Tertullian († um 230), eigentlich Quintus Septimius Florens Tertullianus, war einer der bedeutenden antiken Apologeten (Kirchenväter) des 3./4. Jh.. Als karthagischer Rechtsanwalt und Zenturionensohn, der erst im Mannesalter Christ geworden war, setzte er die Bestrebungen des Irenäus von Lyon fort.
Hintergrund[]
Tertullian war einer der frühesten Vertreter der lateinisch-christlichen Literatur, so tritt denn auch das römische und juristische Element stark in seinem Wesen hervor. Das Christentum war für ihn vor allem eine neue Gesetzlichkeit. Er war ein eifriger Verfechter der bischöflichen Tradition, obwohl ihn seine puritanische Sittenstrenge später in die Reihen der in Phrygien entstandenen Montanisten trieb, deren Grundzug eine schwärmerische Askese bildete.
Den Apologeten gehörte Tertullian durch seine 197 dem Kaiser Septimius Severus eingereichte Schutzschrift an; im übrigen eignete ihn seine feurige Natur weit mehr zum Polemiker. Die Darstellung seiner zahlreichen Schriften war originell, rhetorisch gewandt, schwungvoll, oft witzig. Fast ebenso scharf wie Tatian, doch geistvoller als dieser griff er das Heidentum und seine Philosophie an. Für ihn gab es keine Versöhnung zwischen Athen und Jerusalem, Akademie und Kirche. Alle weltliche Wissenschaft und Bildung waren vor Gott Torheit. Der Christ hatte sich unbedingt der biblischen, von Gott selbst inspirierten Offenbarung zu unterwerfen. Selbst ein christlicher Handwerker stand höher in der Gotteserkenntnis als ein Plato.
Trotzdem kann man Tertullian durchaus zu den Philosophen zählen. Besonders beeinflußten ihn die Stoiker auf dem Gebiet der Naturphilosophie, wo er mit ihnen einem ausgesprochenen Materialismus huldigte: Alles Wirkliche war körperlich, selbst Gott und die menschliche Seele; die Seele des Kindes war ein Schößling (tradux) der elterlichen. Damit verband er, wie jene, eine sensualistische Erkenntnistheorie, gründete aber gerade darauf sein orthodoxes System.
Weil der Mensch Tertullian zufolge aus eigener Kraft völlig unfähig war, die Wahrheit, das Wesen Gottes und seine eigene über das Diesseits hinausreichende Bestimmung zu erkennen, bedurfte er der göttlichen Offenbarung. Diese stand im Gegensatz zum menschlichen Erkennen und war nicht bloß über-, sondern widervernünftig. Daher der ihm zugeschriebene, wenn auch im Wortlaut bei ihm nicht zu findende Satz: Credo, quia absurdum est. Christi Auferstehung z.B. war für ihn gerade deshalb gewiß, weil sie für den menschlichen Verstand unmöglich war.
Tertullians Ethik wurde durch asketische Sinnesfeindschaft und zugleich schwärmerische Erwartung der baldigen Wiederkunft Christi charakterisiert. Der wahre Christ war ihm ein »auf einer gezähmten Bestie (der Sinnlichkeit) reitender Engel«, den jedes weltliche Amt, z.B. der Kriegsdienst, befleckt.
Quellen[]
- Geschichte der Philosophie, Band 1 (Zeno.Org). Karl Vorländer. Leipzig 1903. 5. Auflage, Leipzig 1919. S. 413 ff.: Die Philosophie des Mittelalters, § 53.