Mittelalter Wiki
Mittelalter Wiki

Wulfila (Vulfila, Vulphilas) oder auch Gulfila, lat. Ulfilas (* um 311; † 383) [1] war ein Missionsbischof der Goten (Terwingen) und Urheber der gotischen Bibelübersetzung (der Wulfilabibel).

Beschreibung[]

Laut dem Kirchenhistoriker Philostorgios (um 368-433) entstammte Wulfila einer christlichen Familie aus Sadagolthina bei der Stadt Parnassos in Kappadokien; seine Großeltern wurden 264 n.Chr. von einbrechenden Goten geraubt. Da Donaugoten aber laut Wissensstand niemals nach Kappadokien kamen, müssen die Gefangenen durch Tausch an die Donau gelangt sein. Jedenfalls war Wulfila kein reiner Gote.

Bischofsweihe[]

Sein Schüler Auxentius, der nach den Lebensjahren Wulfilas rechnet, erzählt, dass er als Lektor mit 30 Jahren zum Bischof geweiht worden sei; Philostorgios meldet, dass Eusebius von Nikomedien und die bei ihm befindlichen Bischöfe die Weihe vollzogen hätten, als Wulfila während der Regierung des Konstantin an einer Gesandtschaft teilgenommen habe.

Die hierin liegende zeitliche Schwierigkeit lässt sich am einfachsten heben, wenn man die Gesandtschaft in die Zeit Konstantins des Großen († 337), die Bischofsweihe aber in die des Constantius II. (337–361) verlegt: die äußerste Grenze bildet der Tod des Eusebius von Nikomedien im Jahre 341 n.Chr. Die Weihe erfolgte dann entweder 339-340, da Eusebius zum Bischof von Konstantinopel ernannt wurde und aus diesem Anlass zahlreiche arianische Bischöfe in der Stadt weilten, oder - wahrscheinlicher - im Sommer 341 auf der Synode in Encaeniis zu Antiochia am Orontes. Wulfila war, wie Philostorgios hervorhebt, der erste Bischof der Donaugoten. Fällt die Weihe ins Jahr 341, so muss er um 311 geboren sein.

Als Bischof[]

Nach Auxentius wirkte Wulfila 40 Jahre als Bischof; davon 7 Jahre bei den Goten nördlich der Donau, 33 Jahre auf römischem Boden. Dabei weist das Verhältnis dieser Zahlenangabe biblische Parallelen auf [2] und auch die Versuche [3], die buchstäbliche Genauigkeit der Angabe zu retten, befriedigen nicht. Durch die Verfolgungen eines (heidnischen) Richters der Goten mit einem reichlichen Angebot an Bekennern führte Wulfila seine Gemeinde über die Donau und fand mit den Seinen, von Constantius II. ehrenvoll aufgenommen, in den Bergen von Moesia inferior (Mösien) eine Wohnstätte.

Wie Jordanes berichtet, lebten die Nachkommen von Wulfilas Goten zu seiner Zeit noch in der Gegend von Nikopolis bei Haemimontus (Thrakien). Gemäß ihm war Wulfila nicht nur Pontifex, sondern auch Primas, d.h. weltliches Oberhaupt seiner Gotengemeinde [4]. Auxentius erzählt, Wulfila habe an vielen Konzilien teilgenommen, Sokrates Scholastikos und Sozomenos berichten von seiner Anwesenheit auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahre 360, dessen Symbol er unterschrieben habe.

Missionstätigkeit[]

Nach Sokrates Scholastikos soll der Gotenhäuptling Fritigern um 369 (die Zeitbestimmung macht Schwierigkeiten) zum Dank für die Unterstützung gegen Athanarich mit seinem Volke zum Glauben des Kaisers übergetreten sein. Wulfila habe bei der Bekehrung der Goten Fritigerns mitgewirkt und seine Missionstätigkeit auch auf Athanarichs Gebiet ausgedehnt, was die Ursache blutiger Verfolgungen wurde. Tatsache ist, dass zwischen 369 und 372 im Gotenland nördlich der Donau große Christenverfolgungen stattfanden, denen Arianer wie Orthodoxe zum Opter fielen. Sozomenos verlegt diese Vorgänge in die Zeit nach dem Hunneneinbruch (376 n.Chr.); er erzählt auch von Wulfilas Teilnahme an einer Gesandtschaft, die an Kaiser Valens geschickt worden sei.

