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Das Turnier (mhd. Turnei, franz. Tournoi, lat. Torneamentum) war im Mittelalter eine Bezeichnung für feierliche Ritterspiele, die zumeist in kriegerischen Kampfübungen bestanden. Dazu gehören vor allem das Lanzenstechen (der Tjost), der Buhurt und das Ringrennen, wobei man allgemein zwischen Rossturnieren und Fußturnieren unterscheidet. [1]
Anfangs sagte die Kirche jeder Ritter der bei einem Turnier verstirbt würde kein christliches Begräbnis erhalten. Im Laufe der Zeit änderte die Kirche diese Entscheidung jedoch.
Beschreibung[]
Das Turnier (lat. torneamentum von lat. tornare = 'drehen, kehren, wenden', frz. tournoyer, mhd. turnieren) ist neben der höfischen Dichtung der markanteste Ausdruck des mittelalterlichen Rittertums. Es wurde entweder bei höfischen Festlichkeiten oder auch als gesondertes Ereignis abgehalten. Ursprünglich waren Turniere lediglich Reiterspiele, d.h. Abbilder großer Reiterschlachten, doch wurden in der Folge auch Kämpfe zu Fuß (Fußturnier) und andere Übungen, wenigstens als Nachspiele, bei den Turnieren angestellt.
In der Hauptsache gab diese Veranstaltung den Rittern Gelegenheit, sich im Reitergefecht praktisch zu üben. Doch einige Verschönerungen verliehen dem Turnier den Charakter eines höfischen Festes. So sahen z.B. auch Damen zu und dem hervorragendsten Ritter wurde zuweilen auch ein Preis zuerkannt. Obgleich die Turniere meist zum Vergnügen gehalten wurden (Schimpfturniere), wobei die Kämpfer nicht Schaden leiden sollten, so geschahen Verletzungen dennoch nicht selten, und oft wurden sogar die Turniere von Turniergesellschaften als Gelegenheiten gewählt Rache an einander zu nehmen; daher bisweilen mehre Tote oder schwer Verwundete den Turnierplatz bedeckten.
Arten[]
Bekannte Arten das Turniers waren z.B. das Lanzenstechen (Tjost) und Rennen (Rennturnier), im hohen Zeug etc. Bei Gruppenkämpfen, wie dem Buhurt bzw. dem Turnei, konnten die Ritter ihre Gewandtheit zur Geltung zu bringen. Dagegen standen sich beim Tjost nur zwei Gegner gegenüber, die mit abgestumpften, oft aber auch mit scharfen Waffen miteinander kämpften.
Man muss allerdings durchaus unterscheiden zwischen den Turnieren der eigentlichen höfischen Zeit (12. und 13. Jhd.), und zwischen den späteren Turnieren des 14. bis 16. Jhds. Die Turniere des Hochmittelalters unterscheiden sich von den in dieser Zeit sehr geläufigen ritterlichen Kampf- und Reitspielen, dem Tjost und dem Buhurt, dadurch, dass diese auch spontan zur Übung, Kurzweil oder auf Wunsch angestellt werden können, während das echte Turnier (Turnei) stets vorher angesagt werden musste.
Buhurt beim Ritterfest Jedenspeigen (Österreich, 2015)
- Turnei - „Echtes Turnier“, welches im Gegensatz zum Buhurt oder Tjost vorher angekündigt werden musste. Gruppenkampf mit scharfen oder stumpfen Waffen.
- Hierzu zählen auch das:
- „Turnei durch lernen“ - Knechtturnier.
- „Turnei umbe guot“ - Beuteturnier, bei dem der Sieger Rüstung und Ross des Verlierers erhielt.
- „Turnei durch die vrouwen“ - Frauenturnier.
- „Turnei durch êre“ - Ehrenturnier
- Unter den Bedingungen:
- „Turnei ze ernste“ - Ernstes Turnier, das wirkliche Feinde nach gegenseitiger Verabredung mit scharfen Waffen abhielten.
- „Turnei ze schimpfe“ - Schimpfturnier, bei dem der Besiegte seine Freiheit verlor und Lösegeld zahlen musste.
- „Turnei ze schimpfe mit vride“ - Schimpfturnier, bei dem der Besiegte nur eine festgesetzte Lösesumme zahlen musste.
- „Turnei ze schimpfe mit vride mit kippern“ - Schimpfturnier, bei dem der Besiegte nur eine festgesetzte Lösesumme zahlen musste, und bei dem Knappen in den Kampf eingreifen durften.
