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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 15. September 2014 als Spotlight vorgestellt.

Das Walthari-Lied bzw. der Waltharius ist eine lateinische Heldendichtung (lat. Waltharius manufortis) aus dem 10. Jh. Diese germanische Sage von "Walther und Hildegund" knüpft inhaltlich eng an das mündlich überlieferte deutsche Waltherlied und den altenglischen „Waldere“ an. [1]

Kurzbeschreibung[]

Walther und Hildegund sind das Paar der Fluchtsage, die in dem lateinischem Epos des Ekkehard I. (St. Gallen) ihre reiche Gestaltung gefunden hat. Diese Hauptquelle läßt sich allerdings nur mangelhaft kontrollieren. Die kurzen Bruchstücke des altenglischen Waldere (8./9. Jhd.) stimmen in dem Hauptpunkt überein, dass neben Hagen von Tronje auch König Gunther von Worms der Gegner ist, verraten aber auch zwei recht erhebliche Abweichungen (s. Abschnitt "Waldere").

Die Reste des mittelhochdeutschen Walther-Epos bringen viel schmückende Zutat, erlauben aber, im Vergleich mit dem Nibelungenlied, die Annahme, dass der Kern der Handlung zum Waltharius stimmte, ausgenommen die Erschlagung verfolgender Hunnen (B b 12 f.). Gründlich umgedichtete Sagenformen zeigen die gedrängte Erzählung der Thidrekssaga (c. 241 ff.) und die polnischen Chroniken des 14. /16. Jhds.

Inhalt[]

Den mächtigen Hunnenkönig Etzel ergreift wieder einmal die Kriegslust. Die Franken will er diesmal mit seinen Horden heimsuchen. Zu Worms herrscht über das Frankenland König Gibich. Eben ist ihm ein Sohn Gunther geboren. Da kommt Nachricht, Etzel stehe mit einem ungeheuren Heere an den Grenzen des Landes. Unsinn wäre es, Widerstand zu leisten, Bündnis und Geiseln sind hier besser angebracht als Feindschaft und Kampf, so denken Gibich und seine Räte. Noch ist Gunther zu klein um als Geisel seinem Vaterlande Ruhe und Frieden zu erkaufen; deshalb wird des Königs Vetter Hagen zu Etzel gesandt.

Weiter wälzt sich die Heereswoge der Hunnen gegen das Land der Burgunder, welches König Herrich regiert. Ihm wächst als Tochter auf die reizende Hildegund. Sie gibt der Vater als Geisel hin. Noch einen Herrscher will der Hunnenfürst heimsuchen, nämlich König Alpher von Aquitanien. Der Hof von Burgund und der von Aquitanien stehen in freundschaftlicher Beziehung, welche durch die Vermählung von Alphers Sohn Walthari und der schönen Hildegund, die noch Kinder, doch schon für einander bestimmt sind, in Zukunft noch enger werden soll.

Wie seine beiden Vorgänger, der Franken- und der Burgunderkönig, hält es auch Alpher von Aquitanien für besser, statt mit dem Schwert durch Lösegeld und Geisel sich den gefährlichen Feind vom Halse zu schaffen; er überliefert seinen Sohn Walthari dem Hunnenfürsten, der nun mit Hagen, Hildegund und Walthari heimwärts zieht an die blaue Donau. Die Kinder werden an dem hunnischen Hof gut gehalten. Wohl unterrichtet in den Werken des Krieges und des Friedens wachsen die beiden Knaben auf, während Hildegund unter die Obhut der Gemahlin Etzels, der Königin Ospirin tritt und vermöge ihrer Tüchtigkeit und ihrer Tugenden es bis zur Aufseherin des Hofschatzes bringt.

Walther und Hildgund walhallgermanisc1888dahn p500

Walhall: Germanische Götter- und Heldensagen. Johannes Gehrts, 1888

In Worms ist nach dem Ableben Gibichs Gunther auf den Tron gekommen. Er bricht das Bündnis mit den Hunnen und verweigert den üblichen Zins zu zahlen. Das hört Hagen und verschwindet bei Nacht und Nebel. Walthari dient vorläufig seinem Herrn als trefflicher Feldherr; doch hegt auch er Fluchtgedanken, und wie er nach einem siegreichen Feldzuge ruhmgekrönt zurückkehrt, verabredet er mit Hildegund die Flucht; dieselbe soll unmittelbar nach dem Siegesgelage stattfinden. Hildegund als Hüterin der Schatzkammer wird die Beschaffung der Ausrüstung anvertraut, bei der zwei Schreine mit Spangen und Gold, sowie Angelhaken nicht fehlen dürfen.

