Mittelalter Wiki
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Der '''Streithammer''', '''Schlachthammer''' bzw. '''Kriegshammer''' gehört mit zu den ältesten germanischen [[Angriffswaffen]]. Bereits die frühesten Volkssagen legen ihn in die Faust von Gottheiten (wie z.B. [[Thor]]).
 
Der '''Streithammer''', '''Schlachthammer''' bzw. '''Kriegshammer''' gehört mit zu den ältesten germanischen [[Angriffswaffen]]. Bereits die frühesten Volkssagen legen ihn in die Faust von Gottheiten (wie z.B. [[Thor]]).
   
== Übersicht ==
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== Beschreibung ==
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Wie viele sonstigen Hämmer hat auch der Streithammer üblicherweise eine Spitze (franz. ''tête''), eine „Haube“ (franz. ''oeil'') genannte Stielöffnung und einen „Schlag“ (franz. ''panne'') d. h. eine der Spitze entgegengesetzte Breitung und einen Stiel (franz. ''manche'').
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Der Streithammer kommt einfach d. h. nur mit einem Schlage (einer Breitung) fast gar nicht vor. Üblicherweise befindet sich auf der dem Schlage entgegengesetzten Seite ein gerader oder gekrümmter Spitzdolch (''[[Stilett]]''), außerdem auch noch über der Haube ein zweiter gerader, kurzer oder langer Spitzdolch oder ein Spießeisen.
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=== Arten ===
   
 
Zu den Streithämmern gehören:
 
Zu den Streithämmern gehören:
* [[Kriegsschlägel]] - ca. 14. Jh.
 
* [[Reiterhammer]] - ab ca. 14. Jh.
 
* [[Fausthammer]] -
 
* [[Rabenschnabel]] - Typ: [[Reiterhammer]]. Art: [[Stangenwaffe]]
 
* [[Luzerner Hammer]] - Art: [[Stangenwaffe]].
 
* [[Mordaxt]] - Art: [[Stangenwaffe]].
 
   
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== Beschreibung ==
 
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! width="75%" | Kurzbeschreibung
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| [[Czakan]], [[Czakany]] || Auch ungar. ''Puzikan'', ''Pusdogan''; russ. ''Tschekan''. Kurzer Hammerstock, der z.B. in Ungarn als Reisewaffe zur Abwehr von Raubüberfällen diente.
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| [[Fokos]] || Kurzer ungarischer Hammerstock der Hirten, der in Spitzen und Kugeln ausläuft.
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| [[Kriegsschlägel]] || Ab 14. Jh. Einfache Form des Streithammers für Fußsoldaten.
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| [[Luzerner Hammer]] || Auch [[Falkenschnabel]]. Ab 14. Jh. Art: [[Stangenwaffe]]. Langstielige Form des verbesserten Streithammers.
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| [[Mordaxt]] || Art: [[Stangenwaffe]].
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| [[Rabenschnabel]] || Typ: [[Reiterhammer]]. Art: [[Stangenwaffe]]
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| [[Reiterhammer]] || Auch [[Fausthammer]], Papagei. Ab 14. Jh. Von der Reiterei geführter Hammer mit Klingenspitze.
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| [[Topor]] || Langer persischer Kriegshammer. In Galizien ähnlich dem ungarischen [[Czakany]].
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Besonders die Deutschen führten den Streithammer bis ins 11. Jh.; seine allgemeinere Einführung, besonders in der [[Reiterei]] (siehe [[Reiterhammer]]), fällt jedoch erst ins 13. Jahrhundert. Vertraute ein Reiter im Frühmittelalter vornehmlich auf [[Schwert]] und [[Reiterspieß]], der [[Fußknecht]] auf [[Bogen]], [[Armbrust]], [[Spieß]] und [[Schwert]], so erwiesen sich diese Waffen gegen einen wohlgerüsteten Gegner doch als unzureichend.
 