- Außerdem das:
Kopfrennen beim Ritterfest Jedenspeigen (Österreich, 2015)
- Kolbenturnier - Vorturnier (Turnei) mit Turnierkolben als Waffen.
- Kübelturnier - Belustigung der Knechte und Trossbuben nach dem Hauptturnier.
- Hierzu zählen auch das:
- Rennturnier
- Karussellrennen - Kreisrennen von berittenen Gruppen.
- Kopfrennen - Einzelkampf gegen Figurenköpfe.
- Quintanrennen - Einzelkampf gegen gegen Bäume, Pfeiler oder Holzpuppen.
- Ringrennen - Einzelkampf gegen aufgehangene Ringe.
Tjost auf dem MPS Bückeburg (2011)
- Tjost - Lanzenstechen, Lanzenbrechen. Zweikampf mit Lanze oder Schwert.
- Bundrennen
- Plankengestech - Weiterentwicklung des Tjosts, wo die Parteien durch eine Planke von einander getrennt sind.
Da das Kriegswesen sich allmählich änderte, wurden auch andere Kampfarten beim Turnier, besonders in Frankreich, gewöhnlich, darunter z.B. das Turnier zu Fuß (Fußturnier) mit Lanzen, Hellebarden, Schwertern; das Berennen und Verteidigen von Türmen, Mauern, Toren, Brücken etc., Ringen, Springen, Rennen oder Lanzenwerfen.
Turnierordnung[]
Die Regeln und Vorschriften für die Turniere wurden in den Turnierordnungen gegeben. Ihre Abfassung ging von den Turniervögten aus; die ältesten sind die sogenannten „Zwölf alten Turnierartikel“ aus unbestimmter Zeit, dann die Heidelberger Turnierordnung von 1481, die Heilbronner Turnierordnung von 1484. Allerdings sollen bereits früher in Würzburg und in Mainz solche Gesetze gegeben worden sein.
Waffen und Rüstungen[]
Auch die Rüstungen wurden im Laufe der Zeit den Ansprüchen der Turniere immer mehr angepasst; so entstanden spezialisierte Turnierrüstungen, wie z.B. das Stechzeug für das Plankengestech und das Rennzeug für das Rennturnier. [2]
Ablauf[]
Organisiert und ausgetragen wurden viele Turniere von Turniergesellschaften unter Leitung von Pfalzgrafen und Herzögen. Die bei einem Turnier gegenwärtigen Personen außer den Vögten und Rittern waren:
- Die Herolde - riefen vor dem Beginn des Turniers die Gesetze und Statuten desselben aus und untersuchten das Turnierzeug der Kämpfer;
- Die Grieswärtel (Stäbler) - als Aufseher des Kampfplatzes waren sie mit langen Stäben versehen und hatten das Amt vor dem Nennen die Weite abzumessen, welche die Kämpfer zu halten verbunden waren, während des Turniers die Turnierenden, wenn sie sich ernstlich angriffen, aus einander zu bringen und den Gefährdeten in Schutz zu nehmen.
- Die drei Damen (eine Frau, eine Witwe und eine Jungfrau) - waren bei der Wappenschau zugegen, kümmerten sich um die Interessen der anderen anwesenden Damen und überreichten den Siegern die Preise.
- Die Knappen - reichten ihren Rittern die Waffen und sicherten ihre Herren vor den Kolbenschlägen der Gegner; sonst durften sie sich nicht in den Kampf mischen.
- Die Kipper - turnierunfähige Personen, die sich beim Turnei ze schimpfe mit vride mit kippern während des Kampfes der Beute der Ritter bemächtigten, in erster Linie Knappen.
Der Ort, wo das Turnier von den Turniervögten ausgeschrieben wurde, war meist eine größere Stadt im Bereich der Turniergesellschaften, doch konnte es auch in anderen Provinzen stattfinden, wie z.B. in Sachsen (Merseburg, Braunschweig, Göttingen) und in Holland. Der Turnierplatz (Turnierhof) war länglichrund; an seinen Enden (Schranken, Seile) ritten die Kämpfer ein. Rings um die Bahn war ein Gerüst aufgeführt, welches in Bogen und Stufen abgeteilt, mit Teppichen, Vorhängen, Panieren, Schildereien etc. geschmückt und für Herren und Damen zum Zuschauen bestimmt war.
