Mittelalter Wiki
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Das Turnei wird auch als „echtes Turnier bezeichnet. Im Gegensatz zum spontan möglichen Buhurt oder Tjost musste dieses Ritterspiel stets vorher formell angekündigt werden. Es wurde als Gruppen- oder Einzalkampf mit scharfen oder stumpfen Waffen ausgetragen.

Beschreibung[]

Ein echtes Ritterturnier (Turnei) fand nicht überall in gleicher Weise statt, die Franzosen z.B. galten als hitziger als die Deutschen, manche Regionen hatten größere Vorliebe für dieses Kampfspiel, andere geringere Freude daran.

Arten[]

In Beziehung auf den Zweck des echten Turniers unterscheidet man:

  • turnei durch lernen, mlat. tirocinium - Knechtturnier.
  • turnei umbe guot - Beuteturnier, bei dem der Sieger Rüstung, Ross und Lösegeld des Verlierers / Gefangenen erhielt.
  • turnei durch die vrouwen - Frauenturnier.
  • turnei durch êre - Ehrenturnier

Turnei durch lernen[]

Beim turnei durch lernen, mlat. tirocinium, sollten die Knappen in die Turnierkunst eingeführt werden. Diese Spiele fanden unter Aufsicht älterer Ritter statt. Aber nur die drei letzten Jahre der Knappenzeit, in denen der Knappe mhd. kneht hieß, berechtigten zur Teilnahme an diesen Turnieren. Es war die Zeit, wo er schon, wenn auch nur geduldet, das ritterliche Schwert führte und das ritterliche Ross ritt; doch trug er jenes noch nicht gegürtet, sondern musste es an den Sattel hängen. Ein solches Knechtturnier fand auch am Tage vor der Schwertleite statt, zur Prüfung der Kandidaten des Rittertums.

Turnei umbe guot[]

Beim turnei umbe guot gehörte die Rüstung und das Ross des Gefangenen von Rechts wegen dem Sieger, und der Gefangene musste sich für eine von diesem geforderte Summe auslösen. Doch galt es für anständig, den Gefangenen freizugeben. Aber nicht alle Turnierer beobachteten diesen Anstand, namentlich jene Glücksritter nicht, die erbelos im Lande herum abenteuerten, gewandt im Turnieren waren und sich lediglich durch Turniere erhielten. Um solchen Leuten ihre Freude zu lassen, stiftete man geradezu turniere umbe guot, Turniere, wo das Beutemachen die Hauptsache war; wer hier kein Lösegeld hatte, musste „ze den juden farn“. Am Rhein fanden solche Turniere das ganze Jahr statt.

Turnei durch die vrouwen[]

Unter einem Turnei durch die vrouwen versteht man sowohl den auf jedem ordnungsmäßigen Turnier stattfindenden Damenstich, an welchem besonders die vrouwen ritter teilzunehmen hatten, als überhaupt solche Turniere, welche zu Ehren und zur Belustigung der Frauen angestellt wurden. Frauen nahmen überhaupt den lebhaftesten Anteil an solchen Belustigungen; ja es wird erzählt, wie sie sogar Männerrüstung angelegt und zum Schimpfe (zur Kurzweil) turniert hätten. Diese Turnierart artete leicht in ein Galanteriespiel aus.

Turnei durch êre[]

Das Turnei durch êre war das edelste Turnier; hier konnten nur erprobte Ritter mit Erfolg kämpfen, Gefangene wurden sofort freigegeben. Wurden zwar bei diesem Turniere, was bei den drei andern Arten vermutlich nicht stattfand, Preise ausgesetzt, so blieb der Hauptlohn für den Sieger doch immer der, der geschickteste Turnierer genannt zu werden. In den höfischen Geschichten geschieht es oft, dass bei einem solchen Turnier eine Dame sich und ihr Land dem Sieger als Preis anbietet.

Bedingungen[]

Nach den Bedingungen, unter denen das Turnei stattfand, kann man unterscheiden:

  • Turnei ze ernste - Ernstes Turnier.
  • Turnei ze schimpfe - Schimpfturnier.
  • Turnei ze schimpfe mit vride - Schimpfturnier mit Friede.
  • Turnei ze schimpfe mit vride mit kippern - Schimpfturnier mit Friede und Knechten.