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Czakany Ungarn, kriegswaffen@demmin p0812, Fig.16.jpg|Ungarischer [[Czakany]]
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Fokos Ungarn, kriegswaffen@demmin p0812, Fig.15.jpg|Ungarischer [[Fokos]]
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Topor Kriegshammer, kriegswaffen@demmin p0812, Fig.14.jpg|Persischer [[Topor]]
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== Entwicklung ==
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In der klassischen Antike scheint der Streithammer nicht gebräuchlich gewesen zu sein; der lat. ''malleus'' diente, abgesehen von der handwerklichen Anwendung nur den Schlachtern und dem Priester (''popa'') zur Betäubung des Opferstieres, bevor der ''cultarius'' dem Tier die Kehle durchschnitt, wie solches Ovid und Sueton (um 70-122 n. Chr.) bekunden. Dieser hölzerne Schlächterhammer war kugelrund, worauf eine Abbildung davon auf der in Rom durch die Fleischerinnung für Kaiser [[Septimius Severus]] (193-211 n. Ch.) errichteten Baulichkeit hinweist. Bei den Germanen war [[Mjölnir]], der Thorshammer, die Waffe des Donnergottes [[Thor]].
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=== Frühmittelalter ===
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Der frühfranzösischen Benennung des Streithammers verdankte schon [[Karl Martell]] (688-741) seinen Kriegsnamen.
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=== Hochmittelalter ===
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Besonders die Deutschen führten den Streithammer bis ins 11. Jh.; seine allgemeinere Einführung, besonders in der [[Reiterei]] (siehe ''<u>[[Reiterhammer]]</u>''), fällt jedoch erst ins 13. Jh. Vertraute ein Reiter im Frühmittelalter vornehmlich auf [[Schwert]] und [[Reiterspieß]], der [[Fußknecht]] auf [[Bogen]], [[Armbrust]], [[Spieß]] und [[Schwert]], so erwiesen sich diese Waffen gegen einen wohlgerüsteten Gegner doch als unzureichend.
   
 
Der Schlag eines schweren Streithammers, eines [[Streitkolben]]s oder einer [[Streitaxt]] konnte nicht nur einen [[Haubert]], [[Lentner]] und selbst einen [[Plattenharnisch]] zertrümmern, er konnte den Körper des Gegners auch bis zur Kampfunfähigkeit erschüttern. So ähnlich der Streithammer allerdings mit dem [[Streitkolben]] in Form und Gebrauch auch erscheinen mag, so hat er doch darin einen Vorzug, dass er schwerer ist, mehr Vorgewicht besitzt und bei kräftiger Führung stets wirksamer als ein Kolben ist.
 
Der Schlag eines schweren Streithammers, eines [[Streitkolben]]s oder einer [[Streitaxt]] konnte nicht nur einen [[Haubert]], [[Lentner]] und selbst einen [[Plattenharnisch]] zertrümmern, er konnte den Körper des Gegners auch bis zur Kampfunfähigkeit erschüttern. So ähnlich der Streithammer allerdings mit dem [[Streitkolben]] in Form und Gebrauch auch erscheinen mag, so hat er doch darin einen Vorzug, dass er schwerer ist, mehr Vorgewicht besitzt und bei kräftiger Führung stets wirksamer als ein Kolben ist.
   
=== Für Fußsoldaten ===
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=== Spätmittelalter ===
   
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==== 14. Jahrhundert ====
Für Fußknechte wurde der Streithammer (frz. ''marteau d'armes, maillotin, cassetête'', engl. ''polehammer'', lat. ''molleus'', ital. ''martello'', span. ''hachuela de mano, martillo'') vom 14. Jh. an um so nötiger, je mehr die Anwendung von Eisenplatten zum Schutz des Körpers üblicher wurde.
 
   
Ja diese Waffe gelangte unter bestimmten Gruppierungen zu einer ganz besonderen Beliebtheit. So führten die Pariser Bürger während des Aufruhrs im Jahre 1381 schlägelförmige Hämmer aus Blei an langen Holzstielen, die sog. ''[[Kriegsschlägel]]'' (frz. ''mailles'') und wurden dadurch sehr gefürchtet ([[:Datei:Kriegsschlegel, 14.Jh., handbuchderwaff00collgoog, Fig.428.jpg|Fig. 428]]).
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Vom 14. Jh. an war der Streithammer (frz. ''marteau d'armes, maillotin, cassetête'', engl. ''polehammer'', ''knocker'', lat. ''malleus'', ital. ''martello'', span. ''hachuela de mano, martillo'') allgemein verbreitet. Als Waffe der Fußknechte wurde er um so nötiger, je mehr die Anwendung von Eisenplatten zum Schutz des Körpers üblicher wurde. Daher gelangte er unter bestimmten Gruppierungen zu einer ganz besonderen Beliebtheit. Die Pariser Bürger führten z.B. während des Aufruhrs im Jahre 1381 schlägelförmige Hämmer aus Blei an langen Holzstielen, die sog. ''<u>[[Kriegsschlägel]]</u>'' (frz. ''mailles'') und wurden dadurch sehr gefürchtet.
   
