Das Adelsgeschlecht der Welfen war eine mit den Staufern konkurrierende Dynastie aus dem karolingischem Hochadel, die ab 1100 in Sachsen Fuß fasste. Innerhalb weniger Jahrzehnte stieg es zur führenden Position auf und gestaltete über Jahrhunderte die Geschichte Nordwestdeutschlands (s. Niedersachsen) maßgeblich mit.
Beschreibung[]
Das Haus der Welfen entstammte dem fränkischen Reichsadel und war im Raum nordöstlich des Bodensees, im Grenzbereich zwischen Schwaben und Bayern, ansässig geworden. Durch kluge Heiraten griffen sie nach Norddeutschland über und erwarben umfangreichen Besitz aus dem Erbe zunächst der Billunger, dann auch der Brunonen und Northeimer. Allerdings war die materielle Basis der welfischen Fürsten zu schwach, um sich auf größerer politischer Ebene angemessen zur Geltung zu bringen.
Personen[]
- Heinrich der Löwe (um 1129-1195)
- Melchior von Braunschweig-Grubenhagen (1341-1381)
- Otto IV. (HRR) (1175-1218)
Zeitlinie[]
Hochmittelalter[]
12. Jahrhundert[]
- 1129 - Aus der Ehe zwischen Gertrud von Süpplingenburg, Tochter von Lothar III., und dem Welfenherzog Heinrich X. der Stolze, Herzog von Baiern, geht Heinrich der Löwe hervor, der wohl berühmteste und durchsetzungsfähigste Herrscher im alten Sachsenland.
- 1133 - Die Welfen verbünden sich zusammen mit den Zähringern und Lothar III. gegen Friedrich II. von Schwaben und seinen Bruder Konrad III..
- 1137 – Kaiser Lothar III. stirbt und wird im „Kaiserdom“ zu Königslutter am Elm begraben. Zu diesem Zeitpunkt ist sein Schwiegersohn, Heinrich X. der Stolze, im Besitz des Herzogtums Bayern und wird nun auch Herzog von Sachsen. Damit kann er als der mächtigste Fürst im Reich auftreten.
- 1138 – Heinrich der Stolze unterliegt bei der Königswahl dem staufischen Kandidaten Konrad III.. Der daraus sich entwickelnde Gegensatz zwischen Staufern und Welfen prägt die nächsten Jahrzehnte.
- 1139 - Heinrich der Stolze stirbt geächtet. Sein Sohn, Heinrich der Löwe, wird schon in jungen Jahren mit außergewöhnlicher Tatkraft und Zielstrebigkeit gekennzeichnet.
- 1140 - Kämpfe zwischen den Hohenstaufern und den Welfen. Die Staufer belagern und erobern die Burg Weinsberg (Baden-Württemberg).
- 1142 - Heinrich der Löwe wird Herzog von Sachsen. Er bemüht sich, aus dem welfischen Streubesitz in Sachsen ein geschlossenes Herrschaftsgebiet zu machen, um so das alte Stammesherzogtum wieder herzustellen. Dazu bringt er das Erbe mehrerer ausgestorbener Grafengeschlechter an sich. Er fördert das Wirtschaftsleben durch die Gründung und Erweiterung von Städten und profitierte von den Salzlagerstätten, z.B. im Lüneburger Gebiet.
- 1147 - Friedrich III. streitet gegen die Welfen und demütigte sie.
- 1152 - Herzog Friedrich III. von Schwaben wird als Friedrich I. Barbarossa zum Deutschen König gewählt. Da er von seiner Mutter her ein Welfe ist, und so zum Oberhaupt sowohl der Welfen als auch Hohenstaufer wird, entspannt sich die Fehde zwischen den beiden so lang verfeindeten Häusern eine Zeit lang.
- 1156 - Kaiser Friedrich I. Barbarossa gibt den Welfen das Herzogtum Bayern zurück. Sein Vetter, Heinrich der Löwe, wird Herzog von Bayern.
- 1160 - Heinrich der Löwe wählt Braunschweig zu seiner Residenz und lässt die Burg Dankwarderode als Königspfalz und den berühmten Bronzelöwen errichten, Symbole seiner Herrschaft und Machtfülle.
