden sich reichlich im Volksglauben vieler Kulturen. In den Überlieferungen Mittel- und Nordeuropa erschienen die Toten entweder freiwillig oder wurden von den Menschen gerufen. Sie zeigten sich fast durchweg in menschlicher Gestalt, aber außergewöhnlich groß und stark, und waren mit menschlicher Stimme begabt.

Wenn der Tote freiwillig wiederkehrte, so kam er entweder allgemein menschlichen Pflichten nach oder er stiftete Unheil (Böser Spuk). Den Spuk trieben sie meist nachts an ihrem Grabhügel oder in dem Gehöft, wo sie zuletzt gelebt und gewirkt hatten, und dann besonders im Winter zur Julzeit, während mit aufsteigender Sonne der Spuk aufhörte. Eigentümlich war den erweckten Toten die prophetische Gabe und außergewöhnliches Wissen, weshalb sich lebende Wesen an sie wendeten; davon berichten sowohl mehrere eddische Dichtungen als auch die Islandsagas.

Etymologie[]

Das Wort 'Spuk' drang erst in frühneuhochdeutscher Zeit (1350 bis 1650) aus dem Niederdeutschen (spook n.) in die hochdeutsche Schriftsprache. In seiner Doppelbedeutung finden sich das ahd. gispanst f., gispensti ntr. (zu ahd. spanan - 'locken, reizen') und ahd. gitroc, asächs. gidrog n. (zur adg. Wurzel *dhrugh- 'schaden'), wozu sich das anord. draugr gesellt, das allerdings nur als Bezeichnung für wiederkehrende Tote (Wiedergänger) gebraucht wird.

Ihr Auftreten heißt anord. aptrganga, nach dem das neuisl. apturgóngur - 'Wiedergänger' gebildet ist (dän. gjenganger, schwed. gengångare). Daneben begegnet, meist mit aptrganga gepaart, reimleikar für das Treiben der Gespenster. Mehrfach wird der Spukgeist auch als troll oder dolgr bezeichnet, in christlicher Zeit als óhreinn andi.

Literarische Quellen[]

Spukgeschichten aus alter Zeit finden sich in reicher Zahl in den Dichtungen der Edda und den Isländersagas.

Die Edda[]

In der eddischen Dichtung schlug z.B. Sigrún im zweiten Lied von Helgi dem Hundingstöter (Helgakvidha Hundingsbana önnur) für sich und den toten Helgi das gemeinsame Lager auf, nachdem er ihr mit seinen Wunden auf seinem Grabhügel erschienen war.

In Baldrs draumar erweckte Odin eine Völve wegen ihrer prophetischen Gabe, um sich von ihr die Träume Baldrs deuten zu lassen und im Hyndluliodh erweckte Freya aus demselben Grund die Hyndla, um von ihr das Geschlecht ihres Günstlings Óttar zu erfahren. Im Grogaldr ist es Svipdagr, der seine verstorbene Mutter Gróa herbeiruft, um sich von ihr sein Lebensglück und seinen Lebensweg vorschreiben zu lassen.

Islandsagas[]

In den Isländersagas erschienen die Toten zwar ebenso meist in menschlicher Gestalt, doch es gibt auch Gegenbeispiele, wie z.B. die Laxdaela saga (42), in der der ertrunkene Thorsteinn als Seehund erschien. Die Grettis saga Ásmundarsonar (134) und auch die Eyrbyggja Saga (124) erzählen vom Auftauchen der Toten am vormaligen Gehöft oder ihrem Grabhügel in der Nacht. Überwiegend waren es Männer, die nach ihrem Tode spukten. Daneben begegnen aber auch Frauen, wie z.B. die Zauberin Gróa in der Vatnsdœla saga (Fornaldarsögur) oder Thorbjörg Katla und Thorgrima in der Harðar saga og Hólmverja [1].

Die Eyrbyggja Saga (189) erzählt von der toten Thorgunna, die ihr eigenes Leichenmahl bereitete und auch der ertrunkene Thóroddr nahm mit seinen Gefährten am eigenen Erbmahl teil (193). In der Svarfdœla saga (68) besuchte Klaufi noch nach seinem Tode seine Geliebte Yngvild und forderte später seine Verwandten auf, ihn zu rächen; auch nahm er selbst am Kampf gegen seine Mörder teil.

