Mittelalter Wiki
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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 30. Januar 2016 als Spotlight vorgestellt.

Der Streitkolben (engl. mace, lat. clava?, macia, ital. mazza ferrata, span. maza herrada) bzw. Schlegel gehört zu den Schlagwaffen und ist eine Weiterentwicklung der Keule. Er besteht aus einem metallenen oder hölzernen Schaft und einem meist symmetrischen Schlagkopf aus Stein oder Metall.

Beschreibung

Die Urform des Streitkolbens bildet eine der ältesten Waffen des Menschen, die Keule. Es ist eine einfache und trotzdem wirksame Waffe, die bereits im Heerwesen der Völkerwanderungszeit zu hohem Ansehen gelangt war, besonders von vornehmen Personen geführt wurde, und den Keim bildete, aus dem sich der Feldherrenstab entwickelte.

Arten

Name Kurzbeschreibung
Keule Vorläufer des Streitkolbens.
Baculus Einfachste Art des Streitkolbens, ca. 70-80 cm lang; vorn z.B. in Form eines Tieres grob zugeschnitzt.
Kürissbengel Metallener Streitkolben der Reiterei mit Schlagblättern (ab 15. Jh.)
Morgenstern Streitkolben mit Metallkopf, an dem Stacheln angebracht sind (ab 1280).
Turnierkolben Meist hölzernen Streitkolben, speziell für das Kolbenturnier.

Entwicklung

Der kurzgeschäftete Streitkolben (franz. masse d'armes, altfranz. tinel) war bereits bei den Griechen (um 300 v. Chr.) bekannt, genauso wie eine Keulenwaffe mit stachlichen Kopf, die ähnlich dem mittelalterlichen Morgenstern beschlagen war. Im Mittelalter und der Renaissance war der Streikolben dann überwiegend bei der Reiterei gebräuchlich.

Hochmittelalter

11. Jahrhundert

Aus dem 11. Jh. zeigt der Teppich von Bayeux den Bischof Odo von Bayeux sowie auch Wilhelm den Eroberer mit einem Baculus in der Schlacht bei Hastings. Unter den flüchtenden Engländern aber sehen wir Leute, die eine Art Streitkolben führen, die aus einem rosettenartigen Kopf an einem etwa 50 cm langen Stiel bestehen, der ziemlich gewichtig sein muss, da sie ihn auf der Schulter tragen.

12. Jahrhundert

Welch hohen Stellenwert der Streitkolben im Heerwesen des Mittelalters hatte, zeigt z.B. der französische Roman der "Aliscans" (Chanson de geste) aus dem 12. Jh., in dem der Held Rainvars selbst ein Schwert, das ihm angeboten wird, verschmäht und mit seinem 15 Fuß langen Streitkolben (tinel) die Sarazenen bekämpft.

13. Jahrhundert

Um nicht nur durch den Schlag allein zu wirken, sondern auch in den Stoff des Hauberts einzudringen, versah man schon um 1280 den Kopf des Streitkolbens mit stumpfen Stacheln. Solche Formen benannte der Söldnerwitz Morgensterne.

Spätmittelalter

Im Spätmittelalter war der Streitkolben weniger eine Waffe des Fußvolkes als der Bauern, weshalb wir ihn auch in allen Empörungskriegen finden.

14. Jahrhundert

In der Reiterei ist er vom 14. Jh. an eine außerordentlich verbreitete Waffe, die geradezu unentbehrlich für den Reiter erschien. Ein Schlag mit dem Streitkolben konnte den bestgepanzerten Arm brechen; davor schützten den feindlichen Reiter selbst die Schulterschilde nicht. Die Metallköpfe dieser Streitkolben hatten verschiedene Formen; am besten bewährten sich die zylindrischen Köpfe, die am Ende des 14. Jhs. fast ausnahmslos verwendet wurden, weil ihre Treff-Fläche bedeutend größer war und der Kopf sich durch eiserne Federn sicherer mit dem Stiel verbinden ließ.

