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„Verteidige du mich mit dem Schwerte, ich will dich mit der Feder verteidigen.“

Wilhelm von Ockham zu Ludwig IV. dem Baiern

Wilhelm von Ockham, engl. William of Ockham oder Occam (* um 1288; † 1347) war ein berühmter mittelalterlicher Philosoph, Theologe und kirchenpolitischer Schriftsteller in der Epoche der Spätscholastik. Er gilt zudem als einer der Hauptvertreter des Nominalismus. [1]

Beschreibung[]

Wilhelm wurde um 1288-1300 in Ockham, einem Burgflecken der englischen Grafschaft Surrey geboren. Er war Franziskaner, scotistisch gebildet und Lehrer in Paris. Er wurde wegen seines Scharfsinns gefürchtet und trug den Beinamen "Dr. invincibilis".

In dem damals entbrannten Kampf zwischen Papsttum (Bonifaz XIII.) und der weltlichen Gewalt trat Wilhelm entschieden für die letztere ein. Vom Papst verfolgt, fand er Zuflucht und Schutz bei Ludwig dem Baiern. Wilhelm starb in München, wahrscheinlich am schwarzen Tod im Jahre 1349 oder 1350.

Philosophie[]

Als wichtigste philosophische Tat Ockhams wird in der Regel seine Erneuerung des Nominalismus bezeichnet. Im Gegensatz zu dem gemäßigten Realismus, den die Hauptführer der Scholastik (Anselm von Canterbury, Thomas von Aquin, Duns Scotus) vertreten hatten, lehrte er, entgegen diesen "Platonikern" und schloss sich dabei dem "echten Aristoteles" an: Für Ockham waren nur die Einzeldinge das Wirkliche. Die allgemeinen Begriffe existierten nur im denkenden Geist, d.h. objektive, nicht substantiell oder subjektive.

Die menschliche Begriffe sah er nicht als wirkliche Abbilder der Dinge, sondern nur als Zeichen (termini) für dieselben (der Nominalismus wird daher oft auch als Terminismus bezeichnet), deren Behandlung der Logik, Ockhams Lieblingswissenschaft, zufiel. Es gab für ihn kein Ding, z.B. keinen Menschen "an sich"; das war eine "unnütze Vervielfachung des Seienden", entgegen dem Grundsatz des Scholastikers. Der Satz "der Mensch ist sterblich" bedeutete für ihn nichts anderes als: alle einzelnen Menschen sind sterblich.

Philosophie und Theologie[]

Dementsprechend fällt - und das ist bedeutender als das bloße Schubfach des "Nominalismus" - das Hauptgewicht auf die von Ockham der reinen Abstraktion gegenüber gestellte intuitive Erkenntnis, die (innere und äußere) Wahrnehmung und ihr Erzeugnis, die (innere und äußere) Erfahrung, sodass zu einer induktiven Erforschung der äußeren Natur und der Seelenzustände wenigstens der Weg gebahnt wurde.

Der bereits bei Duns Scotus sichtbare Zwiespalt zwischen Vernunftwissenschaft (Philosophie) und Offenbarung (Theologie) erreichte bei Ockham seinen Höhepunkt. In geradem Gegensatz zu Raymundus Lullus, der vorgab alles beweisen zu können, behauptete er: auch das Dasein Gottes und seine Eigenschaften können nicht von der Vernunft bewiesen, sondern höchstens durch Analogieschlüsse wahrscheinlich gemacht werden, und auch dies nicht "den Weltweisen und denen, die sich vorzugsweise auf die natürliche Vernunft stützen".

Ockham selbst folgerte aus dieser natürlichen Unwissenheit über die wichtigsten Probleme die Notwendigkeit der göttlichen Offenbarung und hielt es für einen verdienstlichen Willensakt, das Unbeweisbare zu glauben. Die Theologie war für ihn eben keine Wissenschaft; und Ockham selbst blieb Theologe. Auch ihm wie seinem Landsmann Duns Scotus erschien die Willkür und Machtfülle Gottes unbeschränkt, was ihn mitunter zu wunderlichen, fast frivolen Absurditäten führte, wie z.B. der, dass Gott statt der menschlichen auch die Eselsnatur (natura asinina) hätte annehmen können!

Willenslehre und Psychologie[]

In der Willenslehre und Psychologie war Ockhams Standpunkt allgemein - typisch englisch - ein empirischer. Wille und Verstand waren für ihn nur verschiedene Wirkungsweisen der in ihrem eigentlichen Wesen für den Menschen unerkennbaren Seele. Er untersuchte die Verflechtungen des Willens mit dem Gemütsleben und Trieben. Auf der Erfahrung beruhte für Ockham auch die unumstößliche Tatsache der Willensfreiheit, die durch äußere Umstände nicht beeinflußt wurde.

Die Ethik stand dagegen bei Ockham und seiner Schule auf schwachen Füßen, weil sie auf jene Lehre von der absoluten Willkür Gottes gegründet wurde. Es gab kein Gutes und Schlechtes an sich, sondern nur durch den Willen Gottes. Gott konnte die Sündenschuld ohne jede innere oder äußere Buße des Sünders erlassen, ebenso wie er einen, der nicht gesündigt hatte, bestrafen konnte. Außerordentlich häufig fand sich bei Ockham der Beisatz: "Gott hätte auch eine andere Anordnung treffen können". Ja, eine lasterhafte Handlung war für ihn keine Sünde, wenn sie zur Ehre Gottes geboten erschien.

Und doch stellte sich derselbe Ockham in dem seine Zeit mächtig bewegenden Streit zwischen Kirche und Staat entschieden auf die Seite des letzteren. Das Gemeinwohl (bonum commune) zu schaffen, war für ihn rein Sache des Staates. Verletzte der Fürst diese seine Pflicht, so hatte das Volk das Recht, ihn abzusetzen, den Tyrannen zu töten: wie auch innerhalb der Kirche die Gesamtheit der Gläubigen über Papst, Konzil und Geistlichkeit stand. Er eifert gegen den Reichtum und die dadurch herbeigeführte Verweltlichung der Kirche. Das Ideal, der Status perfectissimus, blieb dem gelehrten Bettelmönch schließlich doch die völlige Besitzlosigkeit.

Werke[]

Von seinen zahlreichen Schriften sind die wichtigsten:

  • die Summa der ganzen Logik,
  • der Kommentar zu den Sentenzen des Lombarden, die "Expositio aurea super totam artem veterem",
  • der kirchenpolitische "Dialogus inter magistrum et discipulum de imperatorum et pontificum potestate".

Quellen[]

Einzelnachweise[]