Jede Stadt hatte in der ersten Zeit ihres Werdens einen Stadtherren. Ihm gehörte die obrigkeitliche Gewalt über den Markt und die Markt-Siedlung.
Beschreibung[]
Die Stadtherren trennten ihr Gebiet der Bürgersiedlung von der Bauernschaft räumlich und wirtschaftlich, waren aber weit davon entfernt, die beiden Herrschaftskreise als solche öffentlicher und solche privater Gewalt einander gegenüberzustellen, als Sphären der Freiheit und der Unfreiheit. Sie verbanden vielmehr je nach dem Bedürfnis die Bürgerleistungen mit dem Fronhof, ja scheuten sich auch nicht, in manchen Orten eine allgemeine Anspannung der Bürgerfronden nach Analogie der bäuerlichen Bannbezirke durchzuführen.
Bannherschaft und Ortsgewalt[]
Der Stadtherr war nicht notwendigerweise der Eigentümer des Grund und Bodens, er besaß lediglich die zwingende Befehlgewalt, die Bannherrschaft. Er hatte das vom König stammende Marktrecht mit Zoll und Münze, er handhabte den Marktbann, d. h. die zwingende Gewalt über Marktbesucher und über Marktangelegenheiten [1].
Ferner handhabte er den Burgbann, d. h. er besaß das Recht, in bestimmtem Maße die Anwohner der Befestigung zur Mitunterhaltung heranzuziehen [2]; er besaß aber vor allem die ständig wirkende Ortsgewalt, den Bann schlechthin. Und das war das Ausschlaggebende.
Als Inhaber des Marktrechts hatte der Stadtherr zugleich die ständige obrigkeitliche Ortsgewalt inne. Das bedeutete keineswegs, dass er die Hochgerichtsbarkeit, d. h. die einstige Grafengerichtsbarkeit, besaß. Vielmehr hatte er lediglich die Polizei- und niedere Gerichtsgewalt. Allgemein verband sich mit dem Marktbann auch der Ortsbann. Später erst wurde einmal durch einen fürstlichen Rechtsspruch verkündet [3], dass der Inhaber der landrichterlichen Gewalt im Bereich eines vom König verliehenen Marktrechts keine Straffunktion unmittelbar ausüben dürfe, sondern dass er sich damit begnügen müsse, den von der Behörde des Marktorts zum Tode verurteilten Verbrecher zur Exekution ausgeliefert zu erhalten.
Städtisches und ländliches Machtgebiet[]
Der Stadtherr hielt den bürgerlichen Bereich seiner Herrschaft vom Agrarbereich getrennt. Räumlich und rechtlich, soweit es ging und soweit es zweckmäßig war. Das Stadtrecht war nicht aus dem Fronhofsrecht (Hofrecht) heraus entstanden, sondern das ius civile war etwas Neues und Selbständiges neben dem ius curiae. Auch lagen andere wirtschaftliche Bedürfnisse und andere rechtliche Voraussetzungen vor. Von Anfang an traf der Stadtherr für seine bürgerlichen Siedlungen Einrichtungen, die von den ländlichen abwichen. So hatten die verschiedenen Stadtherren auch keinen Anlass, z.B. ihren Zensualen den Eintritt in einen Stadtrechtskreis zu verbieten. Ja der Stadtherr selbst gewährte es ihnen sogar gern, solange er durch diesen Eintritt der Zensualen keinen Verlust an eigenen Befugnissen zu befürchten hatte.
Ablösung durch den Stadtrat[]
Im Laufe des 13. Jhds. schob der Stadtrat das Regiment des Stadtherrn mehr und mehr beiseite, schuf rivalisierende Einrichtungen, überwandt das herrschaftliche Regiment und sammelte jene Fülle von politischen Befugnissen, die seit dieser Zeit zu einer autonomen Stadt gehörten.
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Hoops, Johannes: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 242 ff. (Stadtverfassung, A. § 10 ff.)