Der verhängnisvolle Abend kommt heran. Bald hat des Weines Kraft die Hunnenhelden, Etzeln an der Spitze, besiegt und in tiefen Schlaf versenkt. Jetzt ist die Gelegenheit zur Flucht da und bald trägt das gewaltige Schlachtross »Löwe« seinen Herrn und Hildegund samt den entwendeten Schätzen hinaus dem Westen zu, zum grossen Verdrusse des endlich aufwachenden Königs. Walthari und Hildegund fristen ihr Leben mit dem Fleische der gefangenen Vögel und der geangelten Fische. Nach vierzig Tagen setzen sie bei Worms über den Rhein. Als Belohnung bietet Walthari dem Fährmann die letztgefangenen Fische dar und reitet weiter. Doch jetzt naht das Verhängnis.

Der Fährmann bringt die geschenkten Fische dem Koch des Königs, sie kommen auf Gunthers Tisch und aufmerksam gemacht durch die Fremdartigkeit der Speise forscht er nach deren Geber, in welchem denn auch Hagen aus des hergerufenen Fergen Erzählung seinen Jugendgespielen Walthari mit Hildegund erkennt. Da erfasst Habsucht das Herz des Frankenfürsten, es lechzt nach den Goldschreinen, die Walthari mit sich führt und in denen nach des Königs Meinung das Geld sei, das sein Vater als Zins nach Ungarn geliefert.

Trotz Hagens Abraten reitet der habgierige König mit zwölf auserlesenen Recken, darunter Hagen, aus zur Verfolgung des Aquitaniers, der unterdessen landeinwärts reitend in den Wasichenwald gelangt und Abends beim Wasgenstein nach vierzigtägigem Reiten eine wohlverdiente Nachtruhe geniessen will, während seine scharfäugige Gefährtin Hildegund die Wache hält. Walthari fährt aus dem süssen Schlummer auf; er erkennt in den Gegnern die Franken, rüstet sich zum Gefecht, tröstet die entsetzte Hildegund und fleht Gott um einen günstigen Ausgang des Kampfes an. Nochmals will Hagen den König bestimmen von einem Angriff auf Walthari abzusehen. Sein Bitten nützt nichts. Vielmehr sendet Gunther den Camelo von Metz Walthari entgegen mit dem Auftrag vom Aquitanier die Schreine Goldes, das Ross und die Maid zu verlangen.

Camelo thut nach seines Herrn Befehl, wird aber von Walthari zurückgeschickt mit dem Bescheid, dass er dem König hundert Spangen als Weggeld geben wolle. Wieder erhebt der erfahrene Hagen seine warnende Stimme, wird aber vom König mit höhnenden Worten der Feigheit geziehen, so dass der also Geschmähte schweigt und von Ferne dem bevorstehenden Kampfe zuzuschauen gedenkt. Sein früheres Verlangen zu wiederholen wird Camelo nochmals von Gunther angeschickt. Er geht und nachdem Walthari vergebens zweihundert Spangen ihm angeboten, entspinnt sich der Zweikampf, welcher mit dem Tode Camelos ein blutiges Ende nimmt. Dem Camelo folgen die übrigen Helden, deren jeder in der ihm eigentümlichen Waffe und Gefechtsart den Helden vergebens angreift; Walthari erwehrt sich sämtlicher Gegner und tötet sie. Nur Gunther und Hagen bleiben übrig. Kalt bleibt Hagen bei den inbrünstigen Bitten seines Herrn, auch teilzunehmen am Kampfe, einge denk der frühern bittern Worte des Königs, die ihn und seine Ahnen der Feigheit beschuldigt.

Erst als Gunther auf den Knien vor ihm liegt und er sieht, dass die Ehre der Franken auf dem Spiele steht, entschliesst sich Hagen endlich im Zweikampf seinem Freund entgegenzutreten. Doch will er Walther in das freie Feld ziehen lassen und dort den Waffentanz beginnen. Um ihn sicher zu machen und so seinen Abzug zu veranlassen, ziehen sich die beiden Franken zurück. Gegen Morgen erhebt er sich aus dem Schlummer, schaut nach den gefangenen Rossen und nimmt als Kriegsbeute den Besiegten Panzer, Spangen, Schwert und Wehrgehenk ab. Dann rüsten sich er und Hildegunde zur Weiterreise, die mit der Beute beladenen Rosse treibt er vor sich her, als plötzlich von einer Anhöhe Gunther und Hagen herabsprengen zum blutigen Entscheidungskampf.

