Der Begriff des Wohnturms wird in der mittelalterlichen Architektur in Abgrenzung zu dem des Wehrturms verwendet, wobei Türme auch beide Funktionen miteinander vereinigen konnten. Der Übergang zwischen Wohnturm und festem Haus ist fließend. Das Unterscheidungskriterium ist hierbei lediglich das Verhältnis zwischen Höhe und Breite des Baukörpers.
Arten[]
Wohntürme waren oft Teil einer Burg, da sie gleichzeitig auch herrschaftlichen Wohn- und Repräsentationsbedürfnissen genügen mussten, verfügten sie oft über relativ aufwändige Innenausbauten, waren beheizbar und konnten auch einen saalartigen Raum enthalten. Anders als unbewohnte oder nur provisorisch zum Wohnen ausgestattete Wehrtürme waren sie als Wohnstatt angelegt. Eine Burganlage mit einem Wohnturm und untergeordneten Nebengebäuden wird als Turmburg bezeichnet.
Ansonsten unterscheidet man zwischen:
- Berchfrit - Bei Otto Piper [1] eine Zwischenstufe zwischen Bergfried und Wohnturm, wenn ein durch seine Bauweise als Bergfried charakterisierter Turm mit für eine Wohnnutzung vorgesehenen Obergeschossen ausgestattet war. Dabei sind Überschneidungen der Begriffe von Bergfried und Wohnturm möglich.
- Donjon (engl. Keep Tower) - Repräsentativer Wohnturm, insbesondere in Frankreich.
- Tower houses - Freistehende, wehrhafte Wohntürme in Irland und Großbritannien.
- Muthaus - Türme von Burgen, die als Speisehaus genutzt wurden. [2]
Beispiele[]
Der Wohnturm innerhalb der Anlage einer Herrenburg war (z.B. in Form der Turmhügelburg) der kleinere fränkisch-normannische Typus des Donjon und regte häufig zur Nachahmung an, besonders in früher Zeit. Beispiele von solchen Burganlagen sind u.a.:
- Burgwart (Burgwall) bei Hünxe an der unteren Lippe (Motte)
- Burg Friedland südlich von Göttingen
- Gräfte bei Bad Driburg (Nordrhein-Westfalen) [3]
- Homburg (Hamm) (Hohenburg) bei Herringen (Nordrhein-Westfalen)
- Osterburg (Deckbergen) im Wesergebirge (doppelteilige Anlage)
- Schwedenschanze (Preußisch-Oldendorf) am Limberg (doppelteilige Anlage)
- Weilerhügel in der Rheinebene bei Alsbach-Hähnlein westlich von Darmstadt
Allgemeines[]
Gemäß Tacitus [4] hauste z.B. die weissagende Veleda an der Lippe „edita in turre“. Archäologisch ist der Wohnturm aber erst von der karolingischen Zeit an nachweisbar; hier zunächst nach römischem Vorbild entwickelt in der besonderen Form eines durch das Grabenmaterial hergestellten künstlichen Hügels (frz. Motte, engl. moated mound).
Solch eine Motte wurde z.B. an einer lothringischen Landwehr bei Aachen nachgewiesen, an der Lippe finden sich zwei Hügel bei Gartrop-Bühl [5] und die Hohenburg bei Herringen, westlich von Hamm. Das beste Beispiel ist der „Wohnturm Gräfte“ bei Bad Driburg, der gelegentlich für die ara Drusi des Tacitus [6] gehalten wurde. Vor karolingischen Befestigungen lagen zuweilen runde Hügel (so bei Hohbuoki und der Bennigser Burg), die wohl Warten waren.
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Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 563.
Einzelnachweise[]
- ↑ Burgenkunde; Bauwesen und Geschichte der Burgen zunächst innerhalb des deutschen Sprachgebietes (Internet Archive). Otto Piper. München, R. Piper & co., 1912.
- ↑ Wikipedia: Wohnturm
- ↑ Burgenatlas - Alleburgen: Wohnturm Gräfte in Bad Driburg
- ↑ Tac. Hist. 4. 65
- ↑ Schuchhardt, Carl. Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen, Bd. I (Google Books). August von Oppermann, Historischer Verein für Niedersachsen. Berlin, Hahn Verlag, 1911. Bl. 47 C. D.
- ↑ Tacitus, "Ab excessu divi Augusti (Annales)". Digitalisat auf Wikisource (lat). Liber II, 7