Turnei ze ernste[]

Das Turnei ze ernste war ein ernstes Turnier. Darunter wurde nicht ein Turnierkampf verstanden, der zwar friedlich begonnen, aber durch den Zorn einer Partei in einen wirklichen Kampf ausartete, wobei man die stumpfen Waffen mit scharfen vertauschte, sondern ein Turnier, das wirkliche Feinde nach gegenseitiger Verabredung mit scharfen Waffen abhielten.

Turnei ze schimpfe[]

Das Turnei ze schimpfe (Schimpfturnier) war ein Turnier mit stumpfen Waffen, dessen Hauptgewicht auf den durch das künstliche Reiten ausgebildeten Lanzenkampf fällt. Es kommt hier vor allem darauf an, möglichst viele Gegner aus dem Sattel zu heben und sie zur Sicherheit (fîance) zu bringen; der Besiegte verlor dadurch seine Freiheit und es stand völlig in dem Belieben des Siegers, ob und wann er ihn freilassen, ob und für welche Summe er ihm sein Kampf-Zeug zurückgeben wollte. Im Gegensatze zu diesem Turnier steht.

Turnei ze schimpfe mit vride[]

Beim Turnei ze schimpfe mit vride (Schimpfturnier mit Friede.) setzte man von vornherein eine Lösesumme fest, die der Besiegte an den Sieger zu zahlen hatte und die im Durchschnittswert der zu Felde gebrachten Turnierrüstungen bestand. Unter Umständen war diese Turnierweise gefährlicher als die vorhergehende; dort konnte ein edelmütiger Sieger seinen Gefangenen unter Umständen freigeben; hier verstand es sich unter alle Umständen, dass das vorher ausgemachte Lösegeld bezahlt werden musste.

Turnei ze schimpfe mit vride mit kippern[]

Das Turnei ze schimpfe mit vride mit kippern (Schimpfturnier mit Friede und Knechten. ) war das einzige Ritterturnier, bei dem es den Knappen gestattet war in den Kampf einzugreifen. Ein „Kipper“ war eine turnierunfähige Person, die sich während des Kampfes der Beute der Ritter bemächtigte, in erster Linie Knappen. Da sie indes keine ritterlichen Waffen tragen durften, mussten sie sich mit einem einfachen Knüttel behelfen; auch konnten sie nicht zu Rosse sitzen, mussten vielmehr ihrem Herrn zu Fuß nachgehen. Ihre Aufgabe war, den abgestochenen Ritter so lange mit Prügeln zu traktieren, bis er Sicherheit (fîance) gelobte (siehe Tjost: Turnierschwertkampf). Diese wenig höfische Kampfweise wurde besonders im Turnei umbe guot geduldet; im turnei durch êre schloss man sie gewöhnlich aus.

Veranstaltung und Ausrichtung[]

Was die Veranstaltung und Ausrichtung eines echten Turniers betrifft, so musste der Ritter, der ein Turnier abhalten wollte, zunächst den, gegen den er zu kämpfen beabsichtigte, davon in Kenntnis zu setzen (den turnei anbieten). Nahm es dieser an, so einigte man sich über die Bedingungen, unter denen der Turnei abgehalten werden sollte, ob ze ernste oder ze schimpfe, mit vride oder âne vride, wie der Turnei stân oder gelten soll, d.h. wie hoch die Auslösungssumme anzusetzen sei, ob Kipper zuzulassen seien oder nicht.

Dann wurde Zeit und Ort für den Turnei festgestellt, was die Zeit betrifft, immer im Sommer und zwar meist am Montag. Der Turnierort war ein großer freier Platz, in der Regel in der Nähe einer größeren Stadt. Beide Teile sorgten jetzt für die Auskündung des Turniers (den turnei schrîen), was durch Knappen an bestimmte Personen oder an jeden turnierfähigen Mann geschah, der angetroffen wurde. Mindestens drei Wochen dauerte es von da bis zum bestimmten Termin.