Die ältesten von Fußknechten geführten Streithämmer besaßen noch ein vergleichsweise zu kurzes Hammereisen bzw. Stachel, um damit effektiv Plattenrüstungen vorzugehen. Doch fügte man bald ein Spießeisen dazu und versah sie an den Seiten mit Spitzen. So erschienen schon die französischen Fußknechte um die Mitte des 14. Jhs. mit solch verbesserten Streithämmem (frz. ''picois'') bewaffnet ([[Datei:Fig. 429]]).
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Die ältesten Fußstreithämmer besaßen noch ein vergleichsweise zu kurzes Hammereisen bzw. Stachel, um damit effektiv [[Plattenrüstung]]en vorzugehen. Doch fügte man bald ein Spießeisen dazu und versah sie an den Seiten mit Spitzen. So erschienen schon die französischen Fußknechte um die Mitte des 14. Jhs. mit solch ''verbesserten Streithämmern'' (frz. ''picois'') bewaffnet.
   
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Fast zur gleichen Zeit treten im Fußvolk verschiedene Formen von Streithämmern auf, welche ermessen lassen, wie intensiv man sich mit der Verbesserung dieser Schlagwaffe befasste. Zunächst kam man davon ab, sie aus [[Blei]] zu fertigen, da es als Metall zu weich war und im Gebrauch seine Form veränderte. Stattdessen stellte man sie aus Eisen her und gab dem Hammer eine Gestalt und Gliederung in der Art, dass ihn ein Fußkämpfer im Gefecht auch dauerhafter gebrauchen konnte. Das Gedicht „Der Kampf der Dreißig” (frz. ''Combat des Trente'') von 1351 beschreibt einen 25 kg schweren Stahlhammer.
=== Der Reiterhammer ===
 
   
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===== Als Stangenwaffe =====
Bekannt ist der schon seit 1367 bestehende ''[[Schläglerbund]]'' der schwäbischen Ritterschaft, und auch der sog. ''[[Martinsvögel]]'', deren Zweck war, sich gegen Kaiser und Reichsstädte zur Wehr zu setzen. In ihren Reihen erscheint der Hammer zuerst als Reiterwaffe (''[[Reiterhammer]]'').
 
   
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In dieser Umbildung erscheint der Hammer auch an [[Stangenwaffe]]n, zunächst an der [[Helmbarte]], deren Brauchbarkeit dadurch verstärkt wurde. So entstanden die sog. ''<u>[[Luzerner Hammer|Luzerner Hämmer]]</u>'' mit ihrem langem Schaft und von etwa 14 Kilogramm Gewicht. Die Sorge um Verbesserung der Wirkung der Schlagwaffen erklärt sich durch die immer mehr sich vervollständigenden Plattenharnische gegen die Mitte des 14. Jhds.
== Galerie ==
 
   
 
===== Als Reiterhammer =====
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Der ''<u>[[Reiterhammer]]</u>'' erscheint zuerst als Waffe des schon seit 1367 bestehenden ''[[Schläglerbund]]es'' der schwäbischen Ritterschaft, und auch der sog. ''[[Martinsvögel]]'', deren Zweck war, sich gegen Kaiser und Reichsstädte zur Wehr zu setzen. Ebenso bedingte die Weiterentwicklungen der [[Plattenharnisch]]e gegen Mitte des 14. Jhds. in der [[Reiterei]] die Verwendung von kurzstieligen Hämmern im Gefecht.
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===== Galerie (14. Jh.) =====
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Luzerner Hammer, 14.Jh, handbuchderwaff00collgoog, Fig.430.jpg|[[Luzerner Hammer]] bzw. [[Falkenschnabel]] (14. Jh.)
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Streithammer, 1350, handbuchderwaff00collgoog, Fig.429.jpg|Streithammer<br>(Frankreich, 1350)
 
Kriegsschlegel, 14.Jh., handbuchderwaff00collgoog, Fig.428.jpg|Gemeiner [[Kriegsschlägel]] (Frankreich, um 1395)
 