Wulfilas Tod[]

Über den Tod Wulfilas berichtet nur Auxentius. Dieser erzählt, dass Wulfila nach 40 Bischofsjahren auf Befehl des Kaisers nach Konstantinopel gereist sei. Dort angelangt, musste er zusehen, wie seine Gegner in Bezug auf das Konzil Ränke schmiedeten. Er erkrankte sehr bald und starb im Jahre 383, nachdem er noch auf dem Todesbett für sein Volk sein Glaubensbekenntnis aufzeichnete. Der von Auxentius überlieferte Wortlaut ist das einzige, was mit dem Namen Wulfila überliefert ist. Unter großem Geleit wurde Wulfila zu Grabe getragen, denn soviel Gesinnungsgenossen beherbergte die Stadt, dass ihr der Name Cristianopolis gebührt hätte.

In der Schrift Maximins wird außerdem berichtet, dass die auf dem Konzil von Aquileia im Jahre 381 abgesetzten illyrischen Bischöfe Palladius von Ratiaria und Secundianus gemeinsam mit Wulfila an den Hof des Kaisers Theodosius I. gereist seien, um ein Konzil zu erbitten, das ihnen auch versprochen, aber durch ihre Gegner vereitelt wurde. Es folgten die Gesetze Codex Theodosianus aus dem Jahre 386 und 388.

Als Todesjahr Wulfilas ist inzwischen 383 anerkannt. Die kirchenpolitische Lage in dieser Zeit stimmt am besten zum Bericht des Auxentius, und das Konzil von 383 war das einzige unter Theodosius I., zu dem die Arianer hinzugezogen wurden. Damals berief der Kaiser eine allgemeine Häretikersynode, in der Hoffnung, durch eine allgemeine Disputation der Bischöfe gegeneinander die Glaubenseinheit wiederherstellen zu können. Doch eine List der Orthodoxen vereitelte den Plan. So erklärt sich aber auch die Berufung des Arianers Wulfila zu einer solchen Disputation.

Die Wulfila-Legende[]

Sokrates Scholastikos erzählt, dass Wulfila ursprünglich ein Anhänger des orthodoxen Gotenbischofs Theophilos war, der das nikänische Glaubensbekenntnis unterzeichnete und erst 360 zur Kirchengemeinschaft der Arianer übertrat. Allerdings war Theophilos Bosporitanus, nicht Westgote. Sozomenos geht einen Schritt weiter, indem er behauptete, Wulfila habe nur aus Unbedacht am Konzil von 360 teilgenommen, sei damals aber nicht aus der Kirchengemeinschaft der Orthodoxen ausgeschieden.

Erst 376, bei Gelegenheit der schon erwähnten Gesandtschaft, habe er aus politischem Zwang oder aus reiner Überzeugung den Glauben des Kaisers angenommen. Bei Theodoret waren die Goten ebenfalls bis 376 orthodox; durch Überredung und Bestechung gelang es Eudoxius, den Gotenbischof für die Arianer zu gewinnen, der das Volk mit sich zog. Da Eudoxius jedoch schon 370 starb, zerfällt diese Erzählung in nichts.

Dogmatische Stellung[]

Da Wulfila durch Eusebius von Nikomedien geweiht wurde, musste er dessen Richtung, also der nikänischen Mittelpartei, der späteren Hofpartei, angehört haben. Dazu stimmt, dass Wulfila im Jahre 360 am Konzil von Konstantinopel als Anhänger des Acacius von Caesarea teilnahm. Das von ihm unterzeichnete Symbol ist im Wesentlichen das von Nike; dieses wiederum ist eine recht getreue Wiederholung der 4. sirmischen Formel von 359. Das Glaubensbekenntnis Wulfilas betont die Unterordnung des Sohnes unter den Vater; Den hl. Geist bezeichnet er ausdrücklich als „weder Gott noch Herr, sondern der Glaube an Christus“.

