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Der Dominikaner Thomas von Aquin (* um 1226; † 1274), auch Thomas Aquinas oder der Aquinat, war einer der einflussreichsten Philosophen und Theologen der Geschichte. Er gehört zu den bedeutendsten der 33 katholischen Kirchenlehrer.

Beschreibung[]

Thomas von Aquin wurde um 1225 bis 1227 auf der Burg Roccasecca in der Nähe von Aquino im neapolitanischen Italien geboren und starb am 07. März 1274 in Fossanova. Als Sohn eines Grafen und somit adliger Herkunft, wurde er im Kloster erzogen und studierte ab 1239 die Artes Liberales (Freie Künste) in Neapel.

1243 trat Thomas im Alter von sechzehn Jahren in den Dominikanerorden ein und wurde bald der Lieblingsschüler Albertus Magnus', dem er an verschiedene Stätten seiner Wirksamkeit, wie Köln und Paris, folgte. So widmete er sich ab 1245 dem Studium bei Albertus in Paris und 1248-52 in Köln.

Unter immer stärker werdendem Beifall trat er dann selbst in Paris, Köln, Bologna, Rom und Neapel als Lehrer auf. So lehrte Thomas zwischen 1252 und 1256 in Paris, 1259 bis 1269 in Orvieto, Viterbo und Rom, 1269 bis 1272 wieder in Paris und ab 1272 in Neapel. Thomas von Aquin starb schon 1274, als er eben seine Reise von Neapel zum 2. Konzil von Lyon angetreten hatte.

Von der Kirche wurde er früh als "Dr. egregius" und "Dr. communis", seit dem 15. Jh. häufiger als "Dr. angelicus" gepriesen und schon 1323 heilig gesprochen. 1567 wurde Thomas von Papst Pius V. feierlich als fünfter großer Kirchenlehrer neben Augustin, Hieronymus, Ambrosius und Gregor proklamiert.

Philosophische Ansichten[]

Thomas von Aquin zählt in der Philosophie des Hochmittelalters zu den Hauptvertretern der Scholastik. Er verband die griechische Philosophie mit dem christlichen Glauben. In der römisch-katholischen Kirche wird er als Heiliger verehrt. Er entwickelte – die von seinem Lehrer Albertus Magnus begonnene Hinwendung zum Aristotelismus weiterführend – eine globale Synthese von Glauben und Wissen, Offenbarung und Vernunft, Gnade und Natur- bzw. Schöpfungsordnung, Übernatur und Natur, Theologie und Philosophie in und zu einem System axiomatisch-spekulativer Theologie, vor allem in seinem Hauptwerk – dem Höhepunkt der Scholastik überhaupt – "Summa Theologica" (1266-73).

Die kritische Auseinandersetzung mit seiner Lehre (angeregt vor allem durch die Franziskanerschule) erreichte mit deren Verurteilung 1277 ihren Höhepunkt, doch bereits 1309 wurde sie zur Ordensdoktrin der Dominikaner erhoben. Durch seine Heiligsprechung (1323) und Erhebung zum Kirchenlehrer (1567) wurde die Wirkung seiner Lehre auch institutionell abgesichert.

Lehre[]

Schon in dem Titel des philosophischen Hauptwerks, "Summa contra Gentiles", liegt sein Grundcharakter beschlossen; es ist eine "Verteidigung des katholischen Glaubens wider die Heiden", d.h. vor allem gegen die arabischen Aristoteliker, von den Griechen besonders gegen Demokrit, Empedokles und Anaxagoras. Aber die Verteidigung war für Thomas kein bloßer Kampf, sondern mit einer Aufnahme antiker Weltanschauung als Vorstufe der christlichen verbunden.

Verhältnis von Theologie und Philosophie[]

Das Charakteristische und in gewissem Sinne Großartige des schon von Albertus Magnus vorbereiteten thomistischen Denkens bestand darin, dass es die aus Aristoteles geschöpfte antike Gedankenwelt nicht bloß bewusst, sondern auch methodisch in diejenige der Kirche einordnete und so ein in seiner Art imposantes System aufbaute. Die natürliche Vernunft (lumen naturale) wurde nicht verworfen, sondern, was durch sie als unumstößlich erkannt war, hatte Geltung auch für die Theologie.

Wo uns aber "das natürliche Licht" im Stich ließ, trat die Offenbarung ein. So konnte auch die Vernunft schon eine Reihe von Beweisen für das Dasein Gottes auffinden (Schluss vom Bewegten auf den Beweger, von der Zweckmäßigkeit der Welt auf ihren Schöpfer u. a.), dagegen nicht für die Mysterien der Dreieinigkeit, des Jüngsten Gerichts, der Sakramente, des Fegefeuers usw.

Hier konnte sie nur helfend hinzutreten, durch Analogien erläutern und gegnerische Einwürfe widerlegen. Denn diese Offenbarungslehren waren nicht wider-, sondern nur übervernünftig. Vernunftbeweise konnten auf diesem Gebiet nur dann beweisend sein, wenn man von vornherein das Offenbarungsprinzip und die Offenbarungsurkunden anerkannte, wozu den Menschen ein innerer Zug und die äußere und innere Wunderkraft des Christentums unwiderstehlich trieb.