Der Turnierplatz wurde von Schranken (hâmit) umschlossen, hinter denen sich die Bestuhlung für die Damen, alten Herren und die Mitglieder des Turniergerichts erhob. Die zum Turnier Erschienenen wurden gemustert und geprüft, ob sie turnierfähig, d.h. Ritter seien und zur Zeit in keinem unfreien Verhältnisse stünden. Jeder Turnierteilnehmer konnte allein oder mit seinen Gesellen, welche entweder Dienstmannen oder Ritter waren, die sich ihm freiwillig angeschlossen hatten und dann wie die Dienstmannen während des Turniers das Wappen ihres erkorenen Dienstherren trugen.

Wer ganz auf eigene Faust kam, hieß „Muotwillaere“, wozu die Lantvaraere gehörten, die als Glücksritter das Turnier des Erwerbs wegen aufsuchten. Ferner wurde konstatiert, ob jeder im vorgeschriebenen Turnieraufzug gekommen sei, nämlich „georset“, mit einem mhd. ors = 'Streitross', versehen, das stets männlich und meist ein Hengst war, und gezimiert, d.h. mit der Zimierde, dem Helmschmuck und dem Wappen auf dem Schilde versehen.

Waffenschau[]

Die Angriffswaffen sind Lanze (teilweise bemalt) und Schwert, beide abgestumpft. Diese mussten spiegelblank aussehen. Die Rüstung musste ganz neue Riemen haben und bei allen gleich sein. Dazu gehören u.a. das harnas oder harnasch - Ringpanzer, bestehend aus:

  • der Kopfbedeckung (der Coife) die entweder den ganzen Kopf umschliesst und nur Löcher für die Augen lässt oder das Gesicht ganz frei gibt
  • der Bedeckung des Oberkörpers, der Brünne bwz. Halsberge (halsperc)
  • der Bedeckung der Beine und Füsse: îserhosen oder îserkolzen
  • dem Halsschutz - das collier
  • dem Kopfschutz - die barbier, eine gewölbte Eisenkappe, die von der Stirnleiste des Helmes bis zum Kinn herabreichte und oben Löcher für das Auge hatte
  • dem Brustschutz - die plate
  • dem Knieschutz - das schinnelier

Alles dies war von innen besonders bepolstert. Wie der Rittet ist das Ross in eine eiserne Decke gehüllt. Die Schutzwaffen sind:

  • der Turnierhelm, im Gegensatz zu dem in der Schlacht zu dieser Zeit noch meist gebrauchten îsenhuot (Eisenhut), mit der Zimier, dem Helmschmuck versehen;
  • der Turnierschild in Form eines abgerundeten Dreieckschildes, mit dem bunt bemalten Wappenbild.

Ablauf[]

Der eigentliche Turnierkampf zerfällt in die Vesperîe, den Turnei im engeren Sinne, und den Damenstoß. Dabei sind Vesperie und Damenstoss beim klassischen Turnei die Regel, fehlen allerdings gewöhnlich beim „Turnei umbe guot“. Die Vespereî ist ein Turnei am Vorabend des Festes, an dem sich vorwiegend jüngere Ritter und Knechte beteiligen; für das Urteil des Turniergerichts kommt dieses Spiel nicht in Betracht.

Der eigentliche Turnei beginnt mit Anhörung einer Messe; dann ordnen sich die Ritter (der turnei wirt geteilt), so zwar, dass völlige Harmonie der einzelnen Streitgruppen vorhanden sein muss. Jede Abteilung, teil oder parte genannt, hat ihren Hauptführer, zerfällt aber wieder in Scharen oder Rotten mit Einzelführern. Am Damenstoß beteiligen sich nur ausgewählte Ritter; doch heisst es erst, wenn er gestochen ist, „nû het der turnei ende“.

Auf den Turnei folgt der Urteilsspruch und die Preiszuerkennung. Das Turniergericht setzte sich zusammen aus den ältesten und erfahrensten Rittern, die nicht selber turnierten und aus ihren für diesen Dienst bestimmten, erprobten und wappenkundigen Knappen, denen alle Kostbarkeiten, Wappen und Zimierden, die auf dem Turnierplatze liegen geblieben sind, als ihr rechtmässiges Eigentum zufallen. Sieger kann im Turnei durch êre nur einer sein, der den prîs ze beiden sîten hât, d.h. wer den turniermässigen Lanzen- und Schwertkampf (siehe Tjost) am gewandtesten gekämpft und am elegantesten dabei geritten hat.

Quellen[]

Einzelnachweise[]