Kriegsschlegel, 14.Jh., handbuchderwaff00collgoog, Fig.428.jpg|Gemeiner [[Kriegsschlägel]] (Frankreich, um 1395)
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==== 15. Jahrhundert ====
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Im 15. Jh. bediente man sich des Streithammers selbst in den [[Zweikämpfe]]n, wie der burgundische Schriftsteller [[Olivier de la Marche]] (um 1425-1502) in seinen ''Denkwürdigkeiten'' (Mémoires) an der Stelle bemerkt, wo er von der Begegnung Hautbourdins und Delalains spricht.
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Auch [[englische Langbogen]]schützen führten als einzige sonstige Waffe einen dicken Holzhammer ([[Kriegsschlägel]]), der wahrscheinlich von innen zur stärkeren Wuchtigkeit Bleiguss enthielt. Selbst ein bleierner [[Reiterstreithammer]] war eine Zeit lang besonders am Ende des Mittelalters im Gebrauch, da er im 15. Jh. in England, Schottland und Frankreich, besonders aber in Burgund unter den Angriffswaffen eine hervorragende Rolle spielte.
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Der Adel wehrte sich lange gegen die missachtete Waffe der Städtebürger, der Pfeffersäcke und der einfachen Bauern; aber letztendlich wurde der Einsatz von Reiterhämmern schlichtweg zur Notwendigkeit, um mit der Entwicklung der Rüstungen mitzuhalten. So kam es, dass schon um die Mitte des 15. Jh. der Streithammer, nun als [[Fausthammer|Faust]]- oder [[Reiterhammer]], von der [[Reiterei]] überall geführt wurde.
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===== Galerie (15. Jh.) =====
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Streithammer, kriegswaffen@demmin p0811, Fig.06.1.jpg|Streithammer (Regensburg, 1440)
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=== Renaissance ===
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Mit der allgemeineren Einführung der [[Faustrohr]]e kam der [[Fausthammer]] überall außer Gebrauch. Vereinzelt kam er noch im 17. Jh. bei den ungarischen Truppen vor, wo er sich noch bis zur Einführung des [[Bajonett]]s erhielt. Er erschien in dieser Zeit und bis zuletzt als eine Art Gehstock (''<u>[[Czàkan]]</u>'') und diente in [[Ungarn]] häufig als Waffe auf Reisen zur Abwehr gegen räuberische Überfälle.
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==== Galerie (16. Jh.) ====
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Streithammer 15.-16.Jh., kriegswaffen@demmin p0811, Fig.04.jpg|Stahlstreithammer mit langem Schwert<br>(um 1500)
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Fausthammer, 1510, handbuchderwaff00collgoog, Fig.432.jpg|[[Fausthammer]] eines Rottmeisters unter Kaiser [[Maximilian I. (HRR)|Maximilian I.]] (um 1510)
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Streithammer Holbein Arx, kriegswaffen@demmin p0811, Fig.05.jpg|Streithammer auf langem Schaft (Schweiz, 1. Hälfte 16. Jh.)
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Reiterhammer, Papagei, 16.Jh., handbuchderwaff00collgoog, Fig.431.jpg|[[Reiterhammer]], sog. Papagei<br>(Italien, um 1560)
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Reiterhammer, um 1580, handbuchderwaff00collgoog, Fig.433.jpg|Kleiner [[Reiterhammer]] (Italien, um 1580)
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== Galerie (Sonstige) ==
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Streithammer 18. Jh., kriegswaffen@demmin p0811, Fig.02.jpg|Stahlstreithammer auf langem Schaft (18. Jh.)
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Pikenhammer 19.Jh., kriegswaffen@demmin p0811, Fig.06.jpg|Französischer [[Pike]]nhammer (1804-1814)
 
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== Quellen ==
 
== Quellen ==
   
* ''[https://archive.org/details/handbuchderwaff00collgoog Handbuch der Waffenkunde: Das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung]'' (Internet Archive). Wendelin Boeheim. Leipzig, E.A. Seemann : 1890. Fourier Verlag, Wiesbaden 1985, ISBN 978-3-201-00257-8. S. 363 (C. Die Schlagwaffen)
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* Boeheim, Wendelin. ''[https://archive.org/details/handbuchderwaff00collgoog Handbuch der Waffenkunde: Das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung]'' (Internet Archive). Leipzig, E.A. Seemann : 1890. Neuauflage UNIKUM (22. Februar 2013). ISBN 3845726032. S. 363 (C. Die Schlagwaffen)
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* Demmin, Augustec. ''[https://archive.org/details/diekriegswaffeni00demmuoft Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwickelungen von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart]'' (Internet Archive). Leipzig : P. Friesehahn, 1893. Classic Reprint: Forgotten Books (31. Oktober 2018). ISBN 0365623105. S. 808 ff.
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=== Einzelnachweise ===
 
[[Kategorie:Waffen]]
 
[[Kategorie:Waffen]]
 
[[Kategorie:Hämmer]]
 
[[Kategorie:Hämmer]]

Version vom 18. September 2019, 08:09 Uhr

Der Streithammer, Schlachthammer bzw. Kriegshammer gehört mit zu den ältesten germanischen Angriffswaffen. Bereits die frühesten Volkssagen legen ihn in die Faust von Gottheiten (wie z.B. Thor).