- 1173 - Heinrich der Löwe bringt von einer Pilgerreise ins Heilige Land einen Reliquienschatz mit nach Braunschweig, der zunächst den Grundstock des Braunschweiger Domschatzes und später den Welfenschatz bildet.
- 1176 - Heinrich der Löwe verweigert seinem Vetter, dem Kaiser Friedrich I. Barbarossa, die Gefolgschaft bei dessen Italienfeldzug.
- 1180 - Heinrich der Löwe wird verurteilt, geächtet und seiner Lehen über die beiden Herzogtümer Bayern und Sachsen sowie seiner Würden und Eigengüter für verlustig erklärt. Doch die Welfen fangen sich danach erstaunlich rasch wieder.
- 1195 - Heinrich der Löwe stirbt und wird in dem von ihm erbauten Braunschweiger Dom beigesetzt.
- 1197 - Kaiser Heinrich VI. stirbt. Im HRR kommt es zum Thronstreit zwischen Staufern und Welfen.
- 1198 - Philipp von Schwaben (Staufer) und Otto IV. (Welfen), Sohn von Heinrich dem Löwen, konkurrieren um den Thron des HRR und lassen sich beide zum deutsch-römischen König krönen. Otto IV. steigt später zur Kaiserwürde auf, kann sich aber im Reich nur teilweise durchsetzen und unterliegt schließlich der staufischen Partei.
13. Jahrhundert[]
Ab dem 13. Jhd. verbindet sich die Geschichte der Welfen in Nordwestdeutschland eng mit der Geschichte Niedersachsens. Aufgrund ihres umfangreichen Güterbesitzes hatten die Welfen gegenüber allen Konkurrenten bei der Territorialbildung in Niedersachsen die beste Ausgangsposition. Zielstrebig und mit Geschick gelang es ihnen rasch, ihren Machtbezirk abzurunden und zu erweitern. Dabei kam ihnen zugute, dass viele der kleineren Grafen und Herren im Randbereich der welfischen Einflusssphäre ausstarben, so dass deren Länder durch Lehnsanfall oder Erbverträge an die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg fielen.
In dieser Zeit werden die welfischen Kernlande um Lüneburg, Celle, Braunschweig und den Harz um den Raum Hannover und Teile des Weser-Leineberglandes bis Hannoversch-Münden erweitert.
Seit der Mitte des 13. Jhds. stellte der Weserlauf eine Grenze zwischen dem kurkölnischen Herzogtum Westfalen und dem welfischen Machtbereich dar. Allerdings gelang es den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg nicht, an die frühere politische Bedeutung des welfischen Hauses anzuknüpfen. Von dem im 13. Jhd. gebildeten Kurfürstenkolleg blieben sie ausgeschlossen; stattdessen wurde Norddeutschland darin von den Askaniern vertreten. Das lag zu einem erheblichen Teil daran, dass das politische Gewicht des welfischen Herrschaftsgebiets zersplittert wurde.
- 1235 - Kaiser Friedrich II. vollzieht die Aussöhnung zwischen Staufern und Welfen. Er ernennt Otto I. von Braunschweig („das Kind“), einen Enkel Heinrichs des Löwen, zum Herzog über die ererbten welfischen Eigengüter und übergibt ihm diese als Reichslehen unter der Bezeichnung „Herzogtum Braunschweig-Lüneburg". Das Bestreben, diesen Besitzkomplex abzurunden und auszubauen, war dem neuen welfischen Herzogtum schon bei der Entstehung vorgezeichnet.
- 1267 - Dynastische Erbteilung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg mitsamt der Güter und Berechtigungen zwischen den Söhnen Herzog Ottos des Kindes in das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel und das Fürstentum Lüneburg. Diese Teilung hatte über fast sieben Jahrhunderte Bestand.
- Johann I. von Braunschweig-Lüneburg erhält das nördliche Fürstentum Lüneburg und begründet die Lüneburger Nebenlinie der Welfen.
