Dieses St. Georg-Lederkästchen Lederkästchen stammt aus der fürstlich Hohenzollerischen Kunstkammer (Fürstliches Museum) im Schloss Sigmaringen in Baden-Württemberg. Zeitlich datiert es an das Ende des 14. Jhds. und könnte in England gefertigt worden sein.
Beschreibung[]
Der Kasten mit in Leder gepresstem und bemaltem Bildwerk ist 16 cm hoch; 31 cm breit und 23 cm tief. Besonders im 14. und 15. Jhd. spielte die Lederpressarbeit eine hervorragende Rolle, indem schon mit der zweiten Hälfte des 13. Jhds. Lederharnische, Schilde, Sattelzeug und andere ritterliche Ausstattung, besonders mit heraldischer Ornamentierung in Aufnahme gekommen waren und die dadurch verfeinerte Technik zu vielen anderen Utensilien verwendet wurde.
Die Lederüberlagen des Deckels und der vier Seitenwände tragen ein ungewöhnlich stark erhabenes, bemaltes und vergoldetes Bildwerk, dessen Umrisse und einzelne Teile stark vertieft eingeschnitten sind. Das Bildwerk dieses Kästchens zeigt Darstellungen in wunderlicher Auffassung, wie Zeichnung behandeln die Poesie des französischen Rittertums, welche auch mit der deutschen sehr verwandt ist.
St. Georg[]
Das Hauptbild des Ganzen zeigt St. Georg, wie er den Drachen erlegt; die befreite Königstochter ist knieend dargestellt, ihre Eltern stehen als Zuschauer auf der Burg. St. Georg trägt die vollständige Rittertracht jener Periode und den wesentlichen Merkmalen besonders der französischen Ausprägung: zum Kampfe gerüstet erscheint er „in dem hohen Zeug“, dem Lendner über dem Kettengeflecht, dem tief-getragenen Gürtel, dem Basinet mit der Halsbrünne und der frühesten Art der Visiere. Zum Pferdgeschirr gehört der Sattel mit sehr hohem Sitz und einer bemalten Vorwand zum Schutze der Beine.
Tugenden[]

Die Ehrenhaftigkeit (Rittertreue)
An der Vorderfläche sieht man ein herausgebrochenes Schloss, an dessen Stelle sich die zersplitterte Holzunterlage zeigt. Die bildliche Darstellung ist eine weibliche Figur im Blumengarten, welche die Ehrenhaftigkeit (Rittertreue) bezeichnet, und von vier Männern mit Spruchbändern umgeben ist.
- Die drei rechts sprechen: „Loiautet. est mort.“ (Ehrenhaftigkeit bzw. Rittertreue ist tot.)
- Der links sagt: „parles. bas. Loiautet. doert.“ (Sprecht leise, Treue schläft.)
- Die Treue antwortet: „je. ne. sui. morte. ne. en dormi. mais. nus. de. vous. n. atture.“ (Ich bin weder tot noch eingeschlafen, aber keiner von Euch kümmert sich um mich).
Obwohl sich diese Sprüche reimen, so sind es doch keine Verse, sondern nur für die Darstellung gemachte, erklärende Bandschriften. Derartiges Französisch fabrizierte man damals in England, weshalb das Kästchen auch in England gefertigt sein könnte. [1] Da der Stil der Arbeit, wie die dargestellten Trachten sowohl für einen französischen als auch für einen englischen Ursprung sprechen, so übt dieses auf die Kleidung keinen Einfluss aus.
Rückseite[]

Meerwunder
Die Rückseite des Kästchens zeigt die in der mittelalterlichen Dichtung häufig vorkommenden Meerwunder. So sieht man eine Sirene, deren Oberteil in das Kostüm einer Dame des 14. Jhds. gekleidet ist und nach unten hin in einen Fischschweif endet. Sie trägt einen Spiegel in ihrer Rechten als Symbol der Eitelkeit. Ihr gegenüber befindet sich ein Ritter, der ebenfalls in einen Fisch ausläuft.
Nebenseiten[]
Die beiden Nebenseiten zeigen je ein liebendes Paar, welches einen Schild als Zeichen seiner Familie hält. An diesen Seiten erkennt man, dass dieses interessante Werk des Mittelalters schon in früher Zeit restauriert wurde, indem man ein sehr ähnliches Kästchen zerschnitt und mit dessen Teilen das vorliegende ergänzte. Daher sind auch die Schilde ohne Bildwerk durch Lederstücke ersetzt. So erkennt man z.B. auch den Unterteil eines Mannes mit dem nicht darauf passenden Oberteil eines anderen, und die dargestellte Dame bekam ein noch weniger passendes Oberteil.
Quellen[]
- Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich von. Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Internet Archive). Band 1-10 : nach gleichzeitigen Originalen. Frankfurt am Main : H. Keller, 1879. Bd. III, S. 33 f., Tafel 206, 207.
Einzelnachweise[]
- ↑ Mitteilung von Professor Dr. Konrad Hofmann, München, 1879.