Turnierfähigkeit[]

Die Grosse Turney (Herbstein, 2005)
Tuniere konnten anfänglich nur Turnierfähige, d.h. mannhafte Personen aus altem, ritterbürtigem Geschlecht mit wenigstens vier ebenbürtigen (bei den Franzosen drei) Ahnen, halten. Erst später wurde Neugeadelten vom Kaiser zugleich das Privileg erteilt an Turnieren teilzunehmen.
Dagegen waren Patrizier, Handel und Gewerbe-treibende Adelige, außerdem Adlige, welche eine bürgerliche Frau genommen hatten und die aus einer solchen Ehe hervorgegangen waren, bis auf das dritte Geschlecht, auch alle Unehelichen, Ketzer, Gotteslästerer, Kirchen- und Straßenräuber, Ungehorsame gegen Kaiser oder Lehnsherren, Wortbrüchige, Meineidige, Mörder, Störer öffentlicher Ruhe, Verletzer des Landfriedens, Ehebrecher etc. ausgenommen.
Die Turnierfähigkeit wurde untersucht durch:
- a) die Wappen und Helmschau, wobei die Ritter Schild und Helm mit Helmzierraten und ererbte Kleinodien an einem bestimmten Platz ausstellten. Anschließend rief ein Herold die Namen der Besitzer von Schild und Wappen aus, und wer etwas gegen sie vorzubringen hatte, meldete dieses dem Turnierrichter, damit jener vom Turnier zurückgewiesen werde;
- b) die Turnierbücher (Turnierregister). Jeder, der an einem Turnier teilnehmen wollte, ließ vorher seinen Namen in Gegenwart dreier Herolde bei den Turniervögten in das Turnieradelsbuch einschreiben. Auf diese Verzeichnung seiner Vorfahren im Turnierbuch konnte man sich berufen, wenn gegen die Turnierfähigkeit Einwendungen gemacht wurden;
- c) die Turnierbriefe, von den Turniervögten unterschriebene Bescheinigungen, welche der Kämpfer nach dem Turnier bekam und welche für ihn selbst und seine Nachkommen ein Zeugniss der Turnierfähigkeit waren.
Die Turnierfähigkeit ging für ein Geschlecht verloren, wenn dessen Glieder innerhalb 50 Jahren nicht bei einem öffentlichen Turnier erschienen waren (für die Regeln der Turnierfähigkeit bei einem „echten Turnei“ s.d.).
Knappenturnier / Vesperie[]
Am Abend vor dem eigentlichen Ritterturnier fand das Knappenturnier bzw. das Gesellenstechen statt, ganz in der Weise des eigentlichen Turniers, mit Rittern als Schiedsrichtern und Damen als Preisverteilern. Die Sieger wurden oft zum Ritter geschlagen. In Frankreich war es die sog. Turniervesper bzw. Vesperie oder Vespereide. Hier konnten die Ritter schon am Tag vor dem eigentlichen Kampfspiel in der Tjost ihre Kräfte gemessen.
Hauptturnier[]
Am dritten Tage begann das Ritter- bzw. Hauptturnier; die Ritter zogen, nachdem sie eine Messe gehört hatten, mit Trompetern, jeder seinen Knappen hinter sich, bewaffnet auf den Turnierplatz und stellten sich hinter die Schranken. Dort wurden sie untersucht, ob sie sich etwa an den Sattel gebunden oder sonst eine Vorkehrung an Waffen und Zeug getroffen hatten, welche gegen die Turniergesetze verstieß.
Insgesamt waren die Turniere verschieden, je nach Anzahl der Kämpfer und nach Art der Waffen. Beim gewöhnlichen Tjost (Lanzenstechen) einzelner Ritter gegeneinander diente als Angriffswaffe eine Lanze ohne metallene Spitze, mit einem kleinen Halbmond versehen, als Schutzwaffe dienten Schild und Stechhelm. Kämpften Mehre gegeneinander (Buhurt / Turnei), so zerfiel dieses Turnier in ein Vor- und Nachturnier.
Gruppenkämpfe[]
Vor Beginn der Gruppen- bzw. Reihenkämpfe (Buhurt / Turnei) wurden die Scharen so geteilt (der turnei wirt geteilt), dass auf jeder Partei gleichviel Kämpfer waren. Das eigentliche Turnier begann häufig mit einem Lanzenkampf (Tjost), wobei jeder versuchte, seinen Gegner durch einen geschickten Stoß gegen das Kinnbein, gegen das Zentrum des Schildes (die vier Nägel) etc. aus dem Sattel zu heben. Zugleich aber manövrierte auch Schar gegen Schar unter dem Kommando ihrer Befehlshaber. Waren die Lanzen verstochen, so wurde das Gefecht im Nachturnier mit den Schwertern fortgesetzt und schließlich durch einen Ringkampf entschieden.