Beschreibung

Wie viele sonstigen Hämmer hat auch der Streithammer üblicherweise eine Spitze (franz. tête), eine „Haube“ (franz. oeil) genannte Stielöffnung und einen „Schlag“ (franz. panne) d. h. eine der Spitze entgegengesetzte Breitung und einen Stiel (franz. manche).

Der Streithammer kommt einfach d. h. nur mit einem Schlage (einer Breitung) fast gar nicht vor. Üblicherweise befindet sich auf der dem Schlage entgegengesetzten Seite ein gerader oder gekrümmter Spitzdolch (Stilett), außerdem auch noch über der Haube ein zweiter gerader, kurzer oder langer Spitzdolch oder ein Spießeisen.

Arten

Zu den Streithämmern gehören:

Name Kurzbeschreibung
Czakan, Czakany Auch ungar. Puzikan, Pusdogan; russ. Tschekan. Kurzer Hammerstock, der z.B. in Ungarn als Reisewaffe zur Abwehr von Raubüberfällen diente.
Fokos Kurzer ungarischer Hammerstock der Hirten, der in Spitzen und Kugeln ausläuft.
Kriegsschlägel Ab 14. Jh. Einfache Form des Streithammers für Fußsoldaten.
Luzerner Hammer Auch Falkenschnabel. Ab 14. Jh. Art: Stangenwaffe. Langstielige Form des verbesserten Streithammers.
Mordaxt Art: Stangenwaffe.
Rabenschnabel Typ: Reiterhammer. Art: Stangenwaffe
Reiterhammer Auch Fausthammer, Papagei. Ab 14. Jh. Von der Reiterei geführter Hammer mit Klingenspitze.
Topor Langer persischer Kriegshammer. In Galizien ähnlich dem ungarischen Czakany.

Entwicklung

In der klassischen Antike scheint der Streithammer nicht gebräuchlich gewesen zu sein; der lat. malleus diente, abgesehen von der handwerklichen Anwendung nur den Schlachtern und dem Priester (popa) zur Betäubung des Opferstieres, bevor der cultarius dem Tier die Kehle durchschnitt, wie solches Ovid und Sueton (um 70-122 n. Chr.) bekunden. Dieser hölzerne Schlächterhammer war kugelrund, worauf eine Abbildung davon auf der in Rom durch die Fleischerinnung für Kaiser Septimius Severus (193-211 n. Ch.) errichteten Baulichkeit hinweist. Bei den Germanen war Mjölnir, der Thorshammer, die Waffe des Donnergottes Thor.

Frühmittelalter

Der frühfranzösischen Benennung des Streithammers verdankte schon Karl Martell (688-741) seinen Kriegsnamen.

Hochmittelalter

Besonders die Deutschen führten den Streithammer bis ins 11. Jh.; seine allgemeinere Einführung, besonders in der Reiterei (siehe Reiterhammer), fällt jedoch erst ins 13. Jh. Vertraute ein Reiter im Frühmittelalter vornehmlich auf Schwert und Reiterspieß, der Fußknecht auf Bogen, Armbrust, Spieß und Schwert, so erwiesen sich diese Waffen gegen einen wohlgerüsteten Gegner doch als unzureichend.

Der Schlag eines schweren Streithammers, eines Streitkolbens oder einer Streitaxt konnte nicht nur einen Haubert, Lentner und selbst einen Plattenharnisch zertrümmern, er konnte den Körper des Gegners auch bis zur Kampfunfähigkeit erschüttern. So ähnlich der Streithammer allerdings mit dem Streitkolben in Form und Gebrauch auch erscheinen mag, so hat er doch darin einen Vorzug, dass er schwerer ist, mehr Vorgewicht besitzt und bei kräftiger Führung stets wirksamer als ein Kolben ist.

Spätmittelalter

14. Jahrhundert

Vom 14. Jh. an war der Streithammer (frz. marteau d'armes, maillotin, cassetête, engl. polehammer, knocker, lat. malleus, ital. martello, span. hachuela de mano, martillo) allgemein verbreitet. Als Waffe der Fußknechte wurde er um so nötiger, je mehr die Anwendung von Eisenplatten zum Schutz des Körpers üblicher wurde. Daher gelangte er unter bestimmten Gruppierungen zu einer ganz besonderen Beliebtheit. Die Pariser Bürger führten z.B. während des Aufruhrs im Jahre 1381 schlägelförmige Hämmer aus Blei an langen Holzstielen, die sog. Kriegsschlägel (frz. mailles) und wurden dadurch sehr gefürchtet.