Wulfilas Credo ist das einzige erhaltene arianische Glaubensbekenntnis ohne polemische Färbung. Umso stärker polemisch ist die Schilderung, die Auxentius im ersten Teil seines Schreibens von den Anschauungen Wulfilas entwirft. Unter den Richtungen, die Wulfila nach ihm bekämpft hat, fehlen nur die Homöer, zu denen Wulfila selbst gehörte, und die Anomöer, die als schärfste Gegner der Orthodoxen dem Schreiber nicht unsympathisch waren.

Historische Quellen[]

Die historischen Quellen über Wulfila teilen sich grob in arianische und orthodoxe Berichte.

Arianische Berichte[]

Unter den arianischen Berichten findet sich zum einen das unvollständig erhaltene Schreiben von Wulfilas Schüler Auxentius, Bischof von Dorostorum (Silistria) in Moesia inferior (Mösien). Es findet sich in der zwischen 382 und 384 verfassten, gegen Ambrosius gerichteten Streitschrift eines arianischen Bischofs Maximinus, die als Randschrift im Cod. lat. 8907 der Pariser Nationalbibliothek überliefert ist. [5] [6] [7] Zum anderen gehören dazu auch die Epitome des Photios zur Kirchengeschichte des Eunomianers Philostorgios (um 368-433) [8].

Orthodoxe Berichte[]

Von den orthodoxen Berichten sind die am weitaus wertvollsten Sokrates Scholastikos, Sozomenos (von Sokrates abhängig, geht auch auf die Quellen seines Gewährsmanns zurück) und Theodoret, der Sozomenos ausschreibt. Die Werke dieser Autoren entstanden als Fortsetzungen der Historia ecclesiastica des Eusebius von Caesarea um die Mitte des 5. Jhds. Von den lateinischen Schriftstellern hat höchstens Jordanes [9] einen gewissen Quellenwert. Cassiodor, der in seiner Historia ecclesiastica tripartita Sokrates, Sozomenos und Theodoret übersetzt, ist nur dadurch von Bedeutung, dass er die Kunde von Wulfila nach Westeuropa vermittelt hat. [10] [11]

Werke[]

Auxentius berichtet, Wulfila habe in gotischer, griechischer und lateinischer Sprache gepredigt und mehrere Diskussionen und viele Kommentare hinterlassen. Philostorgios, Sokrates Scholastikos und Sozomenos erzählen übereinstimmend, dass Wulfila das Gotische Alphabet erfand und die heiligen Schriften übersetzte. Philostorgios fügt hinzu: mit Ausnahme der Bücher der Könige, von deren Schlachtenschilderungen er eine Stärkung des kriegerischen Sinnes der Seinen befürchtet habe.

Sozomenos schließt die Bibelübersetzung unmittelbar an die Bekehrung der Goten Fritigerns an. Die allgemeine Wendung Walahfrid Strabos, dass Schüler die göttlichen Bücher in ihre eigene Sprache übersetzt hätten [12], besagt nichts gegen die Verfasserschaft Wulfilas. So erblicken wir in den Bruchstücken der namenlos überlieferten gotischen Bibelübersetzung die Überreste von Wulfilas Werk, die → Wulfilabibel.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Wikipedia: Wulfila
  2. vgl. Sievers Beiträge. 21, 247 ff.
  3. C. Müller in ZfdA. aaO. Bd. 55 (1914), S. 139 ff.
  4. vgl. H. v. Schubert: Staat und Kirche in den arianischen Königreichen (1912), S. 49 f.
  5. Hrsg. von Wattenbach: Über das Leben und die Lehre des Ulfila (1840)
  6. W. Bessell: Über das Leben des Ulfila und die Bekehrung der Goten zum Christentum (1860).
  7. Fr. Kauffmann: Aus der Schule des Wulfila (1899).
  8. Hrsg. von J. Bidez (1913), Bd. II, S. 5.
  9. Jordanes: De origine actibusque Getarum, hrsg. von Mommsen in MGH. Auct. ant.. 5, I
  10. Zusammenstellung in Streitberg: Got. Bibel 1 (1908) S. XIII ff.
  11. Kritische Quellenuntersuchung von G. Kaufmann in ZfdA. aaO. Bd. 27 (1883), S. 193 ff.
  12. Libellus de exordiis, Kap. 7