Im Vorturnier wurde, nachdem auf das Zeichen mit der Trompete die Grieswärtel die Schrankenseile abgehauen hatten und die einzelnen Parteien in die Rennbahn eingeritten waren, mit den Turnierkolben gekämpft (Kolbenturnier); das waren kurze, eiserne Stangen, welche am Brustharnisch mit Ketten befestigt waren. Dieser Kampf dauerte oft einige Stunden, worauf mit der Trompete das Zeichen zum Ende gegeben wurde.
Nun begann das Nachturnier mit den Schwertern, welche 3 bis 3½ Finger breit, oben stumpf abgeschliffen und vom Herold bei der Wappenschau als turniergerecht bezeichnet sein mussten. Bei diesem Gefecht versuchte man sich die Helmzieren abzuhauen.
Belohungen[]
Der Unterlegene, der sich bei einem „Turnei ze schimpfe“ (Schimpfturnier) als Gefangener seinem Gegner ergab, gab damit die Sicherheit, die Fianze. Das Ross des Besiegten gehörte dem Sieger, der es von seinen Leuten in Sicherheit bringen ließ; ebenso nahm er den Harnisch und die Waffen in Anspruch und verlangte von seinem gefangenen Gegner auch noch ein angemessenes Lösegeld (s.a. Turnei umbe guot). Die Teilnahme an einem Turnier war somit eine Art Glücksspiel: man konnte alles verlieren, aber auch viel gewinnen, und es gab deshalb damals schon die »Glücksritter«, die sich gewohnheitsmäßig an Turnieren beteiligten.
Was das Turnier beendet, erfolgte die Ausrufung der Sieger durch die Herolde und die Verteilung der Preise, der sog. „Danke“ bzw. „Stecherdanke“, durch die Damen. Diese „Danke“ bestand in kostbaren Helmen, Schwertern, Wehrgehängen, goldenen Arm- oder Halsketten, goldenen Ringen, Kränzen, gewappneten Pferden etc. und wurden unter dem Schalle der Trompeten übergeben; der Empfänger hatte zudem noch das Recht der Überreicherin einen Kuss zu geben und sie dann zum Tanz zu führen.
Außer diesen an die Sieger verteilten Preisen, gab es noch andere, wie z.B. den „Zierdank“, welchen derjenige erhielt, welcher in der besten Rüstung erschienen war; den „Ältestendank“, für die beim Turnier anwesenden ältesten Ritter etc. Auch wurden von den französischen Damen an ihre Ritter während und nach dem Turnier einzelne Geschenke, wie Schärpen, Armbänder, Haarlocken etc., welche sie zu tapferem Kampf ermuntern oder für gute Wehr belohnen sollten, zugeschickt. Nach dem Turnier wurden die Ritter von den Damen entwappnet und zur Tafel geführt; die Sieger hatten die vornehmsten Plätze; nach dem Gastmahl folgte ein Tanz, wo die Sieger vortanzten.
Verköstigung[]
Vor der Bildung der Turniergesellschaften musste sich jeder Ritter beim Turnier mit seinen Leuten selbst beköstigen, nachher aber geschah es auf gemeinschaftliche Kosten und die Sorge für Verpflegung der Teilnehmer am Turnier oblag den Turniervögten. Bei Privatturnieren, welche nicht die Turniergesellschaften, sondern ein einzelner Turnierfähiger mit Genehmigung der Turniervögte gab, waren die Turnierenden die Gäste des Veranstalters.
Entwicklung[]
Das Turnier als Scheinkampf erwuchs nicht aus einer rein romanischen Tradition, denn schon Tacitus erwähnt in seiner Germania (Kap. 24) die Liebhaberei der Germanen an Scheinkämpfen. Die Ritterturniere des Hochmittelalters entstanden aus älteren Reiterspielen, von denen der fränkische Geschichtschreiber Nithard (um 795-845) in seinen Historiarum Libri IV [3] folgendes anschauliche Bild gibt:
„Zur Leibesübung stellten die beiden Söhne Ludwig des Frommen, Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle, auch oft Kampfspiele an. Dann kamen sie auf einem besonders auserlesenen Platze zusammen und während rings umher das Volk sich scharte, stürzten sich zuerst von beiten Seiten gleich starke Scharen von Sachsen, Wasken, Austrasiern und Brittonen wie zum Kampfe in schnellem Laufe aufeinander. Darauf wendeten die einen ihre Rosse und suchten mit den Schilden sich deckend vor dem Angriff der Gegner durch die Flucht sich zu retten, während diese die Fliehenden verfolgten.
