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Das System der Tongefäßornamentik blieb in Mittel- und Nordeuropa von der Jungsteinzeit (5500-2200 v. Chr.) an dieselbe: Es ist die Nachahmung des Flechtens und Schnürens. Nur die Technik, in der die Ornamentik hergestellt wurden, wechselte, und zwar in der Weise, daß man sich ihre Herstellung immer bequemer zu machen versuchte.
Beschreibung[]
Zuerst wurde in „Tiefstich" die alte Korbflechterei Punkt für Punkt nachgebildet (s. Korbstil). Dann nahm man eine Schnur und drückte gleichlange Linien ringsherum ein (s. Schnurkeramik), in der Lausitz ging man zu der „Kannelierung" über, bei der sich mittels eines rundzahnigen Holzes oder Knochens gleich eine Reihe von parallelen Furchen erzielen ließ (s. Lausitzer Typus). Die saubere Furchung wurde abgelöst durch flüchtigere Ritzung oder Kratzung. Zwischendurch hatte man auch in dem Rädchen eine maschinelle Hilfe gefunden, und ganz vereinzelt verwendete man ab der Latènezeit (450 v.Chr. bis 15 n.Chr.) nach südlichem Vorbild den Farbenpinsel zur Tonmalerei.
Jungsteinzeit[]
In der Steinzeit bilden Tongefäßornamentik einer der Hauptmerkmale zur Definition und Unterscheidung europäischer Kulturgruppen. So bildet z.B. die Linienbandkeramik (5700-4100 v. Chr.) mit Gefäßen z.B. im Kürbisstil ein Charakteristikum des Frühneolithikums, der Korbstil der Rössener Kultur (4300-3500 v. Chr.) ist z.B. typisch für die mittlere Jungsteinzeit und die Schnurkeramik (2800-2200 v. Chr.) für das Endneolithikum.
Korbstil[]
- Siehe Hauptartikel: Korbstil
In reicher Weise zeigt sich das technische Ornament auf den Tongefäßen aus den norddeutschen Megalithgräbern, also aus der Jungsteinzeit des 3. und 2. Jahrt. v. Chr. Ersichtlich sind diese Gefäße in Nachahmung von Korbgeflechten entstanden, weshalb dieser Kunststil auch "Korbstil" genannt wird. Ihre Grundform ist eine Schale von der Gestalt der mordernen Milchsatte. Der obere Rand ist besonders fest abgenäht, den Boden bildet eine runde Holzplatte; beide, Rand und Boden, sind verbunden durch vier Spanten öder Bänder, und deren Zwischenräume gefüllt durch leichte Flechterei in Horizontal-vertikal- oder Zickzack-Motiven.
Diese alte Struktur ist aus der Form und Verzierung der Tongefäße deutlich zu entnehmen: aus der seitlich überstehenden Bodenplatte, die durch feste Stiche mit dem geflochtenen Schalenkörper vernäht ist, den kräftigen senkrechten Flechtbändern, den besonderen Horizontal linien am oberen Rande (Saumornament). Die Henkel sind mit divergierenden Linien in den Gefäßkörper eingenäht... Weiterlesen.
Kürbisstil[]
- Siehe Hauptartikel: Kürbisstil
- Artikelbild: Spiralkeramik / Bandkeramik im Kürbisstil aus Butmir in Bosnien
Eine Variation der Bandkeramik ist der sog. Kürbisstil. Dieser norddeutsche Flechtstil verbreitete sich nach Mittel- und Süddeutschland und dann die Donau hinunter in vielfachen Abwandlungen, da er durch die in den jeweiligen Gegenden heimischen Stilarten beeinflusst wurde. Ein solcher Einfluss erfolgte vor allem durch die in den Donauländern auftretenden sog. „Spiralkeramik“ (im Umlaufstil).
Sie bildet den denkbar größten Gegensatz zu dem norddeutschen Korbflechtstil. Ihre Gefäßform ist die Nachbildung des Flaschenkürbis (Lagenaria vulgaris), der in der Mitte wagerecht durchgeschnitten eine halbkugelige Schale liefert, weiter oben ebenso durchgeschnitten einen geschweiften Topf. Der hartschalige Flaschenkürbis, der in Afrika zu Hause ist, war im Süden ein natürlich vorkommendes Gefäß. Dieses Gefäß hatte ganz glatte Wände... Weiterlesen.
Schnurkeramik[]
- Siehe Hauptartikel: Schnurkeramik
Zum Ende der neolithischen Zeit (2800 bis 2200 v. Chr.) war in Mitteldeutschland, mit Thüringen - speziell dem Saalegebiet - als Zentrum, ein besonderer keramischer Stil zu Hause, die sog. Schnurkeramik. Diese Tongefäße mit Schnurverzierung wurden lange Zeit höchst unterschiedlich beurteilt, und vielfach an die Spitze der steinzeitlichen Stilarten im heutigen Deutschland gestellt.
Ihre Formen stehen den west-und südeuropäischen Formen nahe; ihre Verzierungen sind mit einer Schnur eingedrückt, um den Anschein hervorzurufen, als ob das Gefäß mit Schnüren umwunden oder ganz aus feinem Geflecht hergestellt wäre. Die Verzierungen selbst sind dem Flechtstil der nordischen Megalithkeramik verwandt... Weiterlesen.
Bronzezeit[]
In Nordwestdeutschland ging der keramische Stil mit dem Ausgang der neolithischen Zeit zusammen mit der bisdahin gängigen Ornamentik unter. Die einfachen bauchigen Urnen trugen danach fast nie eine Verzierung.
