Uruz (ᚢ) bzw. Ur (ags. ūr) ist die 2. Rune des älteren Futhark und des altnordischen Runenalphabets. Sie trägt den Lautwert U. Der rekonstruierte urgermanische Name bedeutet „Auerochse“. [1]
Beschreibung[]
Gemäß L. Wimmer basiert die Rune ᚢ auf dem lat. V, welches umgestülpt wurde, damit man den Buchstaben leichter in Holz einritzen konnte.
Im gotischen Alphabet steht die U-Rune an der Stelle des Omikrons und gibt wahrscheinlich eine gewöhnliche Kursivform des lat. o wieder. Lat. ō stand der Aussprache nach dem ū nahe, und ihre Zeichen wurden oft vermischt. Lat. ō wurde in germanischen Lehnwörtern durch u ersetzt, z. B. Rōma > got. Rūma.
Bereits ab 600 n. Chr. ersetzte die U-Rune mit der Zeit die W-Rune als Zeichen für w.
Angelsächsisches Futhorc[]
Im angelsächsischen Futhorc steht die Rune 2. ūr m. für 'urus', den Aurochsen. Dabei beginnt der Beistab der U-Rune in jüngerer Zeit zuweilen ein Stück unterhalb der Spitze des Hauptstabes (𐊓).
Ȳr-Rune[]
Als Rune 27. Ȳr ist ihr zweiter Lautwert y (ü) und bedeutet wahrscheinlich 'Schmuck'. Das Zeichen trägt in älterer Zeit die Formen ᚣ und ᚤ und folgt in den meisten Runenreihen auf die æ-Rune 26. Æsc (ᚫ). Der y-Laut, um den es sich hier handelt, entstand durch i-Umlaut von u. Der i-Umlaut ist ein relativ später Vorgang: seine Durchführung im angelsächsischem gehört den Generationen kurz vor und nach 600 an.
Auf Franks Schrein (ca. 650) treffen wir die y-Rune zum ersten Mal. Sie hat dort das Aussehen eines u mit einem eingeschriebenen i . Durch eine Kombinierung der beiden Zeichen u und i, deren Lautwert dem y am nächsten liegt, schuf man im Angelsächsischen ein eigenes Zeichen (⍦) für y. Dasselbe ü wird im jüngeren Althochdeutsch u i und i u geschrieben.
Auch als es galt, aus dem mittellateinischen Alphabet ein für das angelsächsische Lautsystem passendes Alphabet zu schaffen, ging man auf gleiche Weise zuwege: man schrieb in das lat. V ein I ein, welches den Winkel des V halbiert. Das so entstandene ᗐ kommt auf Münzen König Eanreds von Northumbrien vor (807-41) in der Schreibung des Namens des Meisters Cynwulf.
Diese y-Form ist die eine Stammform für das in angelsächsischen Minuskeln später - neben lat. y - gebrauchte ý, was eigentlich eine Kompromissform von y und ů ist, bei dem der Punkt ein Rest des ursprünglich hineingeschriebenen i ist. Die Normalform des y in Inschriften ist ᚣ. Daneben treten in späterer Zeit z.B. auch ᚤ auf.
Jüngere nordische Runen[]
Unter den Jüngeren nordische Runen steht 02. ᚢ (Uruz) mit dem Lautwert u für unnasalierte u, o, y, ɵ, ǫ, konsonantisches u (und au). Als sich die schwedisch-norwegischen Runen mit der Zeit zu Kurzzweigrunen vereinfachten, entspringt der Beistrich der U-Rune (𐊓), besonders in Schweden, häufig ein wenig unterhalb der Spitze.
Dänische Runen[]
Auch bei den Dänischen Runen beginnt der Beistrich von "ᚢ" gelegentlich etwas unterhalb der Spitze des Hauptstabes (ᛷ). Der Runenname von 2. Uruz (normalisiert: úrR) im dänischen Runenalphabet ist im Codex Leidensis urR (urr). Im Abecedarium Nordmannicum (Cod. Sang. 878) sowie in der angelsächsischen Handschrift Cotton Galba A.II (Anglo-Saxon futhorc) von ca. 1000 ist der Name als ur überliefert. Die Bedeutung ist deutlich = ags. úr - 'Auerochse'.
Dieser Runenname und auch der Name der 4. Ą-Rune (ąus) zeigt überdem, dass das unbetonte u nach langer Silbe im Inlaut synkopiert worden ist. Die Runennamen raithu (R-Rune) und sulu (S-Rune) zeigen dagegen, dass u im Auslaut nach langer Silbe noch erhalten blieb. Daher ist zu erwarten, dass ein unbetontes u nach einer kurzen Silbe bewahrt blieb, wie es auch bei fiu (F-Rune) und tiuR (T-Rune) der Fall ist.
Punktierte Runen[]
Im Dänischen Runenalphabet tritt bei der U-Rune auch zum ersten Mal ein sogenanntes „punktiertes Zeichen“ auf, bei dem ein Punkt zwischen Haupt- und Beistrich angebracht wurde (ᚤ). Die Rune erhält dadurch den Lautwert ü. Die punktierte U-Rune (ü) wurde als Zeichen für y und angewendet und entwickelte sich in England bereits viel früher als die anderen punktierten Zeichen aus einem Prototyp mit einem in u eingeschriebenen i (ᗐ). Daher stammt dieses Zeichen auf nordischem Runendenkmälern von der angelsächsischen Runenreihe her.
In Norwegen fasste die dänische ü-Rune niemals festen Fuß, sondern schon ca. 1050 wurde die wegen der norwegischen Lautentwicklung (ʀ > r) als ʀ-Zeichen überflüssige → Yr-Rune das Zeichen für den Lautwert y. Auf Gotland fungierte die punktierte u-Rune (ᚤ) noch am Ende des 12. Jhds. (z.B. auf dem Taufstein von Aakirkeby) für den Lautwert y.
- 22. Rune ᚢ für den Lautwert v.
- 24. Rune ᚤ / ᚣ für den Lautwert y (ü)
Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 5 ff.
- Wimmer, Ludvig Frands Adalbert. Die Runenschrift (Internet Archive). Berlin : Weidmann, 1839-1920.
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: Uruz (Version vom 02.09.2020)