Zuletzt stürmen beide Könige, umgeben von der ganzen jungen Mannschaft, in gestrecktem Lauf, die Lanzen schwingend, gegen einander, und bald von dieser, bald von jener Seite zur Flucht sich wendend, ahmt man den wechselnden Kampf der Schlacht nach. Und es war ein Schauspiel bewundernswert wegen des Glanzes und der Ordnung, die herrschten: denn auch nicht einer von dieser so großen Menge und von diesen verschiedenen Völkern wagte, wie es selbst unter Wenigen und unter Bekannten zu geschehen pflegt, einem andern eine Wunde zu schlagen oder einen Schimpf anzutun.“
10. Jahrhundert[]
Vom 10. Jhd. an, wo in Deutschland die Turniere bereits landesüblich waren, begann auch das Wappen der ganzen Familie, der ganzen Linie gemeinschaftlich anzugehören und schließlich erblich zu werden. Um nun die Kontrolle über den neuen Adel zu ermöglichen, wurde zu Anfang dieses Zeitraums, also lange vor den Kreuzzügen, der Brauch eingeführt, dass der Ritter an der Schranke des Turniers Helm und Schild niederlegen musste; die Herolde erhielten dadurch den Beweis, dass der Träger dieser Waffen das Recht hatte, zu turnieren. [4]
11. Jahrhundert[]
Diese bereits bekannten frühmittelalterlichen Reitspiele erhielten mit der Aufnahme des Rittertums in Frankreich ihre klassische ritterliche Umgestaltung, und zwar wird in den Zeitbüchern im 11. Jhd. der französische Ritter Gottfried von Preuilly (Godefroy de Preuilly, Godefroi de Prieuilly) als derjenige genannt, der das Turnier erfunden habe und die erste Turnierordnung aufstellte. Die Herolde und Grieswärtel eröffneten hierbei das Turnier mit dem Ruf: largesse! largesse!
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Erfindung des französischen Ritters darin bestand, dass er das bestehende kunstmässige Reitspiel mit dem ritterlichen Waffenkampf verband, eine Veränderung, welche einerseits das reine Neckspiel dem ernsten Kampf, andererseits den ebenfalls alten reinen Lanzen- und Schwertkampf dem schönen künstlerischen Spiele näherte; es war gleichsam eine Verbindung des Tanzes mit dem Kampf.
In Frankreich gab es wohl den größten Enthusiasmus für die Turniere, und hier wurden auch mehr als anderswo Privatturniere abgehalten. Doch auch in Deutschland kam es zeitig vor. Bereits unter Konrad II. (1024–1039) oder Heinrich IV. (1056–1105) teilten sich die Ritter im Heiligen Römischen Reich in vier große Turniergesellschaften, die Rheinische, Baierische, Schwäbische und Fränkische, welche wieder in mehrere Unterabteilungen zerfielen, die sich nach den Zeichen nannten, welche sie bei Turnieren und Festen am Hals oder am Hut trugen. Diese Gesellschaften hielten Turniere zu bestimmten Zeiten.
12. Jahrhundert[]
Auf den Kreuzzügen lernten die Europäer von den kriegsgewandten Orientalen einiges in Sachen Heerwesen, besonders in Hinsicht auf Taktik und Bewaffnung hinzu; manches änderten sie selbstständig daran, um ihren Gegnern ebenbürtig zu begegnen. Das wichtigste Ergebnis war dabei die Entwickelung des Rittertums. Auf den Sandfeldern Palästinas unter französischen, normannischen und deutschen Herren entstand dabei auch das Turnier als Scheinkampf zwischen Scharen oder Einzelnen. Es fand seinen Ursprung nicht in dem Streben, sich im Waffengebrauch zu üben, sondern in der Rivalität der im Heer der Kreuzfahrer vereinten nationalen Parteien, in denen jeder einzelne seine kriegerische Tüchtigkeit vor den anderen herausstellen wollte.