Die ältesten Fußstreithämmer besaßen noch ein vergleichsweise zu kurzes Hammereisen bzw. Stachel, um damit effektiv Plattenrüstungen vorzugehen. Doch fügte man bald ein Spießeisen dazu und versah sie an den Seiten mit Spitzen. So erschienen schon die französischen Fußknechte um die Mitte des 14. Jhs. mit solch verbesserten Streithämmern (frz. picois) bewaffnet.

Fast zur gleichen Zeit treten im Fußvolk verschiedene Formen von Streithämmern auf, welche ermessen lassen, wie intensiv man sich mit der Verbesserung dieser Schlagwaffe befasste. Zunächst kam man davon ab, sie aus Blei zu fertigen, da es als Metall zu weich war und im Gebrauch seine Form veränderte. Stattdessen stellte man sie aus Eisen her und gab dem Hammer eine Gestalt und Gliederung in der Art, dass ihn ein Fußkämpfer im Gefecht auch dauerhafter gebrauchen konnte. Das Gedicht „Der Kampf der Dreißig” (frz. Combat des Trente) von 1351 beschreibt einen 25 kg schweren Stahlhammer.

Als Stangenwaffe

In dieser Umbildung erscheint der Hammer auch an Stangenwaffen, zunächst an der Helmbarte, deren Brauchbarkeit dadurch verstärkt wurde. So entstanden die sog. Luzerner Hämmer mit ihrem langem Schaft und von etwa 14 Kilogramm Gewicht. Die Sorge um Verbesserung der Wirkung der Schlagwaffen erklärt sich durch die immer mehr sich vervollständigenden Plattenharnische gegen die Mitte des 14. Jhds.

Als Reiterhammer

Der Reiterhammer erscheint zuerst als Waffe des schon seit 1367 bestehenden Schläglerbundes der schwäbischen Ritterschaft, und auch der sog. Martinsvögel, deren Zweck war, sich gegen Kaiser und Reichsstädte zur Wehr zu setzen. Ebenso bedingte die Weiterentwicklungen der Plattenharnische gegen Mitte des 14. Jhds. in der Reiterei die Verwendung von kurzstieligen Hämmern im Gefecht.

Galerie (14. Jh.)

15. Jahrhundert

Im 15. Jh. bediente man sich des Streithammers selbst in den Zweikämpfen, wie der burgundische Schriftsteller Olivier de la Marche (um 1425-1502) in seinen Denkwürdigkeiten (Mémoires) an der Stelle bemerkt, wo er von der Begegnung Hautbourdins und Delalains spricht.

Auch englische Langbogenschützen führten als einzige sonstige Waffe einen dicken Holzhammer (Kriegsschlägel), der wahrscheinlich von innen zur stärkeren Wuchtigkeit Bleiguss enthielt. Selbst ein bleierner Reiterstreithammer war eine Zeit lang besonders am Ende des Mittelalters im Gebrauch, da er im 15. Jh. in England, Schottland und Frankreich, besonders aber in Burgund unter den Angriffswaffen eine hervorragende Rolle spielte.

Der Adel wehrte sich lange gegen die missachtete Waffe der Städtebürger, der Pfeffersäcke und der einfachen Bauern; aber letztendlich wurde der Einsatz von Reiterhämmern schlichtweg zur Notwendigkeit, um mit der Entwicklung der Rüstungen mitzuhalten. So kam es, dass schon um die Mitte des 15. Jh. der Streithammer, nun als Faust- oder Reiterhammer, von der Reiterei überall geführt wurde.

Galerie (15. Jh.)

Renaissance

Mit der allgemeineren Einführung der Faustrohre kam der Fausthammer überall außer Gebrauch. Vereinzelt kam er noch im 17. Jh. bei den ungarischen Truppen vor, wo er sich noch bis zur Einführung des Bajonetts erhielt. Er erschien in dieser Zeit und bis zuletzt als eine Art Gehstock (Czàkan) und diente in Ungarn häufig als Waffe auf Reisen zur Abwehr gegen räuberische Überfälle.

Galerie (16. Jh.)

Galerie (Sonstige)

Quellen

Einzelnachweise