Durch einen furchtbaren Schlag mit dem Schwert trennt Walthari dem König Gunther das eine Bein vom Rumpf; ihm den Todesstreich zu geben gelingt nicht, da Hagen sich dem Hieb entgegenwirft, so dass an seinem eisenharten Helme Waltharis Schwert wie Glas zersplittert. Walthari will den Schwertknauf verächtlich wegwerfen, da gibt er seiner Rechten eine Blösse und mit wohlgezieltem Schlage haut sie ihm Hagen ab. Noch ist Walthari nicht verloren, mit seiner Linken erfasst er das krumme Hunnenschwert und schlägt dem Hagen ins Gesicht, dass der grimmige Kämpfer ein Auge und sechs Backenzähne lassen muss.

Jetzt hat das Ringen ein Ende. Versöhnt setzen sich die beiden Helden auf den Wiesengrund. Hildegund kommt herbei, verbindet die klaffenden Wunden und kredenzt den Lechzenden den Labetrunk. Mit Scherz und Neckereien über die gegenseitigen Verstümmelungen wird der Wein gewürzt, dann geht jeder seiner Wege. Mit Freuden wird Walthari in Aquitanien empfangen und an der Seite seiner treuen Hildegund beherrscht er nach seines Vaters Tod noch dreissig Jahre lang das Volk von Aquitanien zu dessen Segen und Ruhm. [2]

Besprechung[]

Die Fabel gehört nach dem Waltharius und dem mittelhochdeutschen Bruchstück A nicht zu den Brautwerbungen: Walther und Hildegund sind sich seit früher Kindheit verlobt. Es ist eine Flucht aus der Geiselschaft in die Heimat, verbunden mit Raub von Schätzen, und eine siegreiche Abwehr von Gegnern, die dem Helden Weib und Hort bestreiten. Ein Reiseabenteuer, wenn auch ein hochkriegerisches; der Feind ein Wegelagerer, wenn auch ein königlicher; es fehlt der Sippenkampf und überhaupt das Fatum der persönlichen Fehde; der wirklich heroische Gehalt beruht allein auf dem Zuge: Hagen, der einzige Gegner, der Walther gewachsen ist, ist sein Schwurbruder, im Zwiespalt der Pflichten, Mannentreue und Verwandtenrache gegen Waffenbruderschaft, entschließt er sich zum Bruch der Freundesbande.

Charaktere[]

Der Hagen der Walthersdichtung war von Anfang an kein anderer als der Frankenheld; das Paar Gunther-Hagen wurde aus der Brünhild- oder Burgundensage genommen. Die wohlbegründete Übergehung Giselhers und Gernots beweist nicht, dass diese Gestalten der Burgundendichtung noch fehlten. In Hagathie (*Hagatheo) darf man den alten Namen von Hagens Vater sehen (gegenüber Aldrian im 13. Jhd.). Hagen in seinem Widerstreben gegen Gunthers Frevel erinnert an die Zeichnung der nordischen Sigurdslieder (Sigurdharkvidha) der Lieder-Edda. Gunthers Charakter ist tiefer gegriffen als im Nibelungenlied und der Thidrekssaga und zwar schon im Waldere.

Doch ist er hier noch der rücksichtslose Gewalthaber, nicht der unritterliche Drahtzieher: er stellt sich zum ehrlichen Einzelkampf; gedacht ist offenbar, dass Hagen erst in diesem Kampf seinem unterliegenden Herrn zu Hilfe kommt: die dringende Not des Augenblicks macht die Wagschale der Schwurbruderschaft steigen. Ekkehard I. (St. Gallen) hat als Autor in diesem entscheidenden Punkt die heroische Haltung erniedrigt. Es kann dichterischem Antrieb entsprungen sein oder der christlichen Neigung zum Schwarzweißmalen oder dem abgünstigen Blick auf den fränkischen Nachbarstamm. In günstigem Licht steht, außer dem Paare selbst, Attila und sein Hof: weder durch die Ungernzüge noch durch Jordanes ließ sich Eckehart abbringen von dem gotisch-wohlwollenden Hunnenbild seiner Quelle.

Walther von Aquitanien[]

Der Held des Liedes, Walther von Aquitanien (bzw. Walther von Wasichenstein) ist der Sohn Alphari's zu Lengers in Aquitanien. In der germanischen Sage zog Walther als Jüngling mit dem Burgunderheer zu Etzel und blieb dort als Geißel. Als er floh entführte er auch Hildegunde, König Harrichs Tochter. Am Wasichenstein im Wasgau, an einem Engpaß der Vogesen, durch den die alte Völkerstraße führte, besteht er den furchtbaren Kampf mit dem Burgunderkönig Gunthari und dessen Mannen siegreich.