In Deutschland wird eines der ersten großen Turniere im Jahr 1127 erwähnt, das Kaiser Lothar III. bei Würzburg abhielt. Seitdem ist es in Deutschland wie in Frankreich völlig heimisch. Da das Turnier aber auch lebensgefährlich war und sich dabei zahllose Unglücksfälle ereigneten, verboten bereits im 12. Jahrhundert Päpste, Erzbischöfe und Kirchenlehrer, ja sogar oft weltliche Obrigkeiten die Teilnahme an den Turnieren bei Strafe der Exkommunikation - allerdings ohne jeden Erfolg. Darunter waren Päpste wie Innozenz II. (1130-1143), Eugen III. (1145-1153), Alexander III. (1159-1181) und Coelestin III. (1191-1198).
So verbot es Papst Innozenz II. im Jahre 1130 z.B., die im Turnier Umgekommenen ehrlich zu begraben und Markgraf Dietrich von Meißen (1198–1221) erhielt nicht eher Befreiung von der Exkommunikation für seinen Sohn, bis er dem Erzbischof Wichmann von Magdeburg (1152–1192) eidlich versprochen hatte, kein Turnier mehr zu halten.
Auf deutschem Boden erfolgte die eigentliche Ausbildung dieses Ritterspieles erst in der zweiten Hälfte des 12. Jhs., und noch auf dem 2. Kreuzzuge (1147-1149) unter Konrad III. und Ludwig VII. von Frankreich wurden die Deutschen wegen ihrer Ungeschicklichkeit im Reiten von den Franzosen verhöhnt.
In Englang waren die Turniere im 12. Jhd. unter König Stephan (1135–1154) von Frankreich aus bekannt worden. Allerdings verbot sein Nachfolger, Heinrich II. (1154–1189) sie wieder wegen des Kirchenbannes. Erst Richard Löwenherz (1189–1199) unterstützte sie und gab sogar Turniergesetze, wonach die Teilnehmenden die Turniererlaubnis nach ihrem Stand teuer bezahlen mussten, so ein Graf mit 20, ein Baron mit 10, Ritter mit 4 bis 2 Mark Silber. Nach Italien wurden die Turniere in der Mitte des 12. Jhd. von aus Deutschland gebracht.
13. Jahrhundert[]

Spiegelkapsel mit Turnierszene (Berlin, 1280-1340)
Aus der Selbstschätzung des Einzelnen und durch den Umstand, dass später der Ritter durch seine Bewaffnung vollständig vermummt erschien, erwuchs das Bedürfnis, sich durch bestimmte Abzeichen zu unterscheiden. Damit bildete sich die Heraldik heraus, die, anfänglich einfach und sinnig, später als Kunst von Symbolik überhäuft, ihren ursprünglichen Charakter verlor.
Da zur Zeit des Papstes Innozenz III. (1198–1216) die wegen der Teilnahme an Turnieren gebannten Ritter auch von der Beteiligung an den Kreuzzügen ausgeschlossen waren, so wurde die Kirche nachsichtiger. Karl I. von Anjou (1266–1285), König von Sizilien und Neapel, wurde ein besonderer Beförderer der Turniere in Italien.
Gegen die Mitte des 13. Jhds. verfielen die Turniere rasch und gestalteten sich zu Privatvergnügungen des höhern Adels, und in der zweiten Hälfte des 13. Jhs. machte die Geldgier der Ritter die Turniere zu Schauplätzen der Roheit und der gemeinen Raubsucht, besonders da zu dieser seit dem hervorragendsten Ritter zuweilen auch ein Preis zuerkannt wurde.
In Turnieren war die Platte besonders notwendig, da die Brünne zwar gegen Schläge, aber nicht gegen Speerstöße schützte. Ferner trugen die Ritter zu solchen Anlässen auch die Brustplatte (Brustharnisch) bzw. das „Stahlstück“ und zwar über der Platte. Ein kleiner Dreispitz-Schild (fr. petit ecu) diente im 13. Jhd. ferner dazu, die Lanzenstöße abzuwenden oder aufzufangen; der Topfhelm schützte das Haupt. Noch gegen Ende des 13. Jhds. trugen die Ritter bei den Turnieren ihre Kriegsrüstung mit Topfhelm, da eine eigentliche Turnierrüstung noch nicht ausgebildet war. [5]
14. Jahrhundert[]

Turnier mit kurzen Schwertern (Willehalmsteppich Sigmaringen, 1360-1420)
Bis ins 14. Jhd. bestand kein Unterschied in der Bewaffnung des Turniers mit jener im Kriege. Von da an trennten sich allmählich die Formen. Mit der Verschiedenheit der Streitmittel erhielt das Turnier eine eigenartige Physiognomie; es verlor den ernsten, bedeutsamen Untergrund und wurde zum bloßen Spiel nach gewählten Regeln, die mit dem Kriegshandwerk nichts mehr gemein hatten.