- Albrecht I. von Braunschweig erhält das südliche Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel und begründet die Wolfenbütteler Nebenlinie der Welfen.
- 1291 - Das Fürstentum Grubenhagen (Grubenhagener Nebenlinie) spaltet sich Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel ab.
Im Laufe des 13. Jhds. wurde das welfische Kerngebiet um Lüneburg und Celle im Norden, Braunschweig und den Harz im Süden ausgedehnt auf den Raum um Hannover an der mittleren Leine, Teile des Berglands zwischen Leine und Weser, das Harzvorland um Wolfenbüttel sowie Münden und Duderstadt als südlichste Stützpunkte.
Spätmittelalter[]
Ebenso wie die meisten anderen Landesherren hatten die Welfen im niedersächsischen Raum fast ständig mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, und die Einnahmen reichten kaum aus, um den steigenden Finanzbedarf zu decken. Oft wurden daher Teile des fürstlichen Besitzes - Zölle, Burgen, auch ganze Ämter - an wohlhabende Städte oder vermögende Adlige verpfändet.
14. Jahrhundert[]
Im 14. Jhd. kamen die Grafschaften Lüchow und Dannenberg als welfische Territorien hinzu, das später sogenannte „Hannoversche Wendland“. Im gleichen Zeitraum aber gelang es den welfischen Hauptorten Lüneburg und Braunschweig, die Herzöge aus ihren Mauern zu vertreiben, woraufhin Celle und Wolfenbüttel zu welfischen Residenzen aufstiegen.
- um 1301 - Die Welfen beerben die Grafen von Wölpe.
- 1345 - Das Fürstentum Göttingen (Göttinger Nebenlinie) spaltet sich Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel ab.
- 1356 - Die Welfen bleiben vom Wahlrecht für den deutschen König endgültig ausgeschlossen (s. Königswahl).
- 1361 - Erstmals findet sich das Wappentier der Niedersachsen, das springende Pferd, im Siegel der Welfen. So versuchten die Welfen, den Anspruch auf die Vormachtstellung ihres Hauses im Gebiet des alten Stammesherzogtums zu dokumentieren. Derweil herrscht unter der niedersächsischen Bevölkerung schon lange die Ansicht, es handele sich um das Wappen des alten sächsischen Herzogtums, obwohl dieses noch keine Wappen gekannt hatte.
15. Jahrhundert[]
Im 15. Jhd. beerbten die Welfen die Grafen von Wunstorf, Hallermund, Everstein und die Herrschaft Homburg. So erreichte das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg bis zur Mitte des 15. Jhds. ein fast geschlossenes Herrschaftsgebiet, das den ganzen Osten Niedersachsens von der Elbe bis zur Oberweser einnahm. Nur das dazwischen gelagerte Hochstift Hildesheim unterbrach das Gebiet und schob sich wie ein Fremdkörper zwischen die nördlichen und die südlichen Teile.
- 1432 - Das Fürstentum Calenberg (Calenberger Nebenlinie) spaltet sich Fürstentum Göttingen ab.
- 1495 - Das Fürstentum Calenberg und das Fürstentum Göttingen vereinen sich wieder zum Fürstentum Calenberg-Göttingen.
Renaissance[]
Im Ausklang des Mittelalters wurden die Welfen als Erben die großen Nutznießer des Dynastensterbens, was sich am deutlichsten in den Jahren 1582 und 1585 zeigte, als ihnen mit dem Erbe der Grafen von Hoya bzw. von Diepholz der Schritt über die Weser nach Westen gelang. [1]
16. Jahrhundert[]
In der 1. Hälfte des 16. Jhds. gelang den Welfen eine beträchtliche Gebietserweiterung, und sie griffen erstmals über die Weser hinaus. Während viele lutherische Landesfürsten die Klöster und deren umfangreiche Liegenschaften, Vermögen, Kunst- und Kulturschätze einzogen, ließen die Welfen dagegen die Klöster bestehen, die nunmehr mehrheitlich der Versorgung von nach lutherischen Prinzipien lebenden Frauen aus Adelsfamilien dienten.