So war schließlich alle menschliche Wissenschaft doch nur eine Magd der Theologie, die Natur eine Verläuferin (praeambula) der Gnade. Aber die Gnade hob die Natur nicht auf, sondern vollendete sie. Deshalb konnte Thomas den gesamten weltlichen Lebenskreis, soweit er sich dem Christentum anpassen ließ, als Vorstufe zum Gebiet der Offenbarung anerkennen und seinem Systeme einfügen.

Verhältnis von Metaphysik und Psychologie[]

Nicht bloß die gesamte Logik des Aristoteles konnte von Thomas als unschädlich in die Kirchenlehre einverleibt werden, sondern auch fast die ganze Psychologie und Ethik, ja mit gewissen Modifikationen auch die Metaphysik; woraus, nebenbei bemerkt, der konservative Charakter des Aristotelismus ersichtlich ist. Mit Aristoteles legte auch Thomas das größte Gewicht auf die Unterscheidung von Materie und Form.

Das Prinzip der Individuation der Einzeldinge lag für ihn darin, dass die Materie durch die Formen bestimmt wurde (materia signata), von den ersten, Raum und Zeit, die dem Stoff untrennbar anhaften (materielle Formen), bis zu den Intelligenzen oder stofflosen, abgesonderten Formen, deren höchste, schlechthin einfache die Gottheit war, die Ursache (causa efficiens) der von ihr aus dem Nichts hervorgerufenen Welt und ihr Endzweck (causa finalis).

Daraus folgte Thomas' Stellung zum Universalienproblem im Sinne des gemäßigten Realismus. Die menschliche Seele war (nach Aristoteles) zugleich die niedrigste der abgesonderten Formen und die Entelechie des Leibes, also gewissermaßen die oberste materielle Form. Es existierte eine stetige Entwicklungsreihe von den niedrigsten Daseinsformen über das pflanzliche (anima vegetativa) und tierische (a. sensitiva) Leben hinauf zu der vernünftigen (a. rationalis) Seele des Menschen und weiter der Welt reiner Geister (Engel), die u. a. auch die Gestirne lenken, bis zur reinen Tätigkeit und absoluten Form, d. i. der Gottheit, die von Anfang an den Hauptgegenstand von Thomas' Forschung bildet.

Eine gewisse Selbständigkeit des Naturlaufs und des Menschen erkannte Thomas insofern an, als Gottes Güte den Naturdingen eine selbsttätige Kausalität verliehen hatte, wonach Naturlauf, Zufall (Kreuzung von Mittel und Ursache) und freier Wille mit seiner Weltregierung vereinbar waren. Die menschliche Erkenntnis entstand für ihn dadurch, dass die äußeren Gegenstände der Seele Abbilder von sich lieferten.

Die Einteilung der Seelenkräfte und -tätigkeiten übernahm Thomas von Aristoteles; dagegen lehrte er, unter scharfer Bekämpfung des Averroës, die Unsterblichkeit der Seele (nicht bloß des Geistes) im christlichen Sinne; sie folgte im Wesentlichen aus ihrer Nichtstofflichkeit.

Verhältnis von Ethik und Politik[]

Wie Metaphysik und Psychologie, so zeigen auch Ethik und Politik bei Thomas von Aquin den aristotelischen Grundzug. Das sittliche Ziel des Menschen lag für ihn in der Entwicklung seiner vernünftigen Natur. Eine weitere Begründung der Ethik gab er nicht, entwarf aber dagegen ein sehr verzweigtes System von Tugenden und Affekten. Zu den vier antiken Kardinaltugenden kamen auch bei Thomas die drei christlichen (Glaube, Liebe, Hoffnung) hinzu.

Jene Tugenden, die vom Menschen durch Übung erworben werden konnten, führten zur natürlichen, aber unvollkommenen, diese, "von Gott eingegossen", zur vollkommenen und ewigen, himmlischen Glückseligkeit. Wie bei Aristoteles, bestand auch für ihn die Tugend in der rechten Mitte, und hatten die dianoëtischen den Vorrang vor den ethischen. Denn Thomas war ein entschiedener Intellektualist. Nicht dem Willen erteilte er den Primat zu, sondern der Erkenntnis.

Der Wille konnte frei wählen, aber er fiel seine Entscheidung auf Grund des Wissens, wie denn auch das Gewissen (conscientia) vom Wissen (scire) stammt. Selbst der göttliche Wille war durch den göttlichen Intellekt an die göttliche Weisheit gebunden. Das höchste Gut bestand in der Seligkeit und diese in der unmittelbaren Anschauung (visio) Gottes. Überhaupt stand das beschauliche Leben für ihn als Mönch höher als das tätige. Auf die übrigen, besonders in der "Summa theologica" außerordentlich weit ins Einzelne ausgesponnenen Ausführungen und Begriffsunterscheidungen, die mehr für die Theologie Interesse haben, finden sich in ihren inneren Charakter in jeder heutigen römisch-katholischen Moraltheologie wieder.