Im 14. Jhd. ersetzte die Tartsche im Turnier den kleinen Dreispitz-Schild. Zu dieser Zeit waren zwar noch keine Brustharnische oder Stückpanzer aus einem Eisenstück (Kürass, fr. cuirasse) im Gebrauch, allerding bereits Rüsthaken, welche an der Schulter befestigt wurden. Das Streitroß, welches später ebenfalls vom Kopf bis zu den Füßen mit Eisen bedeckt war, zeigt sich um diese Zeit im Turnier noch ohne Schutzrüstung, allerdings besaß der Sattel eine sehr hohe Rückenlehne, damit der Reiter, der, zum Kopf des Pferdes hin gebückt, seinen Gegner anritt, nicht so leicht heruntergestochen werden konnte.
Im 14. Jh. wurde das Turnier als adliges Vergnügen noch eifrig gepflegt, besonders war König Johann von Böhmen (1311-1346) ein großer Freund dieser Leibesübung. Durch Verheiratung griechischer Fürsten mit abendländischen Prinzessinnen kamen auch Turniere in das Byzantinische Reich; so turnierten z.B. 1326 die savoyardischen Ritter bei der Vermählung der Johanna, Tochter des Grafen Amadeus V. (1285–1323), mit dem griechischen Kaiser Andronikos III. zu Konstantinopel und seitdem wurden öfters auch dort solche Spiele abgehalten.
15. Jahrhundert[]
Im 15. Jhd. Zeit schlossen sich die Ritter vermehrt zu Turniergesellschaften zusammen, welche die neugeadelten Kaufleute von ihren Kampfspielen ausschlossen, sowie über die Art des Turniers, die Ehrenhaftigkeit der Teilnehmer etc. Beschlüsse fassten. Von einem Turnier zu Darmstadt im Jahre 1403 wird berichtet, dass dort 120 fränkische und 144 hessische Ritter verfeindeter Turniergesellschaften eingeritten waren, welche zugleich kämpften und von denen 11 Franken und 9 Hessen starben.
Doch mit der Erfindung des Schießpulvers und Einführung neuer Kampfarten endete die Hochzeit der Turniere, da nun die älteren Waffenübungen ohne Nutzen waren. Zwar fanden auch im 15. Jh. noch viele Turniere statt, doch waren es schon mehr bloße Schaustellungen von persönlicher Geschicklichkeit; den Charakter eines Reitermanövers hatten sie verloren. In der Regel handelte es sich nur um einen Zweikampf, der auch bei den schweren Eisenrüstungen kaum mehr gefährlich war, natürlich nur ganz kurze Zeit andauern konnte.
Damit entgeistigt, ging das Turnier den Weg aller müßigen Spiele. Zunächst erkennt man das Streben nach äußerlichem Effekt bei möglichster Gefahrlosigkeit, dann wurde es zur aufgeputzten Komödie, und die Bemühungen der Besten jener Zeit, wie Gastons de Foix, Wilhelm IV. von Baiern (1508-1550), Albrecht Achilles von Brandenburg (1440-1486), Maximilian I. (1486-1519) u. a., vermochten dem Turnier nimmermehr jene ernste Bedeutung zu verleihen, die es im 14. Jhd. noch besaß; es war mit dem Rittertum selbst zu Grabe gegangen. Das letzte öffentliche und wirkliche Turnier in Deutschland soll 1487 in Worms gewesen sein.
16. Jahrhundert[]
Noch Kaiser Maximilian I. (1508-1519) war ein eifriger Pfleger der Turnierkunst und erwarb sich viele Verdienste um die Ausbildung derselben. Nach seinem Tode aber wurden die Turniere seltener, und der Unglücksfall, der 1559 dem französischen König Heinrich II. das Leben kostete, als er an den Folgen einer beim Turnier erhaltenen Wunde starb, brachte das eigentliche Waffenspiel immer mehr in Misskredit. Und selbst in Frankreich erkaltete infolgedessen der Eifer für Turniere.
Statt des Turniers kam später in bürgerlichen Kreisen, besonders in Frankreich, das ungefährliche Karussellrennen oder Ringelrennen, die dem Reiter Gelegenheit boten, seine Kunst und Geschicklichkeit ins beste Licht zu setzen. Preise wurden auch hier zuweilen wie bei den Turnieren von den Damen ausgeteilt. Um 1530 wurde das Plankengestech (auch "Neues welsches Gestech") als Rossturnierart eingeführt und als Zweikampf oder Gruppenkampf über eine Plankenwand hinweg ausgeführt. [6] Die Kämpfertrugen dabei das sog. Stechzeug, eine extra für diese Spielart entwickelte Variante der Plattenrüstung.
