Mittelalter Wiki
Mittelalter Wiki

Die skandinavischen Wikingerflotten waren, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, keine Kriegsflotten im eigentlichen Sinne, da sie eher Transportzwecken dienten. Ihre Expeditionen (Wikingerzüge) waren meist Unternehmungen Einzelner mit ihren Gefolgschaften oder privater kriegerischer Gruppen, und nicht der skandinavischen Reiche.

Beschreibung[]

Am Ende des 9. Jhs. bildeten sich allerdings einzelne Wikingerheere, insbesondere "Das Große Heer", zu wandernden Staatswesen um, so dass man von ihren Schiffsverbänden als Kriegsflotte sprechen kann. Allerdings verlor diese Flotte nach der Besitzergreifung der Normandie im Wesentlichen ihre Bedeutung für das neue Reich schon wieder, da das Lehnswesen schon bald zur herrschenden Gesellschafts- und Regierungsform wurde. Selbst Wilhelm der Eroberer mußte 1066 seine Invasionsflotte improvisieren bzw. seine Vasallen darum angehen, von denen sich jeder nach vorhergegangener Verhandlung zur Stellung einer bestimmten Zahl von Schiffen verpflichtete.

Leding[]

In den skandinavischen Reichen fand sich seit einer nicht näher bekannter Zeit eine eigentümliche Regelung der Kriegsdienstpflicht zur See, die als Leding bezeichnet wird. Die Küstenlandschaften waren in Bezirke eingeteilt, von denen jeder ein vollbemanntes Schiff zu stellen hatte. Diese Bezirke wurden mit verschiedenen Namen bezeichnet, in Schweden als skiplagh, skiplæghi, in Norwegen als skipreiða, in Dänemark als skipæn. Das Verhältnis des Schiffsbezirkes zur Hundertschaft (s.a. Harde) ist nicht ganz klar, teilweise fielen beide zusammengefallen. Jeder Schiffbezirk zerfiel wieder in eine Anzahl (meist ca. 40) Unterabteilungen zur Stellung je eines ausgerüsteten und verproviantierten Mannes.

Schweden[]

Während Leding in Norwegen die Flottengestellungspflicht des Volkes sowohl zu Angriffskriegen außerhalb des Landes wie auch zur Landesverteidigung bezeichnet, wird in Schweden letztere vom Leding als Landwehr unterschieden. Hier finden auch auch die ältesten Andeutungen von der Existenz des Leding. So trug z.B. das östliche Uppland von alters her den Namen Roþin, d. h. „der Distrikt, aus dem die roþs-menn, die Ruderer, genommen werden" (daher vielleicht der Name Roþs, Ruotsi, Russen). Die Einteilung in skiplagh hatte hier größere Bedeutung als anderswo. Als Unternehmen des Leding war schon der Wikingerzug der Schweden gegen Kurland 854 zu betrachten. [1] Genaueres über die Organisation des schwedischen Leding ist jedoch erst aus den Gesetzbüchern vom Ende des 13. Jh. (bes. Upplandslagen, Konuabalken c. 10-11) bekannt.

Norwegen[]

In Norwegen brachte zuerst König Haakon I. Adelstensfostre (935—961) das Leding in ein geordnetes System, indem er die Einteilung der Küstenlandschaften (und des Binnenlandes, "soweit der Lachs die Flüsse hinaufgeht") in Schiffreeden (skipreiða) regelte. Die Ledingsschiffe waren 20- oder 25-, seltener 30-Bänker (s. Schiffsarten) mit je ca. 100 Mann besetzt und für 2—3 Monate verproviantiert. Die Zahl der Schiffreeden schwankte etwas, betrug aber ca. 300, so daß die volle Ledingsflotte (almenning) ebensoviel Schiffe mit ca. 30—40.000 Mann zählte.

Almenning durfte aber nur zur Landesverteidigung aufgeboten werden, für einen Angriffskrieg besaß der König nur Anrecht auf halbe Almenning für 2 Monate im Jahre. Zu der Ledingsflotte kamen dann noch die eigenen Schiffe des Königs (hirðskip) und die von den königlichen Dienstleuten, den Lendirmenn und Syslumenn gestellten Fahrzeuge. In der inneren wie äußeren Geschichte Norwegens spielte die Kriegsflotte eine höchst bedeutende Rolle, und einige ihrer folgenreichsten Entscheidungen sind zur See gefallen; Beispiele dafür sind die Seeschlachten im Hafrsfjord 872, bei Svoldr 1000 usw.

Dänemark[]

Ähnlich organisiert war das Leding in Dänemark. Allerdings ist die erste dänische Ledingsordnung erst aus der Zeit König Waldemars des Siegers (1202—1241) bekannt, insbesondere aus dessen Jydske Lov (1241). Ledings- und landwehrpflichtig waren in Dänemark nur diejenigen Reichsbewohner, die auf „rebdragen Jord" lebten; drei Vollhöfe machten in der Regel eine hafna aus, die Verpflichtung zum persönlichen Kriegsdienst ging bei den Bauern reihum, Knechte waren ausgeschlossen.

An der Spitze jedes Skipaen stand ein Steuermann (styrimaðr), der sich selbst mit Roß und voller Rüstung ausstatten, das Ledingsschiff aus den von den Bauern zu leistenden Erträgen erbauen und es im Kriege befehligen musste. Die Rolle der Kriegsflotte in der Geschichte Dänemarks ähnelt der in Norwegen. Schon im 9. Jh. existierte die Ledingsflotte, da die Flotte von 600 Schiffen, mit der König Horik I. im Jahre 845 Hamburg überfiel, wohl eine solche darstellt.

Einen entscheidenden Faktor bildete die dänische Kriegsflotte später insbesondere unter den Königen Svend Tveskjaeg und Knut der Große. Die gesamte Reichsflotte zählte nach Saxo Grammaticus 661 unter König Erik II. Emune (1135) 1.100 Schiffe; die Bemannung kann auf durchschnittlich 40 Mann veranschlagt werden.

Verwandte Themen[]

Navigation Wikinger
Wikinger (Hauptartikel)  •  Danelag  •  Loire-Normannen  •  Flotte  •  Handel  •  Jomswikinger  •  Normannen  •  Rus  •  Schiffe (Schiffe der Sagazeit)  •  Waräger  •  Wikingerzeit
Wikingerzüge  •  Das Große Heer  •  Wikingerzüge und Überfälle (Zeittafel)  •  Wikingerzüge in England  •  Wikingerzüge in Irland
 •  Kategorie: Wikinger (Hauptkategorie)  • 

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Vita Ansk. c. 30, MGS. II 714