Während das außertheologische Interesse Albertus Magnus'hauptsächlich dem naturwissenschaftlichen Gebiet galt, so war das des Thomas in erster Linie den politischen Fragen zugewandt. Auch hier - es kommen besonders die Schrift "De regimine principum" (die übrigens nicht in allen ihren Teilen echt ist) und sein Kommentar zu Aristoteles' Politik in Betracht - erfolgte eine Aufnahme des Aristotelismus in den kirchlichen Gedankenkreis. Bei Thomas fand sich keineswegs mehr die starre Entgegensetzung des sündigen weltlichen und des Gottesstaates, wie bei Augustin.

Sondern der Mensch war als politisches Lebewesen durch die Natur auf Geselligkeit und Verbindung in Familie, Gemeinde und Staat hingewiesen. Der letztere war eine rein menschliche Einrichtung, sein Zweck, die Tugend zu verwirklichen und nach Möglichkeit irdische Glückseligkeit herzustellen. Auch das Recht war göttlichen Ursprungs. Die Monarchie war die beste, weil nützlichste, Staatsform, sollte aber mit teils aristokratischen, teils demokratischen Garantien gegen Ausartung in Despotismus umgeben werden. Von sozialen Gedanken enthielt Thomas' Idealstaat allerdings sehr wenig.

Lauter Gemeinbesitz würde nach ihm nur Unfrieden stiften. Hörigkeit und Leibeigenschaft hielt er für ein ebenso natürliches und unantastbar soziales Erzeugnis, wie Aristoteles die Sklaverei. Für den Handel, den er für ein schimpfliches Gewerbe hielt, zeigte der Scholastiker kein Verständnis. Übrigens war dieser ganze weltliche Staat doch nur Vorbereitung auf den himmlischen, dessen sichtbaren Ausdruck auf Erden die römisch-katholische Kirche darstellte. Ihrem Oberhaupt, dem Papst, mussten daher alle christlichen Könige ebenso gehorchen wie "unserem Herrn Jesus Christus selber" [1].

Mittelalterlich-kirchliche Weltanschauung[]

So zeigte sich Thomas als der rechte Vertreter mittelalterlich-kirchlicher Weltanschauung, die er in ein unleugbar mit großem Geschick und Scharfsinn im einzelnen ausgedachtes System brachte. Er hatte die antike Forschung mit dem Denken des christlichen Abendlands enger verknüpft, trug zur logischen Schulung der Geister bei und half durch seine Grenzabsteckung zwischen natürlichem Wissen und Offenbarung die künftige Selbständigkeit der Wissenschaft anzubahnen. Thomas war, wo ihn nicht, wie z.B. gegenüber Ketzern, sein kirchlicher Standpunkt verblendete, eine milde und edle Natur. Die Einwände, welche die selbständig gewordene Wissenschaft und Philosophie gegen seine Lehre erheben musste, treffen deswegen nicht seine Person, sondern die von ihm vertretene Weltansicht.

Thomas von Aquino fand schon unter seinen Zeitgenossen, und zwar nicht nur in seinem Orden, zahlreiche Anhänger. Darunter befanden sich z.B. der Historiker Vincenz von Beauvais († 1264) und Petrus Hispanus († 1277 als Papst Johann XXI.). Selbst der größte Dichter des Mittelalters, Dante Alighieri (1265 bis 1321), zeigte sich in seiner "Divina Commedia" und besonders in seiner politischen Abhandlung "De monarchia" (um 1309) von thomistischen Anschauungen beeinflußt.

Schriften[]

Die Werke des Thomas wurden häufig gedruckt, zuerst in Rom 1570 f. in 18 Foliobänden, dann 1594 ff., 1612, 1636 ff., 1660, 1745-88, 1852-73 (Parma), 1872 ff. (34 Quartbände, Besançon und Paris). Von einer, "auf Befehl und Kosten" von Papst Leo XIII. vom Dominikanerorden seit 1882 veranstalteten Ausgabe (Rom und Freiburg i. B.) waren bis 1913 zwölf Folianten erschienen. Daneben existieren noch zahlreiche Ausgaben der Einzelschriften, besonders der "Summa theologica".

Seine Schriften sind im Stil breit und unkünstlerisch und lassen sich in vier Gruppen einteilen:

  • 1. Kommentare zu Aristoteles (denjenigen seines Lehrers Albertus Magnus durch bessere Übersetzung, Latinität und Darstellungsweise überlegen)
  • 2. sein philosophisches Hauptwerk "De veritate fidei catholicae contra Gentiles" ('Die Heiden'), gewöhnlich als "Summa contra Gentiles" zitiert, in vier Bücher und nach scholastischer Methode in 464 Kapitel eingeteilt,
  • 3. die beiden theologischen Hauptwerke: der Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus und die (unvollendete) "Summa theologica" oder "theologiae",
  • 4. eine Anzahl kleinerer Einzelabhandlungen (opuscula).

Quellen[]

Wikipedia
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Einzelnachweise[]

  1. vgl. J. Baumann, Die Staatslehre des heiligen Thomas von Aquino, Leipzig 1873