Rüxners Thurnierbuch[]
Allerdings mangelt es an Quellen für die Darstellung der Turniere des 14. bis 16. Jhs. Was man in älteren Werken darüber findet, beruht zum größten Teil auf einer der ärgsten Geschichtsfälschungen, die man kennt, auf Rüxners Thurnierbuch von 1530. Dieses veröffentlichte Georg Rüxner aus Bayern in Frankfurt im Jahre 1530 unter dem Titel: »Anfang, Ursprung und herkommen des Thurniers in teutscher Nation«.
Der Verfasser führte darin die Anfänge der Turniere auf die Zeiten Heinrich I. (919–936) zurück und brachte sie mit dem glücklichen Kampf gegen die Ungarn in Verbindung, wobei er sich auf ein älteres Büchlein stützte, das 1508 über dieselbe Materie zu Augsburg erschienen war. Es ist immens, wie Rüxner die einzelnen Turniere frei datiert und aufgezählt, anderseits die Unzahl von Namen adeliger Teilnehmer erfunden und zusammengestellt hat. Die ersten besseren Schriftsteller, die sich durch Rüxner betrügen ließen, waren Sebastian Frank in der Chronik, und Hans Sachs in einem Spruch: Historia vom Ursprung und Ankunft des Thurniers von 1541.
17. / 18. Jahrhundert[]

Karussellrennen bei Schloß Fürstenried (P. J. Horeman, 18. Jh.)
Da bei den ungefährlichen Schauturnieren aller Prunk entfaltet werden konnte, entsprach ein solches Fest allen Anforderungen, die man bis ins 17. und 18. Jh. an höfische Vergnügungen stellte.
Der Zeit des Aufhörens der eigentlichen Turniere gehören auch die Frauenturniere an, d.h. Turniere, in welchen wirklich Frauen kämpften; sie fanden nur außerhalb Deutschland statt, z.B. 1615 in Udine oder 1606 in Boulogne. Die Rüstungen, welche die Turnierenden dabei trugen (Frauenharnische), glichen den männlichen Harnischen und verbargen das zartere Geschlecht, ohne es zu verraten.
Seit dem Tode des Königs August des Starken (1694–1733) kamen allerdings auch diese Leibesübungen in Vergessenheit, und nur bei großen Hoffestlichkeiten wurden von Zeit zu Zeit noch Schauspiele veranstaltet, die zwar als »Turniere« bezeichnet wurden, mit den mittelalterlichen Turnieren aber nichts mehr gemein hatten.
Externe Links[]
Quellen[]
- Boeheim, Wendelin. Handbuch der Waffenkunde: Das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung (Internet Archive). Leipzig, E.A. Seemann : 1890. Neuauflage UNIKUM (22. Februar 2013). ISBN 3845726032. S. 9 ff.
- Demmin, Augustec. Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwickelungen von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Internet Archive). Leipzig : P. Friesehahn, 1893. Classic Reprint: Forgotten Books (31. Oktober 2018). ISBN 0365623105. S. 69-70
- Götzinger, E. Reallexicon der Deutschen Altertümer (Volltext auf Zeno.Org). Leipzig 1885., S. 1018-1024 (Artikel Turnier).
- Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905–1909. Bd. 19, S. 835-836 (Turnīer).
- Pierer's Universal-Lexikon (auf Zeno.Org). 4. Auflage 1857-1865. Altenburg, 1860. Bd. 18, S. 75-78 (Turnier).
Einzelnachweise[]
- ↑ Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (auf Zeno.Org). Johann Christoph Adelung. Leipzig, 1793–1801. Bd. 4, S. 724 (Turnier).
- ↑ Wikipedia: Turnierrüstung
- ↑ Nithard. Historiarum Libri IV (4 Bücher Geschichten). Liber III, 6
- ↑ Demmin, Kriegswaffen. aaO. S. 76-77.
- ↑ Hefner-Alteneck, Trachten, Kunstwerke. aaO. Bd. III, S. 7, Tafel 153 B.
- ↑ Harnisch zum Plankengestech mit Gittertartsche im Heeresgeschichtliches Museum in Wien, Österreich (KHM Wien).