Im 14. Jh. wurden Streitkolben zuweilen auch mit sog. 'Schlagblättern' ausgestattet, die radial aus dem Körper hervorragten (quadrelle); nun bildete sich diese Art in gotischen Formen vollends durch, und auch der Schaft wurde nun komplett aus Eisen gebildet, was der Waffe ein bedeutendes Gewicht verlieh.

15. Jahrhundert

Am Beginn des 15. Jhs. bildet sich in der Reiterei eine ganz eigene Art von Streitkolben heraus, die unter dem Namen „Kürissbengel“ oder auch „Faustkolben" bekannt ist. Er wurde zur Waffe der Adligen und Herrscher, u.a. deshalb, weil sie dem kaiserlichen Würdenzeichen, dem Szepter, sehr ähnelte. Bis ins 15. Jh. kam im Fußvolk auch noch der Baculus vor. Bei den Kolbenturnieren waren auch im 15. und 16. Jh. verschiedenförmige hölzerne Turnierkolben im Gebrauch.

Renaissance und Folgezeit

16. Jahrhundert

Am Beginn des 16. Jhs. war der Streitkolben überall im Gebrauch und blieb es bis etwa um 1540. Mit dem Aufkommen der Faustrohre in der Reiterei, wurde er, genau wie die Helmbarte, seltener im Heer. Einzelne Reiter führten den Kolben trotzdem noch lange am Sattel. In Frankreich wurde der Streitkolben im Laufe der Zeit noch mehr als in anderen Ländern zum bloßen Zeichen einer Würde.

Zur Zeit Heinrichs IV. (1553-1610) führten die Türhüter in Paris, die sogenannten Schweizer und ebenso die Türhüter in den Kirchen (Kirchenschweizer) Streitkolben, mehr als Würdezeichen wie als Waffe. Im Volk hießen sie „sergants massiers“. Später erhielten die letzteren Helmbarten, die ersteren aber behielten den Kolben, und aus diesem bildete sich dann der moderne Portierstock heraus. Kein adeliger Ungar erschien noch im 16. Jh. anders als mit dem Streitkolben im Gürtel bei Hofe.

17. Jahrhundert

Würdenträger erschienen bis ins 17. Jh. nicht ohne den Kolben in der Hand. Aus diesem Grund versahen Künstler diese Waffen oft mit prächtigem Zierat, so dass wir häufig wundervoll ausgestattete Streitkolben antreffen, wobei die Italiener und besonders die Mailänder hervorragende Leistungen aufzuweisen. In Ungarn und besonders in Polen blieb der Streitkolben noch bis ins 18. Jh. in Gebrauch; zuletzt bildete er das Würdenzeichen des Offiziers bis zum Heerführer hinauf; noch heute aber erblicken wir den Kolbenträger in dem „Massiere“ des Vatikan.

Orient

Im Orient war der Streitkolben als ursprünglich tartarische Waffe schon vor dem 13. Jh. in Gebrauch; er hatte sich gegen die gutgerüsteten Reiter bewährt. Der französische Biograph Jean de Joinville (1224-1317) berichtet in seiner "Histoire de Saint Louis" an mehreren Stellen davon, dass die Türken mit Streitkolben bewaffnet erschienen. [1]

Die meisten türkischen Streitkolben (tschumâk, güry, der birnförmige: topûz) sind aus Metall und besitzen kugel- oder birnförmige Köpfe. Doch finden sich auch solche mit Schlagblättern, die aber immer dem orientalischen Stil entsprechend konstruiert sind. Von den Türken und Tartaren nahmen sie die Ungarn auf, und auch bei den Kroaten und Böhmen finden wir sie in orientalisierenden Formen schon im 15. Jh.

Galerie


Quellen

Einzelnachweise

  1. Histoire de Saint Louis. Herausgegeben von Pierre-Claude Daunou. In: Recueil des Historiens des Gaules et de la France. Bd. 20, 1840, S. 190–304.
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