In der Fornmanna-Sögur (IV 27, 29 f.) verkündet der verstorbene Óláfr Geirstaðarálfr als prophetischer Tote dem Hrani zukünftige Dinge und übergab ihm Schwert und Helm. Böse Spukgeister verknüpfen diese Prophetie mit einem Fluch, so z.B. der Knecht Glámr in der Grettis saga (136), als ihn Grettir besiegte, oder der draugr Sóti, als ihm Höðdr den Ring entwunden hatte [2]. In den mythischen Sagas spenden diese Toten nicht selten Gaben, die dann besondere Kraft besitzen und auch Geld, das sich in ihren Hügeln befindet. So übergab z.B. Angantyr in der Hervarar saga (Fas. I 440) seiner Tochter Hervör das Schwert Tyrfing, oder auch Hreggviðr dem Göngu-Hrolf (Fas. III 334) zwei Becher, Messer und Gürtel.

Beschreibung[]

Böser Spuk[]

Eine besondere Rolle spielten in den nordischen Sagas die bösen Spukwesen. Es waren Tote, die schon in ihrem Leben keinen guten Leumund hatten, wie z.B. der gewalttätige Knecht Glámr aus der Eyrbyggja Saga (32) oder der übermütige Thórólfr baegifótr (124) oder Víga-Hrappr aus der Laxdaela saga (39), der schon zu Lebzeiten allen lästig war.

Zuweilen waren solche Wesen im Leben auch eigi einhamr ('nicht alleine') gewesen, wie der spukende Thormóðr aus der Hávarðar saga Ísfirðings (2), oder zauberkundig wie die Gróa aus der Vatnsdœla saga. Wurden solche Tote ausgegraben, so berichten mehreren Sagen, dass ihr Körper unverwest war [3]; er war besonders groß, dick, blau und deshalb schwer fortzuschaffen [4].

Trafen sie mit Menschen zusammen, so zeichneten sie sich durch übermenschliche Stärke aus, und wo sie erschienen starben die Menschen, die dann in ihr Gefolge kamen. So tötete z.B. Glámr in der Grettis saga (128 f., 233) Thórhalls Knecht Thorgaut und andere Hirten; und in der Eyrbyggja Saga (126, 222) zog Thórólfr bægifótr alle Toten in sein Gefolge, zu Fróðá spukte der Schafhirte mit Thórir viðlegg, den er getötete hat (192) und auch der spukende Víga-Hrappr aus der Laxdaela saga (39) zog die meisten Hausgenossen nach sich. Zu solchen Spukgestalten gehörte auch Grendel im Beowulf-Epos (115 ff.), der allnächtlich in Hrodgars Halle eindrang und hier die Menschen raubte.

Nicht selten begleitete das Erscheinen von bösen Spukwesen ein heftiger Lärm und übler Geruch (ódaunn) [5]. Sie kletterten auch auf das Gebäude, so dass Wände und Türen barsten [6]. Danach hießen sie túnriður, kveldriður oder auch myrkriður, wogegen auch der Zaubermeister im Havamal (155) einen Zauberspruch kennt. Es wird auch überliefert, dass die Menschen bei ihrem Auftreten zuweilen in Ohnmacht fielen oder den Verstand verloren [7], und dass die Tiere brüllten und im Stalle wild umher liefen oder sogar ebenfalls starben [8]. Daher verließ alles die Spukorte, so dass die ganze Gegend verödete [9].

Spukwesen bekämpfen[]

Oft erzählen die Sagas von furchtbaren Kämpfen gegen diese Spukwesen, die mit ihrer Besiegung endeten. In der Hávarðar saga Ísfirðings (7) und auch in den Aufzeichnungen des dänischen Historikers Saxo Grammaticus (12./13. Jh.) [10] wurden den Kampfhelden dabei sogar Stücke Fleisch vom Körper gerissen; und das Beowulf-Epos (770) sowie die Grettis saga (134 f.) berichten von Ringkämpfen gegen Spukwesen, die dermaßen hart waren, dass das Gebäude dabei in seinen Fugen krachte.