Zwölf Kämpfer werden gegen den Helden aufgestellt, um ihm die aus dem Hunnenland davongeführten Schätze und seine Verlobte, die mit ihm aus der Geiselschaft bei Attila entflohene Hildegund, zu rauben. Jeder dieser zwölf Einzelkämpfe endet mit Walthers Sieg, aber jeder wird mit eigentümlichen Zügen und Farben ausgestattet. Walther herrschte dann 30 Jahre ruhig zu Lengers. [3] [4]

Ursprung[]

Die ungewöhnliche Anlage des Epos wollte man damit erklären, dass die Waltherssage eine nicht ganz geglückte Weiterbildung der Hildesage sei; die Gleichsetzung von Hagen, Hildes Vater, mit dem Manne König Gunthers hätte zu einer Art Entgleisung geführt. Vergleicht man die mutmaßlich ältesten Formen der beiden Fabeln, so bleiben wenigsagende Übereinstimmungen: weder die Schwurbruderschaft Hǫgnis und Heðins noch der Gesang des polnischen Walthers und der Hildegund, noch der Walzauber der nordischen Hildr sind den beiden Urformen zuzusprechen.

Durch halbbewußtes Zersingen wurde die Hildesage gewiß nicht zur Waltherssage, diese will etwas anderes sein, hat ihre erregenden Motive eigener Art. Die Annahme, ihr Schöpfer habe sich von der Hildesage inspirieren lassen, würde die Absonderlichkeit der Walthersfabel doch nicht erklären. Die Entstehung der Waltherssage darf man bei den Ostgoten suchen oder bei den Erben ihrer Sagendichtung, Baiern-Alemannen.

Die obere Zeitgrenze gibt das Paar Gunther - Hagen, das sich nach 453 gebildet hatte (s. Burgundensage); eine untere Grenze ist schwerlich aus dem Fehlen Dietrichs von Bern zu gewinnen: für ihn hatte die Fabel keinen Raum, und den hunnischen Zuständen hatte das ursprüngliche Walthari--Lied gewiß nur wenige einführende Verse gewidmet. Des Helden Heimat, Aquitanien bzw. Spâne, deutet auf einen Westgoten; die Festlegung des Kampfes auf den Wasgenstein (Burg Wasigenstein) mag aus dem Namen Wascóno lant, Gascogne gefolgert sein.

Der Waldere kennt sie wohl noch nicht, jedenfalls nicht die Nachtrast in der Klamm, dieses Hauptstück bei Eckehart: die Kämpfe spielen sich in geschlossener Folge ab (s. Bruchst. B 17). Während der Völker- und länderkundliche Rahmen das Zeitalter Attilas mit einer gewissen Treue festhält, ist ein geschichtlicher Anstoß für die Handlung selbst nicht zu erkennen: mit dem Westgotenkönig Wal(l)ia † 419 hat der Waltharius vielleicht den Namen, nicht das Schicksal gemein. Isländische Literatur-Denkmäler bringen in zwei ungleichen Zusammenhängen einen Dänenkönig Valdarr an (Hervarar saga S. 265. 291) [5]. Auch hier stimmt nur der Name überein.

Waldere[]

Das "Gedicht von "Waldere" (um 1000) gilt als altenglische Version der Sage von Walther und Hildegund. Hier wird erzählt, dass Theodric Widia (Wittich) ein Schwert übergeben wollte, weil Widia, Sohn Wielands, ihn aus der Gewalt von Riesen befreit hatte. Dass Dietrich von Bern in Gewalt von Riesen war, ist sonst erst in den mittelhochdeutschen Epen des 13. Jhs. (Sigenot, Virginal) erzählt. Dass der Waldere-Text eine solche Episode erwähnt, zeigt, dass auch die Überlieferung der Abenteuer Dietrichs von Bern auf frühe Quellen zurückgeht und nicht erst im 13. Jh. entstand. [6]

Literatur[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Wikipedia: Waltharius
  2. Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1062-1066.
  3. Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 832.
  4. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 358.
  5. Flateyarbok. Hrsg. Kristiania, 1860-68. S. 1, 26 f.
  6. Die Dietrichssage in ihrer geschichtlichen Entwickelung. Karl Meyer. Basel 1868.
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