Lausitzer Typus u. Buckelverzierung[]
- Siehe Hauptartikel: Lausitzer Typus, Buckelverzierung
Dagegen entwickelte sich im östlichen Deutschland aus den Ausläufern des Megalithstils bei Bernburg (s. Bernburger Typus) und Magdeburg in die Mark und die Lausitz hinein ein neuer „Lausitzer Stil“ der Bronzezeit. Am einleuchtendsten tritt dies Verhältnis hervor, wenn man die Hauptformen der Gefäße von Walternienburg bei Magdeburg mit den Hauptformen der Lausitzer Keramik vergleicht. Zwei gefundene Lausitzer Kegelhalsterrinen mit Hofbuckeln haben denselben weiten und scharfgeknickten Bauch und denselben hohen und steilen Hals. Die oberen Schnurhenkel sitzen im Winkel zwischen Schulter und Hals, die unteren von Walternienburg wurden in der Lausitz zu Zierbuckeln... Weiterlesen.
Vorrömische und römische Eisenzeit[]
Weder in der vorrömischen Eisenzeit (800-100 v. Chr.) noch den folgenden Jahrhunderten kommen in Norddeutschland neue Motive auf. Doch die Technik zur Herstellung der Ornamente erfährt einige Änderungen: zur Herstellung der Schnurverzierung wird ein Rädchen verwendet, das die Schräglinien und später die Punkte fortlaufend gleichmäßig herstellt.
So wird zuerst der zwischen den umlaufenden Lausitzer Furchen stehen gebliebene Wulst mit dem Rädchen übergangen und damit zur Schnur gestempelt; die dazwischen liegenden Furchen erscheinen als Nebensache. Ebenso werden dann die Zickzacklinien, die als Gehänge von den umlaufenden Rillen erscheinen, mit dem Rädchen hergestellt (Treplin).
Latènezeit[]
- Siehe auch: Keramik der Latènekultur
Die Ornamentik der Latènezeit besteht in eigentümlich geschlängelten Linien, in denen das Triquetrum und die Spirale vorherrschen. Vielfach finden sich unter den Ornamenten Schmelzinkrustierungen (Emaile, Blutglas). Von Edelmetallen zeigt sich besonders Silber verarbeitet. Unter den Bronzegefäßen sind die Schnabelkannen mit hochragenden Ausgüssen bemerkenswert. Gewisse Ornamente der Latènegruppe, wie z. B. die eingegrabenen Ringe und Wellenlinien, die Dreiecke, die phantastischen Tiere, deren Kiefer, Schwanz, Hörner und Füße in Pflanzensprosse auslaufen, stellen ein in der keltischen Ornamentik häufig zu findendes Motiv dar.
Römische Eisenzeit[]
- Siehe auch: Keramik der Römischen Kaiserzeit
Die Mäanderverzierung, die in der Römischen Eisenzeit (0-200 n. Chr.) auf glatten, kohlschwarzen Gefäßen in Norddeutschland, besondern im Elbegebiet auftritt, ist ebenfalls ein aus Flechterei entstandenes Ornament, das noch aus der Hallstattkultur stammt.
Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter[]
- Siehe auch: Keramik der Völkerwanderungszeit
In der Völkerwanderungszeit (ca. 375-568) tritt in der Altmark und in Altsachsen eine Keramik auf, die wie eine neue Blüte der alten neolithischen Ornamentik erscheint. Die Gefäßformen knüpfen an den Rössener Typus an, die Verzierungen sind Flechtwerk mit dicken Spanten und allerhand Stempelwerk, wie es auch in der fränkisch-merowingischen Keramik vorkommt.
Die sächsischen Töpfe, deren Stil im Land Hadeln (im heutigen Niedersachsen), zwischen Elb- und Wesermündung, seinen Brennpunkt hat, gingen auch über nach England und der Südküste von Norwegen, ein bemerkenswertes Beispiel, wie man volkliche Wanderung archäologisch erkennen kann.
In dieser völkerwanderungszeitlichen Keramik, der norddeutsch-sächsischen wie der mittel- und süddeutschfränkischen, wird vielfach mit dem Stempel verziert. So werden hauptsächlich viereckige Punkte in größerer Zahl auf einmal eingedrückt. Das Muster, das dadurch ursprünglich erzielt werden sollte, ist nichts anderes als wieder die alte horizontal-vertikale Flechterei. (siehe: Keramik des Frühmittelalters) Es werden aber auch vielfach andere Motive wie Kreuze - die nachher auch auf slawischen Gefäßen und bis ins Mittelalter hinein häufig sind-, Rosetten und Fußsohlen, wobei sich letztere auch in der Keramik der Römischen Kaiserzeit finden, verwendet.
Tonmalerei[]
Malerei in dem Sinne kommt auf Tongefäßen im germanischen Gebiet fast gar nicht vor. Erst in der Latènezeit (450 v.Chr. bis 15 n.Chr.) erkennt man einige südliche Einflüsse. In Schleswig-Holstein und auf der Römerschanze bei Potsdam wurden aus der Römischen Eisenzeit (1 bis 375 n. Chr.) einige bemalte gelbe Scherben mit breiten roten Bändern darauf gefunden. Ähnlich verhält es sich mit den Wandmalereien in den Häusern der Germanen, von denen Tacitus spricht. Ein prächtiges und einzigartiges Beispiel für die Ornamentmalerei im Nordeuropa ist die schwedische Hausurne, bei der Tür und Fenster, sowie die Dachkonstruktion braunrot auf gelbem Grund gemalt sind [1].
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Handbuch der deutschen Altertumskunde (Internet Archive). Ludwig Lindenschmit. Braunschweig, 1880-89.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. III, S. 373 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Kulturgeschichte Schwedens von den ältesten Zeiten bis zum elften Jahrhundert nach Christus (Internet Archive). Oscar Montelius. Leipzig : E. A. Seemann, 1906. S. 133