So wie Beowulf mit Grendel rang und ihn besiegte, so kämpfte Grettir in der Grettis saga (65) mit Erfolg gegen Kár den Alten, gegen Glám (135 ff.) und gegen den Troll im Barðardal (236ff.). In der Laxdaela saga(72) kämpfte Óláfr pá mit dem spukenden Víga-Hrapp und in der Hávarðar saga trat Óláfr Havarðarson gegen den verstorbenen Thormóð an. Viele andere Sagas berichten ebenso von solchen Kämpfen, wie z.B. Hörðr gegen Sóti [11], Böðvar gegen den schädigenden Wiedergänger (draugar) [12], Hrómundr Gripsson gegen den toten König Thráin [13] und Asmund gegen Asvitus [14]. All diese Kämpfe, die mal mehr, mal weniger poetisch ausgemalt wurden, wurzeln alle in dem Motiv, dass ein Held die Gegend von einem Spukgeist befreit.

Spukwesen unschädlich machen[]

Doch nicht immer genügte es, dass der wiedergehende Tote niedergerungen wurde. Da er in voller körperlicher Gestalt, als lebende Leiche erschien, musste auch sein Körper vernichtet oder an das Grab festgekettet werden. In diesem Falle bediente man sich des Pfählens: der Körper wurde mit einem Pfahl durchbohrt, damit dadurch der Spuk verhindert werde [15]. Da vor allem der Kopf als Ausgangspunkt des Spukes galt, wurde dieser abgeschlagen und verbrannt, wie auch zuweilen der ganze Körper [16].

Sogar die Asche aber hatte oft noch besondere Wirkung. So hatte z.B. in der Eyrbyggja Saga (223) eine Kuh von der Asche eines Spukwesens geleckt, und der böse Geist fuhr in das Kalb, das sie bald danach geworfen hatte. Daher wurde die Asche ins Meer gestreut [17], an einem abgelegenem Ort vergraben [18] oder in einem Gefäß in einer heißen Quelle versenkt [19]. Zuweilen wurde den Spukwesen sogar in aller Form der Prozess gemacht [20].

Zu ihrer Bannung bediente man sich ferner des Bannspruchs wie im Havamal (155) beschrieben, an dessen Stelle in christlicher Zeit Messelesen, Weihwasser und heilige Gegenstände trat [21].

Ein eigentümliches Mittel, um einen Spuk zu verhindern, erwähnt die romantische Áns saga bogsveigis. Danach schlug Án dem Räuber Gáran den Kopf ab und klemmte die Nase in einen Spalt, damit er nicht umgehe [22]. Daraus entstand die Pflicht, dem Toten die Nasenlöcher zu schließen (die sog. nábjargir), die also als Ausgangspunkt des Spukgeistes aufgefasst wurden [23].

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Islandsagas. Bd. II, S. 115
  2. Islandsagas. Bd. II, S. 48
  3. Eyrbyggja Saga 126; Laxdaela saga 72; Fas. I 294
  4. Grettis saga 125, 236, 239; Eyrbyggja Saga 127; Fas. II 368
  5. Grettis saga 134, 235; Biskupa sögur Bd. I, S. 598; Islandsagas Bd. II, S. 45; Fornmanna-Sögur IV 24
  6. Grettis saga 126, 132 f. 233; Eyrbyggja Saga 125
  7. Grettis saga 126
  8. Grettis saga 129; Svarfdœla saga 110
  9. Grettis saga 63, 130; Eyrbyggja Saga 126; Laxdaela saga 39
  10. Saxo I 246
  11. Islandsagas. II 45
  12. Fas. I 106
  13. Fas. II 370
  14. Saxo I 245
  15. Saxo I 246, 43; vgl. Zeitschrift der Savigny- Stiftung, Germanische Abteilung. Ausgabe 26; Stiassny, Die Pfählung
  16. Eyrbyggja Saga 222; Laxdaela saga 72; Svarfdœla saga 110; Grettis saga 137
  17. Laxdaela saga 72
  18. Grettis saga 137
  19. Svarfdœla saga 77
  20. Eyrbyggja Saga 196
  21. Eyrbyggja Saga 197; Biskupa sögur Bd. I, S. 598; Bd. II, S. 109
  22. Fas. II 346
  23. vgl. H. Falk in der Festskrift til Prof. A. Torp S. 1 ff.
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