- 1519 – In der Hildesheimer Stiftsfehde verbündet sich Lüneburg mit dem Bischof, während Wolfenbüttel und Calenberg auf Seiten der Ritter des Landadels stehen.
- 1522 – Nach dem Sieg in der Hildesheimer Stiftsfehde teilen sich Calenberg und Wolfenbüttel den größeren Teil des Hildesheimer Territoriums; der Bischof behält nur das „Kleine Stift".
- 1582 – Das Haus Lüneburg beerbt die Grafen von Hoya.
- 1584 - Die Calenberger Herzöge sterben aus. Die Ländereien fallen an Wolfenbüttel.
- 1585 - Das Haus Lüneburg beerbt die Grafen von Diepholz.
- 1596 - Die Grubenhagener Herzöge sterben aus. Die Ländereien fallen an Wolfenbüttel.
17. Jahrhundert[]
- 1634 - Das Herzogtum Wolfenbüttel erlischt. Der Gesamtbesitz der Welfen fällt dadurch an das Haus Lüneburg.
- 1635 - Das Herzogtum Lüneburg wird in die Fürstentümer Lüneburg, Wolfenbüttel und Calenberg (mit Göttingen und Grubenhagen) aufgeteilt. All diese Teilstaaten bilden selbständige Territorien mit eigener Landeshoheit. In ihrer Gesamtheit bildeten sie das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, mit dem der Kaiser jeweils alle Linien gemeinsam belehnt.
- Georg von Calenberg übernimmt das Fürstentum Calenberg-Göttingen-Grubenhagen. Die Calenberger, das „Neue Haus Lüneburg“, überflügeln und beerben bald die anderen welfischen Linien.
- 1636 - Herzog Georg von Calenberg macht Hannover zu seiner Residenz, bemüht sich um eine gemeinsame Politik der drei Welfen-Linien und stellt erstmals ein stehendes Heer auf.
- 1642 - Die Welfen müssen in die Wiederherstellung des „Großen Stifts Hildesheim“ einwilligen.
- 1648 - In den Friedensverhandlungen von Osnabrück schaffen es die Welfen nicht, ihre Forderungen zur Geltung bringen zu. So erhalten sie im Westfälischen Frieden außer dem Stift Walkenried lediglich die „Alternation" im Stift Osnabrück. Die Hoffnungen die benachbarten Bistümer müssen begraben werden: Magdeburg, Halberstadt und Minden fallen an Brandenburg, Bremen und Verden gehen an Schweden.
In der 2. Hälften des 17. Jhds. setzte sich überall der fürstliche Absolutismus in seiner voll ausgebildeten Form fest, wodurch vor allem die welfischen Staaten einen starken Aufschwung nahmen.
- 1658 - Ernst August heiratet Sophie von der Pfalz, die einzige protestantischen Enkelin König Jakobs I. von England.
- 1689 - Nach dem Aussterben der Askanier erwirbt Ernst August das Herzogtum Lauenburg mit dem Land Hadeln.
- 1692 - Der Kaiser erhebt das Fürstentum Calenberg zum Kurfürstentum, wodurch die Welfen die Kurwürde erwerben. Ernst August wird Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg („Kurhannover“).
- 1698 - Georg Ludwig I. wird Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg.
Weiterer Verlauf[]
- 1701 - Das englische Parlament bestimmt mit dem „Act of Settlement“ die Welfen zu britischen Königen.
- 1714 - Georg Ludwig I. von Braunschweig-Lüneburg wird als Georg I. König von Großbritannien und Irland und begründet damit die Herrschaft des Hauses Hannover.
Quellen[]
- Brosius, Dieter: Niedersachsen – Geschichte im Überblick (Land Niedersachsen). Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung Hannover. Unveränderter Nachdruck der 6., erweiterten Auflage, Hannover 1993.
- Hoffmann, Peter: Niedersächsische Geschichte - kurz gefasst (Land Niedersachsen). Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Hannover, 2004.
Einzelnachweise[]
- ↑ Land Niedersachsen: Die Geschichte des Landes Niedersachsen - Territorienbildung. Abgerufen am 16.12.2024.